Frage an Alexander Ludwig von Murat A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ludwig,
in den vergangenen Wochen haben der Einbürgerungsleitfaden in Baden-Württemberg und die gewalttätigen Proteste gegen die Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Muhammad zu heftigen Diskussionen geführt. Nicht nur bei der Bundestags-Debatte zum Karikaturenstreit am 10.02.06 wurde wiederholt die Notwendigkeit des Dialogs der Kulturen und Religionen betont. Doch habe ich leider den Eindruck, dass es von Seiten der Politik meist bei Worten statt Taten bleibt.
Daher möchte ich Ihnen als meinem Wahlkreiskandidaten drei Fragen stellen:
1. Wie stehen Sie zum Dialog der Religionen? Teilen Sie die Auffassung etwa auch von Papst Benedikt XVI., dass der interreligiöse Dialog für unsere gemeinsame Zukunft eine vitale Notwendigkeit ist, um das friedliche Zusammenleben zu gestalten, die Religionsfreiheit zu sichern und jede Form von Hass und Intoleranz zu überwinden?
2. Warum findet Ihres Erachtens bisher so wenig Dialog zwischen Muslimen und der Politik statt? Werden Sie nach erfolgreichem Einzug in den Landtag Kontakt zu Muslimen aus Ihrem Wahlkreis aufnehmen? Wann haben Sie selbst das letzte Mal eine Moschee in Ihrem Wahlkreis besucht und mit den Menschen - Ihren Bürgern und Wählern - gesprochen? Wenn noch nie – warum nicht?
3. Sehr viele Muslime haben inzwischen das Gefühl, von der deutschen Politik unter Generalverdacht gestellt und teilweise offen diskriminiert zu werden. Können Sie diese Empfindung nachvollziehen - und wie stehen Sie dazu?
Ich freue mich auf Ihre Antwort, sage meinerseits unsere Wahlteilnahme zu und wünsche Ihnen Erfolg und Segen in Ihrem Wirken für das Wohl unseres Landes.
Mit freundlichen Grüßen
Murat Aslanoglu
P.S. Die Fragen sind Ihnen auch per Fax zugegangen.
Sehr geehrter Herr Aslanoglu,
folgendes möchte ich zu Ihren Fragen sagen.
Vorab eine kurze Bemerkung:
Ich selbst gehe nur gelegentlich in die Kirche, insbesondere zu Familiengottesdiensten und ähnlichem. Ich komme aber aus eine fundamental-christlichen Familie.
1. Aufgrund meiner Erfahrung setze ich deshalb auf Dialog auf jeder Ebene. Nur durch eine verbesserte Kommunikation zwischen den Menschen, den unterschiedlichen staatlichen Systemen und auch den großen Religionen können große Konflikte der Zukunft besser vorbeugend gelöst werden. Wo Kommunikation herrscht, gibt es Wertschätzung. Da kann auch erklärt werden, um was es sich bei den Karrikaturen handelt. Aber durch Dialog, einen respektvollen Umgang zwischen Menschen und Vertretern der Religionen, können solche Missverständnisse und auch Einzelmeinungen erklärt werden. Damit Hass und Intoleranz keine Chance haben.
2. Wenn ich in den Landtag einziehe, werde ich Kontakt zu den religiösen Verbänden und Einrichtungen suchen. Bisher war ich noch in keiner Moschee, hatte aber häufiger Kontakt zu Muslimen aus der Türkei aus der alevitischen Richtung. Mit Sunniten oder Schiiten bestehen keine Kontakte.
3. Ich halte es nicht für berechtigt, dass viele Muslime glauben, sie seien unter Generalverdacht gestellt.
Es wird von politisch interessierter Seite aber versucht, am rechten Rand, dessen Potenzial ich auf bis zu 15% schätze, Wähler zu binden. Dies sieht man am Beispiel des Fragebogens zur Einbürgerung in Baden-Würrtemberg.
Kein einigermaßen gerade denkender Mensch mit bösen Absichten, würde den Fragebogen so beantworten, dass der Verdacht aufkommt, er habe terroristische Absichten oder er würde dadurch seine Einbürgerung gefährden.
Deshalb finde ich ich diesen Fragebogen so perfide. Er nützt offensichtlich nichts, instrumentalisiert die Angst vor Fremden und wird trotzdem nicht zurückgenommen. Alleine durch die öffentliche Debatte gelingt es, politikverdrossene Rechte, wieder zum Urnengang zu bewegen.
Die Moslems stehen also nicht unter Generalverdacht sondern die Angst vor islamistischem Terrorismus wird meines Erachtens innenpolitisch für bestimmte Zwecke benützt.