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Alexander-Martin Sardina
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Frage von Lena K. •

Frage an Alexander-Martin Sardina von Lena K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Sardina,

mit dem 1. Januar 2008 ist nun das Passivraucherschutzgesetz in Kraft getreten, nur musste ich bereits in diesen Tagen feststellen, dass sich daran leider kaum gehalten wird.

Wie verlockend war die Aussicht auf eine ungetrübte Sicht in den Lokalen, in denen ich gern verkehre, wie beispielsweise dem „Kir“. Allerdings musste ich hier feststellen, dass zum einen die vorgenommene Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich unzumutbar ist, weil, will man als NichtraucherIn einen Snack zu sich nehmen, man sich in den Raucherbereich begeben muss, um diesen in Empfang zu nehmen. Eine denkbar unglückliche Lösung. Zum anderen sollte mit dem Gesetz schließlich in erster Linie auch das Personal in den Lokalen geschützt werden, nur dieses kümmert sich bisher so gar nicht um die Gäste, die sich nicht an das neue Gesetz halten (wollen). Geraucht wird, wo´s gefällt.

Im Zuge des Inkrafttretens des Gesetzes war der Presse zu entnehmen, dass diverse Kneipen nun zu so genannten Clubs, d.h. Vereinen ‚mutieren’; alle Gäste Mitglieder sind und die „Rauchkultur“ dort weiterhin gepflegt werden darf. Vermutlich ist es zulässig, wenn der Verein sauber geführt wird, nur wer überprüft, dass das alles in der Realität auch dem Vereinsrecht gerecht wird? Abgesehen von wenigen prominenten Beispielen, wissen Sie, wie viele Kneipen, Cafés, Bars und Restaurants in Hamburg so vorgehen werden, um das Gesetz quasi zu umgehen?

Wie gesagt, noch fühle ich mich an vielen Orten – ausgenommen die Behörden – als Nichtraucherin nicht geschützt. Ob Sie nun aber der richtige Ansprechpartner sind, weiß ich nicht, denn schließlich ist wohl, aufgrund der Initiative einiger Vertreter der CDU-Fraktion ausgerechnet im Hamburger Rathaus ein „Raucherraum“ installiert worden. Wie können Sie ein solches Gesetz verabschieden und dann, an so exponierter Stelle, dieses in Hinblick auf Ihre Vorbildfunktion unterlaufen?

Mit freundlichen Grüßen,

Lena Maria Kämmerer

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Antwort von
CDU

Guten Tag Frau Kämmerer,

herzlichen Dank für Ihre Frage hinsichtlich der Umsetzung des Passivraucherschutzgesetzes (HmbPSchG) in Hamburg. Gern will ich versuchen, im Folgenden auf Ihre vielen Fragen und angesprochenen Aspekte einzugehen. Den Wortlaut des Gesetzes finden Sie zum Nachlesen übrigens in der Bürgerschafts-Drucksache 18/6215 bzw. dieser nachfolgend genannte Link gibt Ihnen alle Fakten zum Verfahren (Stellungnahmen, Ausschussbericht): http://www.hamburgische-buergerschaft.de/cms_de.php?templ=akt_sta.tpl&sub1=61&cont=2464

Zu den konkreten Verhältnissen in der Altonaer Disco "KIR" kann ich im Augenblick nichts sagen. Sollte es aber so sein, dass es einen Raucher- und einen Nichtraucherbereich gibt, diese aber nicht völlig baulich abgetrennt sind, so würde ich vermuten, dass da vom Betreiber noch nachgebessert werden muss, denn § 2 (12) Punkt 3 HmbPSchG gewährt eine Ausnahme nur für "baulich wirksam abgetrennte Räume". Dazu gehört nach meinem Dafürhalten natürlich auch eine Tür, damit der Dunst nicht einfach so vom Raucherbereich in den Rest der Disco ziehen kann. Zudem müssen Raucherräume also solche gekennzeichnet sein. Werden im Raucherbereich am Tresen beispielsweise Snacks und Speisen verkauft (Baguette, Pizza, belegte Brötchen usw.), so interpetiere ich § 2 (1) Punkt 9 - der ganz ausdrücklich die Gastronomie in Discos nennt - so, dass Snackbars zwingend rauchfrei zu sein haben. Schließlich zu Ihrer dritten Bemerkung, dass das Personal Gäste möglicherweise nicht auf Verstöße gegen das HmbPSchG hinweist, so ist in § 4 (1) Punkt 2 klar geregelt, dass der Betreiber der Disco verantwortlich ist. Ich kann nur jedem Disco-Betreiber empfehlen, seinem Personal aufzutragen, dass dieses selbstverständlich mit verantwortlich ist, Gäste aktiv auf das Rauchverbot aufmerksam zu machen, wenn diese mit Zigarette den Raucherbereich verlassen oder sich am Rand der Tanzfläche eine anzünden. Andernfalls wird es spätestens ab März möglicherweise zu empfindlichen Strafen für die Betreiber kommen, sofern Beschwerden eingehen und diese sich als berechtigt herausstellen. Ich bin aber zugleich sicher, dass das für Ihr Beispiel zuständige Bezirksamt Altona im Laufe der kommenden Wochen dafür sorgen wird, dass das Gesetz überall in seinem Bereich genau umgesetzt wird bzw. sich anfängliche Schwierigkeiten in einzelnen Betrieben auch einspielen werden.

Stichwort "Kneipen werden zu Clubs": Die Intention des Gesetzes, interne Räume von Vereinen auszunehmen (§ 2 (4)), sollte eigentlich meiner persönlichen Erinnerung nach "für echte, bestehende Vereine" - wie beispielsweise einen Schützenverein - gelten. Die Umwandlung von Kneipen in Vereine war m. E. so nicht vorgesehen, ist aber gleichwohl legitim. Kontrolliert werden die Auflagen des Vereinsrechts nicht, Sie können aber als Bürgerin beim Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg Einsicht nehmen in Protokolle bzw. Eintragungen der jeweiligen Vereine und eventuelle Verstöße melden, diesen wird dann auch nachgegangen. Im Augenblick wird meines Wissens nach erst wenig Gebrauch gemacht von der Möglichkeit, eine Kneipe in einen Verein umzuwandeln, das wird sich aber meiner Einschätzung nach im Laufe des Jahres 2008 ändern. Im Übrigen sehe ich es wie Sie auch als de-facto-Umgehung des HmbPSchG, wenn eine Kneipe zum Verein wird, denn im Grunde genommen bleibt das Ganze ja, was es war, nämlich nichts weiter als eine Kneipe: Zweck des "Vereins" ist dann der Betrieb der Kneipe und nicht die Gaststätte eine Ergänzung zum Verein. Hier wird es vermutlich auch noch erhebliche Diskussionen geben, ob an dieser Stelle nicht im Gesetz nachgebessert werden muss. Ich könnte mir eine Fristenlösung vorstellen, dass das Rauchverbot nicht gilt in Vereinsheimen, die am 31. Januar 2008 existieren, wohl aber in allen, die danach erst Vereinsheim werden. In anderen Bereichen kennen wir auch Fristenregelungen, insofern ist auch das Gleichbehandlungsgebot m. E. nicht verletzt. Höchst bedenklich finde ich es, wenn einzelne Bezirksamtsleiter meinen, Eckkneipen retten zu müssen, aktiv und vor allem medienwirksam beratend tätig werden, wie eine Kneipe Club werden kann und sogar zusagen, dass Vereine, die früher Kneipe waren, innerhalb eines Jahres ganz leicht ihre Konzession zurückerhalten können! Bezirksamtsleiter sollten Politikmachen den Politikern überlassen und lieber als zur Loyalität verpflichtete oberste Verwaltungsinstanzen für die Einhaltung des Gesetzes in ihrem Bezirk sorgen. Ich selbst habe mich beispielsweise mit einem entsprechenden Brief am 10. Dezember 2007 deutlich an "meinen" Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte gewandt, nachdem es mehrfach in den Medien zu Darstellungen gekommen war, die mich sehr irritiert bis gegruselt haben. Zudem hat mein Kollege Harald Krüger MdHB eine entsprechende Schriftliche Kleine Anfrage (Bürgerschafts-Drs. 18/7643) an den Senat gerichtet, die Sie in der Parlamentsdokumention online einsehen können.

Gern wird in diesem Kontext auf eine angebliche "Rauchkultur" hingewiesen. Dem muss ich sehr heftig widersprechen, weise aber vorsorglich explizit darauf hin, dass alle Ausführungen hier nur meine persönliche Meinung darstellen, nicht aber unbedingt die Auffassung der CDU-Bürgerschaftsfraktion sind: Rauchen hat mit Kultur nichts zu tun, und das muss man auch ganz klar benennen. Rauchen ist schwerst schädigend, sowohl für den Raucher wie auch für seine Umwelt. Dies ist auch der entscheidende Unterschied zu anderen legalen Drogen wie Alkohol, denn mit diesem schädigt man "nur" sich selbst, nicht aber im gleichen Ausmaß seine Mitmenschen. Mich stört erheblich die generelle Verharmlosung von Tabak, beispielsweise durch die inzwischen richtigerweise verbotenen "Light"-Kampagnen der Tabakindustrie. Ziel des HmbPSchG ist es, Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen. Gleichwohl bin ich einmal in der BILD-Zeitung zitiert worden mit dem Ausspruch "Ich wünsche mir eine rauchfreie Welt". Dazu stehe ich auch immer noch. Länder wie Singapur, die Tabak quasi illegalisiert haben, sind auf dem richtigen Weg. Als Ausländer dürfen Sie am Flughafen maximal 7 Zigaretten mit nach Singapur einführen, in der Realität raucht kein Mensch in Singapur. Für mich sind das paradiesische Verhältnisse. Natürlich gibt es eine Welle der Empörung unter den Rauchern, wenn man diese Punkte in Diskussionen, beispielsweise am Infostand, nennt, aber auch das liegt in der Natur der Sache, denn Süchtige lassen sich in der Regel ungern mit dem Faktum konfrontieren, dass sie süchtig sind. Ich verspreche mir vom HmbPSchG eine weitgehende Wirkung, damit es zu einem breiten Umdenken kommt. Aufrufe an den "gesunden Menschenverstand" und die Rücksichtnahme der Raucher auf Nichtraucher in der Vergangenheit haben ja überhaupt nichts gebracht! Jetzt, wo Nichtrauchen über ein Rauchverbot zur Regel wird und Rauchen zur Ausnahme, besteht die Chance, dass viele Raucher sich dazu entschließen, zu Nichtrauchern zu werden. Entsprechende Hilfsangebote sollten ebenfalls stärker gefördert und unterstützt werden. Gar kein Verständnis habe ich für die dümmliche und als Wahlkampftaktik durchschaubare Raucher-Kampagne der FDP. Diese Partei disqualifiziert sich selbst, indem sie sich gegen das Rauchverbot stellt. Ein völlig falsch verstandenes Heldentum, und zugleich ein Armutszeugnis für eine Partei. Dann noch zum gern genannten Argument, Raucher seien die besseren Steuerzahler, was ein Ammenmärchen ist, denn seriöse Studien belegen: 30,2 Milliarden Euro (2006) Kosten im Gesundheitsbereich für ausschließlich und direkt durch Rauchen und Passivrauchen verursachte Krankheiten und Arbeitsausfälle, dem gegenüber stehen nur 14,3 Milliarden Euro (2006) Einnahmen durch die Tabaksteuer.

Schlussendlich fragen Sie nach dem unrühmlichen Raucherzimmer 160 der CDU-Bürgerschaftsfraktion im Hamburger Rathaus. Ja, ich gebe Ihnen völlig Recht, wir hätten uns auf unsere Vorbildfunktion besinnen sollen! Ich habe in der Fraktionssitzung im Dezember 2007, als darüber abgestimmt wurde, wie 13 andere Kolleginnen und Kollegen mit "Nein" gestimmt, allerdings war eine klare Mehrheit dafür. In der Demokratie herrscht die Mehrheit über die Minderheit; so, wie die Raucher jetzt das HmbPSchG akzeptieren müssen, werde ich mich damit abfinden müssen, dass wir Raum 160 haben. Gleichwohl bleibt meine persönliche Auffassung, dass es politisch unklug gewesen ist, diesen Raucherraum einzurichten. Formal jedoch ist das in Ordnung und keine Aushebelung des Gesetzes, denn die Fraktionen haben in ihren (nicht-öffentlichen) Räumen das Hausrecht, obwohl sich diese im Rathaus befinden.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen ausführlichen Darstellungen inhaltlich weitergeholfen habe und dass Sie trotzdem am 24. Februar 2008 Ihre Kreuze allesamt bei der CDU bzw. den CDU-Kandidatinnen und -Kandidaten Ihres Vertrauens setzen werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr AMS