Frage an Andrea Lindholz von Stephan G. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Lindholz,
wie stehen Sie zum Thema "Bündnis für nachhaltige Textilien" das von Bundesentwicklungsminister Müller forciert wird?
Das Ziel ist ein Siegel oder ein Gesetz zu verabschieden, Standards zur ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit in der textilen Kette zu verbessern. Es wurde ein Gremium gegründet, diese Ziele zu diskutieren und rasch umzusetzen. Wir sind ein mittelständisches Unternehmen, Zulieferer der Textil- und Bekleidungsindustrie, fast 90 Jahre am Markt und beschäftigen ca. 80 Mitarbeiter in Deutschland. Die Nachhaltigkeitsdebatte beschäftigt uns seit vielen Jahren und nicht erst seitdem Minister Müller das Thema aufgegriffen hat. Es existieren im Markt bereits so viele Siegel und Verordnungen der EU zum Thema Nachhaltigkeit, dass selbst wir als Insider nur schwer den Überblick behalten, ganz zu schweigen von den Verbrauchern.
Wie der aktuellen Diskussion zu entnehmen ist, wird das Siegel wohl nicht weiterverfolgt, aber Minister Müller droht mit einem Gesetz und das macht die Sache dramatisch, denn neue gesetzliche Regeln werden aller Wahrscheinlickkeit nach mit steigenden Kosten verbunden sein, die den Standort Deutschland weiter gefährden. Die Einflussnahme kleiner und mittlerer Unternehmen auf die Textilproduktion in Ländern Asiens und Afrikas ist gleich Null, wenn man keine Eigenproduktion vor Ort hat. Wir können unmöglich von Deutschland aus Firmen in Niedriglohnländern kontrollieren, Sozial- und Umweltstandards einzuführen, wie sie bei uns in Jahrzehnten gewachsen sind.
Wäre es nicht klüger, das Bundesentwicklungsministerium würde staatlicherseits auf Regierungen dieser Länder einwirken, Missstände abzustellen?
Freundliche Grüße
Stephan Gunold
Sehr geehrter Herr Gunold,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Fragen im Zusammenhang mit dem von Bundesminister Müller gegründete "Bündnis für nachhaltige Textilien". Gerne nehme ich Folgenden dazu kurz Stellung.
Das von Bundesminister Müller angeregte "Bündnis für nachhaltige Textilien" verfolgt das Ziel, soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der Textillieferkette zu erreichen. Dabei zielt das Bündnis darauf ab, gemeinsame Herausforderungen effektiver zu lösen, Synergien in gemeinsamen Projekten vor Ort zu nutzen, voneinander zu lernen und so Rahmenbedingungen in den Produktionsländern zu verbessern. Diese Ziele sind vor dem Hintergrund des Einsturzes einer Textilfabrik in Bangladesch im Jahr 2013 besonders begrüßenswert. Dieses Ereignis hat auf tragische Weise den bestehenden Handlungsbedarf in diesem Politikfeld deutlich gemacht. Die Ziele und die Etablierung des Bündnisses sind für mich ein wichtiger erster Schritt.
Daneben ist es mir jedoch wichtig zu betonen, dass es sich beim Bündnis für Textilien aktuell um ein freiwilliges und damit nicht verbindliches Bündnis handelt. Es soll eine Art Vorreiterrolle übernehmen. Auch nach Rücksprache mit den zuständigen Fachpolitikern meiner Fraktion ist eine gesetzliche Regelung bzw. Verpflichtung, dem Bündnis beizutreten nicht geplant. Auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat das Prinzip der freiwilligen Mitgliedschaft mehrfach öffentlich hervorgehoben. Auch ein gemeinsames Siegel ist, wie Sie bereits richtig erwähnten, nicht geplant. Dass es für kleinere und mittlere Unternehmen kaum möglich ist, Lieferketten zu überprüfen und zu kontrollieren kann ich nachvollziehen. Die Produktionsketten sind oft extrem verzweigt und die Produktionen durch Subunternehmer unübersichtlich.
Sehr geehrter Herr Gunold, ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Sichtweise nachvollziehbar erläutern. Dass es uns in Deutschland nicht egal sein kann, unter welchen (Arbeits)Bedingungen unsere Kleidung z.B. in Asien hergestellt wird, hat das Unglück in Bangladesch im vergangenen Jahr deutlich gemacht. Alleine mit der Gründung eines "Bündnisses für Textilien" auf deutscher Seite kann dieser Missstand jedoch nicht gelöst werden. Das freiwillige Bündnis ist für mich ein erster begrüßenswerter Schritt. Allerdings bedarf es meiner Ansicht nach zur Lösung dieser Angelegenheit einer engen Abstimmung mit der Deutschen Textilindustrie und hier insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen. Auch der von Ihnen zu Recht angesprochene Weg der politischen Einflussnahme über Regierungen ist ein Schritt auf diesem Weg.
Gerne stehe ich Ihnen auch weiterhin als Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz, MdB