Warum ist die Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetz in Neukölln so viel langsamer im Vergleich zu Kreuzberg und was möchten Sie konkret dagegen tun?
Lieber Herr B.
für wesentliche Teile in der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes tragen die Bezirke eine wesentliche Verantwortung, insbesondere im Bereich des Fuß- und Radverkehrs.
Eine zentrale Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit der Bezirke war die Bereitstellung finanzieller Mittel für Radplaner*innen in dieser Legislaturperiode. Damit konnten in ganz Berlin (in Bezirken und Landesebene) die der Radplaner*innen von 3,5 auf über 70 angehoben werden.
Damit wurden u.a. auch die Bezirke in die Lage versetzt Radverkehrsprojekte umzusetzen (auch wenn natürlich weitere Stellen immer noch zur Beschleunigung beitragen könnten).
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg unter der Leitung von Monika Herrmann zeigt hier in der Tat, was mit bezirklichen Mitteln möglich ist. So haben sie nicht nur die Pop-Up-Bike-Lanes in Berlin eingeführt, sondern auch an vielen anderen Orten bspw. mit Klima-Straßen oder Xhain-Terrassen neue Wege erprobt und die Verkehrswende vorangebracht.
Entscheidend ist aus meiner Sicht dafür (auch im Unterschied zu Neukölln), dass es den politischen Willen an der Spitze des Bezirksamtes gibt mit neuen innovativen Konzepten voranzugehen und diese insbesondere auch bspw. in Form temporärer Maßnahmen vor Ort zu erproben, zu evaluieren und dann ggf. wieder anzupassen. Dieser Weg wurde in Friedrichshain-Kreuzberg in den letzten zwei Jahren konsequent beschritten.
In Neukölln war der Prozess schwieriger. Ein Beispiel: Wir haben nach der Wahl 2016 in der „Zählgemeinschaftsvereinbarung“ (lokaler Neuköllner Koalitionsvertrag) zwischen SPD und Grünen nach langen Debatten nur eine „Machbarkeitsstudie“ zu Fahrradinfrastruktur auf der Hermannstraße verankern können. Mehr war mit der SPD nicht möglich. Auch im Weiteren gab es von Seiten des SPD-geführten Bezirksamtes immer wieder eine gewisse Scheu davor, wenn bei Maßnahmen zur Flächengerechtigkeit und Verkehrswende Stellplätze für Autos verloren gehen. Dennoch ist es gelungen in einen guten Arbeitsmodus zu kommen. Auf der Hermannstraße beginnt nun gerade der Bau - auch auf Druck der Zivilgesellschaft. Mehr als sich die SPD 2016 je hätte vorstellen können. Es geht voran, auch wenn es zäh bleibt.
Von einer grünen Führung des Straßen- und Grünflächenamtes erhoffe ich mir hier mehr Mut und Tatkraft neben langfristigen Projekten und Planungen auch kurzfristiger Verkehrsprobleme anzugehen wie bspw. im Richardkiez und auch mit temporären Maßnahmen neue Konzepte zu erproben.
Gleichzeitig ist es wichtig in einer engen Verzahnung mit der Senatsverwaltung auch die dortige Unterstützung für Planungen und Umsetzungen sowie Finanzmittel zu nutzen. So hatte die Senatsverwaltung bspw. angeboten die Umsetzung und Errichtung von bereits genehmigten Lichtsignalanlagen (Ampeln) zu übernehmen, was von vielen Bezirken in Anspruch genommen wurde, aber nicht in Neukölln.
Wir wollen als Grüne auch die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zugunsten des Rad- und Fußverkehrs an den Hauptstraßen in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung bündeln. Damit wollen wir zum einen die Abstimmungsbedarfe zwischen Bezirken und Land verringern und dadurch eine Beschleunigung der Projekte an den Hauptstraßen erreichen, aber zum anderen auch die bezirklichen Planer*innen so entlasten, dass diese sich verstärkt Maßnahmen im Nebenstraßennetz, wie der Umsetzung von Kiezblocks oder Fahrradstraßen widmen.
Mit freundlichen Grüßen
André Schulze