Frage an André Blechschmidt von Rainer Q. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Blechschmidt,
ich möchte Sie fragen wie zu dem jüngst in Weimar ergangenen Urteil bezüglich der Kontaktbeschränkungen Stellung beziehen.
(https://www.mdr.de/thueringen/mitte-west-thueringen/weimar/corona-urteil-kontaktbeschraenkung-weimar-100.html)
Ich erwarte Ihre Antwort mit Freude und
verbleibe mit freundlichen Grüßen
R. Q.
Sehr geehrter Herr Quednau,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Mir ist bewusst, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und damit zum Schutz von Gesundheit und Leben aller Menschen auch im privaten Bereich jeder und jedem Einzelnen viel abverlangen. Doch solange durch Impfungen, als Teil der umfangreichen gesellschaftlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, kein sicherer Schutz für alle Menschen geschaffen ist, muss die Strategie der Kontaktvermeidung und Kontaktreduzierung als soweit bekannt wirksamste Methode des Infektionsschutzes möglichst konsequent weiter praktiziert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jede Person ein/e Virenüberträger/in sein kann und dies vor allem auch, ohne selbst Symptome der Krankheit zu entwickeln. Jeder Mensch kann also andere Menschen infizieren, ohne dies zu wissen.
Das Grundrecht bzw. Menschenrecht auf Leben und Gesundheit hat im Grundgesetz mit Artikel 2, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch für mich als LINKE-Abgeordneter einen sehr hohen Stellenwert – dies auch im Vergleich und in Abwägung zu anderen Grundrechten. Bildlich gesprochen: Leben und Gesundheit ist nicht zuletzt eine wichtige Voraussetzung dafür, dass man andere Grundrechte entsprechend ausüben und ein möglichst ungehindertes, freies und selbstbestimmtes Leben führen kann.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Corona-Verordnungen der Länder nach dem Infektionsschutzgesetz des Bundes zu bewerten. Meiner Ansicht nach, als Abgeordneter der LINKE-Fraktion, ist das von Ihnen angesprochene Urteil des Amtsgerichts (AG) Weimar aus zwei Gründen durchaus zu hinterfragen. Zum einen ist nach der geltenden Rechtsordnung das Prinzip zu beachten, dass grundsätzlich nur die Verfassungsgerichte des Bundes und der Länder über die Frage der Verfassungsgemäßheit bzw. Verfassungswidrigkeit von Rechtsnormen letztverbindlich entscheiden dürfen. Zum anderen fällt auf, dass in dem Urteil die von mir im obigen Absatz beschriebene Problematik, dass jede Person ein Infektionsrisiko darstellt, d.h. auch unwissentlich Schaden anderen Menschen, Dritten gegenüber anrichten kann, nicht wirklich angesprochen und argumentativ beleuchtet wird.
Besonders überrascht war ich über die politischen Bewertungen des Richters in dem Urteil gegenüber der Exekutive bzw. auch Legislative. Ich sehe darin eine bewusste Ignorierung des seit Jahrzehnten sich in der Bundesrepublik nicht nur bewährten, sondern auch existenziellen Prinzip der Gewaltenteilung.
Da die Entscheidung des AG Weimar noch nicht rechtskräftig ist und nach aktuellen Medienberichten die Staatsanwaltschaft eine sog. Rechtsbeschwerde zu übergeordneten Instanzen eingelegt hat, bleibt das endgültige Ergebnis des Verfahrens abzuwarten. Die Wahl des Instruments Rechtsbeschwerde deutet darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft grundsätzlichere Kritik an der Entscheidung des AG anmelden wird.
Als Abgeordneter der LINKE-Fraktion im Thüringer Landtag bewerte ich die Corona –Verordnungen der Landesregierung als verfassungsgemäß, solange nicht das Gegenteil im dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahren rechtskräftig festgestellt ist. Ebenso betrachte ich die Festsetzung von angemessenen Bußgeldern bei Pflichtverstößen (z.B. Verkehrsdelikte) gegen die Kontaktvermeidungsregelungen - als Schutzmaßnahmen zugunsten der Allgemeinheit - grundsätzlich als gerechtfertigt. Es geht in dieser Pandemie vor allem darum, dass der Schutz aller, d.h. jeder und jedes Einzelnen sein Leben und seine Gesundheit betreffend von der Erfüllung der sozialen Verantwortung durch uns alle entscheidend abhängt und beeinflusst wird.
Mit freundlichen Grüßen
André Blechschmidt