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André Berghegger
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Frage von Christine H. •

Frage an André Berghegger von Christine H.

Sehr geehrter Herr Berghegger,

der Bundestag und auch der Bundesrat haben bereits in erster Lesung über die geplanten Gesetzesänderungen zur Regelung der Fracking-Technik beraten. Dennoch wirft der Gesetzgebungsprozess noch einige Fragen auf:

1) Stellt die geplante 3000-Meter-Grenze angesichts geowissenschaftlicher Erkenntnisse und Annahmen eine sinnvolle Regelung zum Schutz von Umwelt, Grundwasser und Gesundheit dar?
2) Es gibt demokratie-theoretische Bedenken hinsichltich der Legitimation der vorgeschlagenen Expertenkommission. Diese könnte trotz fehlender demokratischer Legitimation Fracking in Deutschland ermöglichen. Teilen Sie diese Bedenken? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
3) Der Einsatz der Fracking-Technik ist mit großen Risiken verbunden, der wirtschaftliche Nutzen von Fracking in Deutschland ist hingegen umstritten. Halten Sie vor diesem Hintergrund ein Verbot der Technik für vertretbar?
4) Wie viele Fracking-Maßnahmen hat es in Deutschland in Tight Gas gegeben? Lassen sich aufgrund von Monitoring-Maßnahmen abschließende und fundierte Aussagen über die Sicherheit von Tight Gas-Fracking treffen?
5) Tiefbohrungen können mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sein. Wäre es danach ihrer Meinung nach ratsam diese sicherer zu machen und einen Stand der Technik als Anforderungsniveau zu definieren? Wenn nein, bitte begründen Sie warum nicht.

Vielen Dank für Ihre Antworten und herzliche Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Horres,

vielen Dank für Ihre Fragen zum sogenannten Fracking. Gerne möchte ich im Folgenden zu den einzelnen Punkten meine Haltung darlegen.

1) Der Gesetzgeber muss bei der Festlegung von rechtlichen Verboten aus Gründen der Rechtssicherheit in vielen Fällen in pauschalierender Weise Grenzen oder Grenzwerte festlegen. Dies ist im Umweltrecht (z.B. Festlegung von Schadstoffgrenzwerten), aber auch in anderen Rechtsgebieten (z.B. Höchstgeschwindigkeit in der Straßenverkehrsordnung) üblich. In diesem Sinne bilden auch die 3000 Meter eine gesetzliche Grenze. Diese Grenze wurde gewählt, um ein klares Kriterium mit eindeutig ausreichendem Abstand zum Grundwasser festzulegen. Nutzbares Grundwasser befindet sich in wesentlich höheren Gesteinsschichten oberhalb der 3000 Meter-Grenze. Unterhalb der 3000 Meter-Grenze ist die Förderung von Erdgas durch Fracking zudem technisch sehr aufwändig.

2) Die Expertenkommission wird nach sorgfältiger Prüfung der naturräumlichen Gegebenheiten wie z.B. Geologie, Hydrogeologie oder Schutzbedürftigkeit des Aufsuchungsstandortes auf der Grundlage eines gemeinsamen Berichtes den beantragten Einsatz der Fracking-Technologie in der jeweiligen geologischen Formation grundsätzlich bewerten. Sie ist damit eine Art "Hilfsorgan" und unterstützt die zuständige Behörde durch anerkannte Experten. Es ist nicht ihre Aufgabe, alle Umweltauswirkungen beim Fracking zu bewerten. Dies bleibt Aufgabe der Landesbehörden, die hierzu weitere Sachverständige heranziehen können. Die Prüfung durch die Expertenkommission ersetzt weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch alle anderen nach Berg-, Wasser- oder Naturschutzrecht und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B. des Immissionsschutzes) erforderlichen Prüfungen oder Genehmigungen. Das Votum dieser Kommission ist für die Genehmigungsbehörden der Länder nicht bindend. Ob die Genehmigung tatsächlich erteilt wird, liegt nach wie vor in der Verantwortung der zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder - und zwar im Einvernehmen. Die Wasserbehörde bekommt also ein Vetorecht.

3) Bei uns gilt das Grundgesetz mit seinem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Man kann in Deutschland eine Technologie nicht einfach pauschal verbieten. Unterschiedliche Energieträger dürfen nicht willkürlich unterschiedlich behandelt werden. Es wäre Mensch und Umwelt nicht geholfen, wenn wir ein einfach gestricktes Verbot beschließen würden, das dann vor Gericht gekippt wird. Ob Fracking jemals umweltverträglich möglich sein wird, muss sich zeigen. Die Technologie befindet sich zudem noch in der Entwicklung, gerade mit Blick auf den Einsatz umweltschonender Stoffe. Außerdem wird Fracking auch zur Gewinnung erneuerbarer Energien eingesetzt (Geothermie). Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass es nicht zu Gefahren für Leib, Leben und Umwelt kommt. Das tun wir mit diesem Gesetzespaket.

4) Bereits seit den 1960er Jahren kommt Fracking in Deutschland zum Einsatz. In über 300 Fällen ist die Fracking-Technologie zur Gewinnung von sogenanntem "Tight Gas" in Niedersachen und Sachsen-Anhalt eingesetzt worden. Daneben gab es vereinzelte Einsätze bei der Gewinnung von Erdöl, beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern. Fracking-Technologien wurden außerdem bei der tieferen Erdwärmegewinnung und der Trink- sowie Thermalwassergewinnung verwendet.
Obwohl bereits seit einigen Jahren in Niedersachsen keine neuen Genehmigungen für Fracking-Vorhaben zur Erdgasförderung mehr erteilt wurden, stammt derzeit immer noch über ein Drittel des in Niedersachsen geförderten Erdgases aus sog. "Tight Gas"-Lagerstätten. Hierbei wurde die Durchlässigkeit von Gesteinsschichten mithilfe der Fracking-Technologie erhöht.

5) Nach unserer Auffassung soll die Debatte über die Fracking-Technologie auf rationaler Grundlage und mit wissenschaftlich gewonnenen Informationen geführt werden. Darauf haben die Öffentlichkeit und natürlich vor allem alle Beteiligten und Betroffenen einschließlich der am Fracking interessierten Unternehmen einen Anspruch. Probebohrungen sollen daher unter strengen Auflagen zur Erforschung der Auswirkungen auf die Umwelt möglich sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die eingesetzte Frackflüssigkeit nicht wassergefährdend ist.
Das Regelungspaket zu Fracking folgt daher einem Grundsatz: Der Schutz der Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers haben absolute Priorität. Der Einsatz des sogenannten Fracking-Verfahrens bei der Gewinnung von Erdgas, Erdöl und Erdwärme kann insbesondere zu Konflikten mit dem Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigung und dem Schutz der menschlichen Gesundheit führen. Um den Risiken für das Grundwasser und die Trinkwasserversorgung Rechnung zu tragen, sind daher im Wasserhaushaltsgesetz die entsprechenden Regelungen getroffen worden. Soweit die Risiken nicht zu verantworten sind oder derzeit nicht abschließend bewertet werden können, wird der Einsatz des Fracking-Verfahrens verboten.

Mit freundlichen Grüßen
André Berghegger