Frage an Alexander S. Neu von Urda S. bezüglich Menschenrechte
Was sagst du zum aktuellen BMI-Leak, Alexander?
Sehr geehrte Frau Sieber,
Wie sie sicher längst aus der Presseberichterstattung wissen, war das so genannte „BMI-Leak“ kein offizielles Papier des Bundesinnenministeriums, sondern eine Analyse von Stephan Kohn (Oberregierungsrat im Referat „Schutz kritischer Infrastrukturen“ des BMI), welche er (mehr oder weniger) allein zu verantworten hatte. Das BMI hat sich davon distanziert und Stephan Kohn vom Dienst suspendiert.
Die Einschätzungen, welche in dem Papier dargestellt werden (u.a. gravierende Fehlleistungen im Krisenmanagement, die gesamte Corona-Krise sei ein „Fehlalarm“, der Staat wäre dabei einer der größten Produzenten von Fake-News) kann ich in dieser Form nicht teilen und halte sie für gefährlich, da sie den sog. „Coronaleugnern„ Vorschub leisten und so zu einer gefährlichen Spaltung der Gesellschaft beitragen. Das Coronavirus ist aber leider gefährliche Realität und es bedarf - teils sich drastischer - Gegenmaßnahmen.
Die Corona-Krise zeigt allerdings auf dramatische Weise, dass die Politik der Privatisierung des Gesundheitssystems ein riesiger Fehler war und dass gerade diejenigen unterbezahlt sind, die unser Gemeinwesen aufrecht erhalten. Diese Entwicklung muss radikal umgekehrt werden.
Darüber hinaus müssen natürlich die Grundrechte gewahrt werden. Mit der Feststellung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wurde das Bundesgesundheitsministerin ermächtigt, ohne Beteiligung des Parlaments essentielle Grundrechte einzuschränken und in die soziale Sicherheit und den Alltag der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen. Das widerspricht dem aus dem verfassungsmäßigen Demokratieprinzip folgenden Grundsatz, dass die direkt gewählten Parlamente wesentliche Entscheidungen selbst treffen müssen und nicht der Exekutive überlassen dürfen. Daher fordern wir u.a. die Einbeziehung der Parlamente auf Bundes-und Landesebene sowie öffentliche Anhörungen mit unabhängigen Sachverständigen, damit der öffentliche Diskurs und die demokratische Willensbildung nicht noch mehr Schaden nimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander S. Neu