Frage an Alexandra Hiersemann von Christian D. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Hiersemann,
wie stehen Sie zu einer Verankerung des Klimaschutzes und der Erneuerbaren Energien in der Bayerischen Verfassung?
Hintergrund meiner Frage:
Der Verein Klimaschutz-Bayerns Zukunft, entstanden aus den Netzwerken der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solarinitiativen und der Arbeitskreise Energie und Klimaschutz der Agenda 21, hat bei Prof. Dr. Wolfgang Kahl, Ordinarius für Öffentliches Recht an der Universität Bayreuth, eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen.
Die ´´Verankerung des Klimaschutzes und des Vorrangs Erneuerbarer Energien in der Bayrischen Verfassung´´ ist danach dringend notwendig und umsetzbar.
Das Rechtsgutachten von Prof. Kahl können Sie hier einsehen:
http://www.bayerns-zukunft.info/PDF/Rechtsgutachten Klimaschutz.pdf
Herzlichen Dank im voraus für Ihre Antwort.
Mit sonnigen Grüßen,
Christian Dürschner
Sehr geehrter Herr Dürschner,
ich danke herzlich für Ihre Anfrage vom 16.09.08.
Ohne Zweifel ist die Energiepolitik (Strom, Wärme, Verkehr) der Schlüssel zum erfolgreichen Klimaschutz.
Nach den von der Bundesregierung in den letzten Jahren hierzu eingeleiteten energiepolitischen Maßnahmen hat die Bayerische Staatsregierung bisher leider in diesem Bereich bis auf wenige Pilotprojekte und Modelle keine unterstützenden Maßnahmen ergriffen.
Die Bayerische Verfassung schützt schon jetzt in Artikel 141 Abs. 1 unsere natürlichen Lebensgrundlagen und verpflichtet u.a. den Staat zu weitergehenden Maßnahmen im Bereich von Klimaschutz und Energiepolitik.
Sicher ist eine konkretere Verankerung energiesparender und –vermeidender Maßnahmen und Programme mit dem Ziel des übergeordneten Klimaschutzes in der Verfassung ein wünschenswertes Ziel, für das ich auch arbeiten werde. Der Weg zu einer Verfassungsänderung ist allerdings langwierig und bedarf einer Zweidrittelmehrheit und der zusätzlichen Entscheidung durch die Bürgerinnen und Bürgern Bayerns durch Volksabstimmung.
Die von meiner Fraktion im Landtag bisher eingebrachten konkreten Vorschläge zu diesbezüglichen sinnvollen und umfassenden einfachgesetzlichen Maßnahmen, die sofort umsetzbar wären, unterstütze ich voll und ganz.
Wir wollen ein Bayerisches Klimaziel festschreiben und fordern einen jährlichen Klimaschutzbericht zur Kontrolle der Effizienz der eingeleiteten Maßnahmen.
Ich stehe für die Entwicklung eines Landesenergieprogramms, das alle Möglichkeiten des Energiesparens, der höheren Energieeffizienz und der Nutzung erneuerbarer Energien einbezieht. Bereits erkennbare Eckpunkte müssen hierbei sein:
Staatliche Unterstützung und Anreizprogramme:
Bayern darf sich nicht auf die Förderung weniger Projekte und Modellvorhaben beschränken, sondern muss Landesmittel einsetzen. Neben der unmittelbaren Unterstützung müssen dazu auch zinsverbilligte Kredite der Landesbank und der LfA Förderbank an Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften, Handwerk und Mittelstand sowie private Haushalte ausgereicht werden. Geförderte Maßnahmen sollen u.a. sein:
· ein Sonderprogramm zur Unterstützung der Kommunen bei der Wärmesanierung und beim Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden und Liegenschaften,
· ein Ökokreditprogramm mit zinsverbilligten Darlehen für Private zur Wärmedämmung in Gebäuden – verbunden mit dem Einsatz erneuerbarer Energien,
· die Verbreitung von dezentralen KWK-Anlagen,
· die Marktanreizförderung für Biomasse, Biogas, Geothermie.
Forschung und Entwicklung:
An die Stelle von wenigen Projekten und Modellvorhaben müssen Forschungs- und Entwicklungsaufträge treten mit dem Ziel, Verfahren und Technologien marktfähig zu machen. Dazu gehören beispielsweise:
· Biogasreinigungsanlagen zur Einspeisung ins Erdgasnetz,
· Erprobte Technologien im Bereich von Biogas- und Biomasse,
· Kombinierter Anlagenbau zur Optimierung, wie beispielsweise die Verbindung von Photovoltaik und Hackschnitzelgenerator,
· Optimierung der vorhandenen Technologien,
· Ausbau der Verkehrslogistik und der Verkehrslenkung,
· Erstellung von regionalen und kommunalen Konzepten auf der Basis von Potentialen und Bedarf,
· Technologie- und Knowhow-Transfer zu Architekten, Ingenieure, Anlagenbauern, Mittelstand, Handwerk, Finanzinstituten sowie kleinen und mittleren Unternehmen.
Information, Beratung, Aus- und Fortbildung:
Die Informationen über zukunftsgerichtetes Handeln im Energiesektor kommen nur zögerlich bei den Akteuren und bei den Verbrauchern an. Hier muss Bayern aktiv werden:
· finanzielle Unterstützung für den flächendeckenden Aufbau und Ausbau sowie den Betrieb von Energieagenturen und Projektmanagement-Stellen mindestens auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte,
· Fortbildungsangebote für Handwerk, Architekten, Ingenieure, Energieberater etc. über die Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien,
· vergleichende Angebotslisten von Fahrzeugen, Geräten, Maschinen und Gebäudebau-Verfahren für die Verbraucher,
· Klimaschutz und richtiges energetisches Verhalten als verpflichtendes Bildungsangebot bis hin zur Erwachsenenbildung.
Abbau von bürokratischen Hemmnissen:
· Schluss mit der ideologisch motivierten Gegnerschaft zur Windkraft,
· Landeseinheitliche Genehmigungskriterien für Windkraft, Biomasse, Biogasanlagen, Wärmepumpen, Photovoltaik-Felder.
Kommunale Energiekonzepte:
Wir wollen Energiebedarfs-, Energiepotential- und Energieentwicklungspläne auf Regionalund kommunaler Ebene erstellen. Dabei setzen wir sehr stark auf die Kommunen und ihre Stadtwerke, die in Bayern verlässliche Partner sind, weil sie ihre Energiepolitik auf Nachhaltigkeit ausrichten. Mit Unterstützung aus Landesmitteln werden wir die Energiepolitik auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte voranbringen. Ziel ist es, die eigenen Potentiale der Region zu nutzen und dezentrale, dem Bedarf angepasste Strukturen schaffen.
Zukunftsenergie: Jobmotor und Klimaretter.
Der Dreiklang aus Energiesparen, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien ist nicht nur Klimaretter, sondern auch Jobmotor. Wenn die Weichen richtig gestellt werden, kann Bayern in 20 Jahren die effiziente Volkswirtschaft werden:
150 000 neue hochqualifizierte neue Arbeitsplätze im Freistaat, blühender Mittelstand, Innovationsweltmeister und hohe Exportfähigkeit.
Ich hoffe, diese Auswahl kann deutlich machen, für welche Ziele ich mich auch im Landtag u.a. einsetzen werde.
Mit freundlichen und ebenfalls sonnigen Grüßen
Alexandra Hiersemann