Frage an Alexander S. Neu von petra w. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
guten tag herr dr. neu,
die von mir jahrzehnte gewählte partei ist für mich nicht mehr wählbar und so suche ich ein neues zuhause bei den nächsten wahlen.
im moment für mich eine besonders wichtige frage ist die unverhältnissmässige regulierung der e-zigarette durch die eu.ein krasser verstoss gegen bürgerrechte, auch unverständlich, dass ich mir meine zigaretten frei kaufen kann und die e-zigarette in apotheken veschwinden soll.
wie denken sie über dieses thema, wie würden sie es an höherer stelle vertreten? welche einstellung zum dampfen hat ihre partei?
falls sie noch keine infos haben, hier kann man sich infos holen http://www.rursus.de/docs/Fakten_zur_eZigarette_1.0.pdf
Sehr geehrte Frau Weber,
dass Thema Rauchen ist in der Tat ein zunehmend kontroverses Thema. DIE LINKE. hat dazu ein paar Antworten formuliert. Ich hoffe, dass die Antworten in Ihrem Sinne ausfallen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Alexander S. Neu
e-Zigaretten
1. Welche Einstufung streben Sie für die eZigarette an: als Genussmittel, Tabakprodukt oder als Arzneimittel?
Wir möchten die nikotinhaltigen Liquids für eZigaretten den Tabakprodukten gleichstellen. Wir halten es für sinnvoll, dass die Regelungen zum Jugendschutz, Deklarationspflichten, Zulassungspflicht von Zusatzstoffen, zum Werbeverbot etc. auch für nikotinhaltige Liquids für eZigaretten gelten. Für die Verdampfer sowie für nikotinfreie Liquids sind nach unserer Ansicht keine weiteren Regelungen erforderlich.
2. Welche Begründung haben Sie für Ihre Einstufung?
DIE LINKE möchte, dass eZigaretten auf dem Markt verfügbar bleiben. Die eZigarette wird in der Regel nicht als Therapeutikum verwendet. Eine pharmakologische Wirkung allein darf nicht ausreichend sein für eine Klassifizierung als Arzneimittel. Auch die Einstufung als Präsentationsarzneimittel geht hier fehl. Eine Einstufung als Arzneimittel ist daher widersinnig, das wurde auch in den einschlägigen Gerichtsurteilen so festgestellt. Voraussetzungen sind eine angemessene Produktsicherheit und -qualität sowie wirksame Vorkehrungen zum Jugendschutz. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen durch entsprechende Deklarationspflichten darüber aufgeklärt werden, wie viel Nikotin und welche sonstigen Bestandteile im Dampf enthalten sind. Eine kontrollierte Qualität muss Gefährdungen durch den Verdampfer und etwa schwankende Nikotin-Gehalte möglichst ausschließen.
Nikotin ist ein Suchtstoff, das darf nicht verharmlost werden. Es wird kaum mehr bestritten, dass die gesundheitlichen Folgen des eRauchens bzw. „Dampfens“ geringer sind als bei Tabak-Zigaretten. Wie groß sie genau sind, müssen weitere Forschungen zeigen. eZigaretten aber strenger zu regulieren als Tabakprodukte, ist absurd. Daher wenden wir uns gegen die diesbezüglichen Vorschläge der EU-Kommission. Stattdessen wäre absehbar, dass sich die Menschen, die sich für die eZigarette entscheiden, auf den internationalen Versandhandel angewiesen sind und dort nur Produkte unsicherer Qualität erwerben könnten.
3. Haben Sie diese Einstufung schon an Ihre Parteikollegen im Europaparlament kommuniziert?
Wir stehen in ständigem Kontakt mit den Abgeordneten der LINKEN im Europäischen Parlament und haben ihnen unsere Position auch dazu mitgeteilt. Diese teilen grundsätzlich unsere Einschätzung.
4. Sehen Sie durch eine größere Verbreitung der eZigarette Chancen für die Reduktion raucherbedingter Krankheiten?
Es liegen noch nicht genügend Daten vor, um e-Zigaretten abschließend toxikologisch zu beurteilen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Folgen des eRauchens weiter erforscht werden. Nach dem jetzigen Stand des Wissens deutet aber vieles darauf hin, dass eRauchen weniger schädlich ist als Tabak rauchen. Menschen, die sich Nikotin zuführen möchten, könnten die Gefahr von typischen Rauchererkrankungen wie Krebs, chronische Bronchitis oder Gefäßerkrankungen vermutlich erheblich senken. Sollte sich diese Annahme bestätigen, können wir uns durchaus vorstellen, dass die eZigarette von offizieller Seite als risikoärmere Alternative zur Tabak-Zigarette proklamiert wird, wie es zum Beispiel durch das neuseeländische Gesundheitsministerium oder die Expertenkommission "Nudge Unit" in Großbritannien geschieht. Eine vermutlich schadensreduzierende Möglichkeit den Menschen vorzuenthalten und Tabak aber weiterhin fast überall verfügbar zu halten, ist absurd.
5. Sehen Sie die elektrische Zigarette auch als Chance für die Volkswirtschaft?
Die volkswirtschaftlichen Folgen resultieren direkt aus den gesundheitlichen Folgen für die Konsumentinnen und Konsumenten. Das Tabakrauchen verschlingt riesige Summen durch Krankenbehandlung, Reha-Maßnahmen, Arbeitsausfälle, Frühverrentungen u.s.w. Wenn nachgewiesen wurde, dass diese Kosten durch eZigaretten reduziert werden können, sollte diese Möglichkeit auch genutzt werden.