Frage an Alexander S. Neu von Lennart Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr Geehrter Herr Neu,
ich würde Sie gerne nach ihrer Meinung zu einer gemeinsamen EU Armee fragen und wie Sie sich die Zukunft der NATO, evt. mit Hinblick auf die EU-Russland Beziehungen vorstellen.
LG
Z.
Sehr geehrter Herr Z.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich erachte eine gemeinsame europäischen Armee nicht als eine erstrebenswerte Option. Denn ganz im Gegensatz zur ursprünglichen Vision der Europäischen Integration als Instrument zur Schaffung von Frieden würde damit ein Instrument geschaffen, mit dem noch unverblümter wirtschaftliche Interessen führender EU-Länder außerhalb der EU militärisch durchgesetzt werden könnten. Eine gemeinsame Europäische Armee mag kurzfristig Effektivierungen und Einsparungen bei den Militärausgaben ermöglichen, sie würde aber keines der organischen Probleme von Armut, Unterentwicklung und Staatszerfall lösen, die die Staaten in der Nachbarschaft der EU heute belasten. Die weitere Zentralisierung militärischer Fähigkeiten der wäre nur mehr von der falschen, neokolonialen Medizin, die bereits in den letzten Jahrzehnten versagt hat. Generell lehnt DIE LINKE die Militarisierung der Europäischen Union ab. Ganz abgesehen von der völligen Umkehrung der Idee der europäischen Integration als Friedensprojekt soll jetzt ausgerechnet die Rüstungsindustrie zu einem Kitt für die Divergenzen der Europäischen Integration gemacht werden. Außen- und sicherheitspolitisch ist dies jedoch genau der falsche Weg. Die stellenweise beträchtlichen finanziellen Mittel, die im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds für die Entwicklung und die Herstellung von Waffen und Rüstungsgerät verausgabt werden sollen, stärken überdies Sektoren der Wirtschaft, die keinen umfassenden Beitrag zur Gesundung der wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb der EU leisten können.
DIE LINKE vertritt aus friedens- und sicherheitspolitischer Überzeugung die Position, dass die NATO aufgelöst und durch ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit in Europa ersetzt werden muss. Der Austritt aus den militärischen Strukturen der NATO stellt dabei einen ersten aber zentralen Zwischenschritt dar. Die NATO und Russland befinden sich seit Jahren in einer Eskalations- und Aufrüstungsspirale, die mittlerweile an einem mehr als gefährlichen Punkt angekommen ist. Es ist endlich an der Zeit diese zu durchbrechen. Ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit unter Einbeziehung Russlands, anstatt des Militärbündnisses NATO, wäre deutlich geeigneter, um langfristig einen Frieden zu sichern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Alexander S. Neu