Frage an Alexander Dobrindt von Hans-Joachim M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dobrindt,
derzeit wird ja zur Vermeidung von Krieg (!) Europa und der Euro gerettet auf Teufel komm raus. Schade ist ja nur, daß das offenbar hauptsächlich und natürlich am zuverlässigsten mit dem Geld (bisher selbstverständlich nur auf Haftungsbasis !?) der deutschen Steuerzahler passiert.
Angesichts der Summen, die da mittlerweile im Umlauf sind, wird mir langsam schwindelig. Zu den ganzen Haftungssummen aus expliziten Rettungsmaßnahmen kommen ja auch die Einlagenhaftung bei der EZB und die Schulden der Zentralbanken der Wackelkandidaten bei der Bundesbank aus aufgelaufenem nicht ausgeglichenem Zahlungsverkehrsaufkommen.
Diese Summen werden geflissentlich aus der öffentlichen Berichterstattung herausgehalten. Sie erhöhen das Gesamtobligo Deutschlands auf das 3-fache der "offiziellen" Haftungssummen. Das heißt also, wir riskieren derzeit die Summe von ca. 3 Jahreshaushalten des Bundes - eine knappe Billion € - für das hehre Ziel des Friedens in Europa. Da sei mir doch die Frage gestattet, was wir denn in Europa für sog. Freunde haben, daß wir uns den Frieden mit ihnen derartig erkaufen müssen.
Der ESM, dessen vertragliche Gestaltung aus meiner Sicht bar jeder demokratischen Legitimation ist, wird dies weiter verschärfen. Es muß doch Mittel und Wege geben, die es uns, der EU und dem Euro-Raum ermöglichen, ohne das Eingehen solch unverantwortlicher Risiken, die mehrere Generationen deutscher Steuerzahler belasten könnten (und sehr wahrscheinlich werden), wirtschaftliche Stabilität und natürlich den vielzitierten Frieden zu sichern.
Diese langatmige Schilderung führt mich nun zu meiner Frage: Wissen unsere Volksvertreter eigentlich noch, was sie da tun? Wissen Sie noch, was Sie da tun? Werden Sie den diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahren (EFSF und ESM) zustimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Joachim Mehmke
Sehr geehrter Herr Mehmke,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 21. September 2011. Ihre Frage zum weiteren Vorgehen in der Schuldenkrise einiger EU-Mitgliedsstaaten und Ihre Bedenken über deren Auswirkungen auf die deutsche Bevölkerung sind durchaus nachvollziehbar. Sicherlich haben Sie meine Äußerungen diesbezüglich verfolgt und wissen, dass ich viele Ihrer Sorgen durchaus teile und die von Ihnen geschilderten Gefahren ebenfalls sehe.
Die Schuldenkrise ist zu einer ernsten Bedrohung für die Europäische Währungsunion geworden und könnte dem gesamten Projekt der Europäischen Integration schweren Schaden zufügen, wenn sie nicht entschlossen, rasch, verantwortungsbewusst, besonnen und gemeinschaftlich gemeistert wird. Die CSU ist der festen Überzeugung, dass Europa die Kraft besitzt, diese Bewährungsprobe auf der Grundlage klarer Prinzipien zu meistern. Dabei gilt es, die Solidarität der europäischen Mitgliedstaaten zu stärken. Diese Solidarität verlangt jedoch auch Gegenleistungen und hat ebenso ihre Grenzen.
Ich bin der Auffassung, dass zusätzliche Bürgschaften für die Schuldnerländer nicht allein auf Kosten Deutschlands gehen und vor allem kein Automatismus entstehen darf. Eine Vergemeinschaftung der Schulden in Europa wird die gegenwärtige Krise nicht lösen. Ich bin davon überzeugt, dass Hilfe an Sparbemühungen geknüpft werden muss. Bei berechtigten Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen in Schuldnerländern sollte auch der Austritt aus der Eurozone letztlich möglich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Dobrindt MdB