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Alexander Bonde
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Frage von Adelbert R. •

Frage an Alexander Bonde von Adelbert R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr verehrter Herr Bonde,

im Bundestag wird das Gentechnikgesetz beschlossen.. Wie stehen Sie zu den Freilandversuchen von Mon 810 von Monsanto in Rheinstetten ?

Ist der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen , auch in Versuchsfeldern ohne Gefahren für Mensch und Natur? In Kanada haben die Landwite schlimmste Erfahrungen mit dem Anbau der gentechnisch veränderten Mais, Alfalfa,Soja und Baumwolle gemacht. Ich hatte das Glück den alternativen Nobelpreisträger Percy Schmeiser aus Kanada kennenzulernen. Was dieser konventionelle Saatgutzüchter zu den Gentechnisch veränderten Pflanzen berichtete war erschreckend. Dort hat sich ein Superunkraut gebildet durch die gentechnisch veränderten Pflanzen, da sich dieses Gen ausgekreuzt hat. Jetzt haben die Kanadier einen dreimal höheren Pestizideinsatz als vor der Ausbringung der gentechnisch veränderten Pflanzen. Viele Landwirte stehen dort vor dem aus.

Gentechnisch veränderte Pflanzen schaffen Abhängigkeiten zum kauf des Saatgutes und der darauf abgestimmten Pestizide, die bis zum Zwang der Auflösung des Bauernhofes und wie in Indien zum Selbstmord der Bauern führen,- versprochene Erträge sind nicht eingetroffen, und es haben sich Resistenzen gebildet , die wiederum ein Mehreinsatz von Spritzmittlel und damit Geldnot verursachen- in Indien haben sich in den letzten10 Jahren über 150 000 - kein Schreibfehler- Kleinbauern umgebracht vgl.hierzu google Indien Selbstmord, weil diese aus der Abhängigkeit nicht mehr herausgekommen sind-- die zahlen stammen vom Innenministerium von Indien.

Blüht das auch unseren Bauern?
Darf gentechnisch veränderter Mais als NahrungsmittelhilfeI gewährt
werden, und dies als ganzes Korn? Dürfendiese Pflanzen zum zwecke des Klimaschutzes, speziell stärkehaltigere Kartoffeln, in Biogasanlagenverwendet werden?
Gibt es keine Zusammenhänge zwischen dem massiven Bienensterben in den USA und der Ausbreitung von Gentechnisch veränderten Pflanzen?
Wie werden Sie Abstimmen?

MfG
Adelbert Ringwald

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ringwald,

vielen Dank für Ihre Anfrage, ich teile all ihre Sorgen bezüglich der Novelle. Aus Überzeugung lehne ich Genmanipulation von Pflanzen grundsätzlich ab.

Zur konkreten Frage und den Beschlüssen von CDU und SPD: Wie sie fürchte ich eine Vermischung von gentechnisch verändertem Saatgut und Pollen mit unveränderten Äckern vor allem in unserer kleinflächig strukturierten Landwirtschaft Baden-Württembergs. Die Novelle des Gentechnik-Gesetzes ist weder EU-rechtlich notwendig, noch dient sie dem Schutz der Umwelt oder der gentechnikfreien Landwirtschaft. Sie ist gut für die Gentechnik-Forschung und -industrie, aber schlecht für Mensch und Umwelt, Verbraucherinteressen und die gentechnikfreie Landwirtschaft. Wörtlich steht schon im Vorblatt des Gesetzes: "Das deutsche Gentechnikrecht ist so auszugestalten, dass Forschung und Anwendung der Gentechnik in Deutschland befördert werden."

Zu den Freilandversuchen von Mon 810 von Monsanto in Rheinstetten:

Im Mai 2007 wurde der Handel mit dem Gentech-Mais MON810 vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gestoppt mit der Anweisung, dass die Abgabe nur dann erfolgen dürfe, wenn Monsanto einen entsprechenden Monitoringplan vorlegt. Monsanto behauptet zwar, sie hätten bereits einen Monitoringplan vorgelegt ? aber die vom BVL eingeforderten Maßnahmen

* Exposition keimfähiger Maiskörner in der Umwelt,
* Exposition des Bt-Toxins in der Umwelt (z.B. Pollen),
* Verbleib des Bt-Toxins im Boden,
* Auswirkungen auf Nichtzielorganismen und
* Verbleib von Transgenen in Organismen und Umweltmedien

sind darin nicht erfüllt. De facto bedeutet die Anordnung vom BVL also zunächst einmal ein vorläufiges Verkaufsverbot für MON810-Saatgut. Das BVL begründete seine Anweisung u.a. mit dem Hinweis auf neue Erkenntnisse über Risiken und dass "nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Anbau von Mais der Linie MON810 keine Gefahr für die Umwelt bedeuten kann."

"Neu" sind die nun vom BVL vorgebrachten Erkenntnisse nicht. Seit der Zulassung von MON810 durch die EU-Behörden vor rund zehn Jahren wurden immer wieder neue wissenschaftliche Studien vorgelegt, die Zweifel an der gesundheitlichen und ökologischen Unbedenklichkeit aufkommen ließen. Bekannt ist schon länger, dass das von dem Gentech-Mais produzierte Gift nicht nur Mais-Schädlinge, sondern auch andere Insekten wie zum Beispiel Schmetterlinge, Fliegen, Wespen oder Spinnen schädigt. Hierzu hatte die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen im Herbst 2006 bereits ein umfassendes Gutachten anfertigen lassen.

Derzeit gibt es in Deutschland in vielen Bundesländern Eilverfahren von Imkern und Imkerinnen gegen den Anbau von MON810-Mais. Hauptansatzpunkt der Klage ist, dass MON810 keine Zulassung als Lebensmittel hat und nachweislich MON810-Pollen im Honig zu finden ist. Nach Ansicht der Klagenden wäre für solche Lebensmittel eine Prüfung der Lebensmittelsicherheit erforderlich, die für MON 810 nicht durchgeführt wurde.

Inzwischen liegen hierzu verschiedene Gerichtsentscheidungen vor wie zum
Beispiel:

* Das Verwaltungsgericht Augsburg gab im Mai einem Imker Recht, der in einer Entfernung von ca.1.500 bis 2.200 m zu einer MON 810-Anbaufläche ein Bienenhaus mit 12 Völkern hat. Die Begründung: Honig mit MON 810-Pollen stellt ein nicht verkehrs- und verbrauchsfähiges Lebensmittel dar.

* In einem weiteren Fall wies im Mai das Verwaltungsgericht Frankfurt die Klage zurück, weil MON 810-Pollen im Honig gar kein genetisch veränderter Organismus sei. Wie das dem Großhandel sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern vermittelt werden soll, ist jedoch fraglich.

* Mit einer Urteil Ende Mai wurde die o.g. Entscheidung des Augsburger Gerichts vom Bayerischen Verwaltungsgericht München aufgehoben. Begründung: Zwar bestätigte das Gericht den klagenden Imkern, dass Lebensmittel mit MON810-Bestandteilen EU-rechtlich nicht zugelassen sind. Aber für Gentech-Pollen von MON810 im Honig - so das Gericht ? würde dieses Verbot nicht gelten. Polleneintrag in den Honig sei praktisch nicht zu verhindern. Die Imker selbst müssten den Eintrag vermeiden, indem sie ihre Bienen entfernt von der Anbaufläche aufstellen. Allerdings führte das Gericht auch aus, dass es die grundlegende Frage ? sind MON810-Pollen im Honig ein GVO im Sinne des nationalen und EU-Rechts ? in dem Eilverfahren nicht klären konnte.

* Ähnlich wie das Verwaltungsgericht Bayern entschied auch das Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Allerdings stellte das Gericht fest, dass nicht sicher sei, ob der Honig verkauft werden dürfe oder nicht, dies müsste in einem Hauptsacheverfahren entschieden werden.

Grüne Forderung ist, dass rechtlich sichergestellt wird, dass alle gentechnisch veränderten Pflanzen, die angebaut werden und in die Lebensmittelkette - und damit auch in den Honig - gelangen können, eine entsprechende EU-Zulassung als Lebensmittel haben müssen. Sonst sollten sie nicht angebaut werden dürfen. Außerdem müssten die Belange von Imkern sowohl bei der (von uns nicht gewollten) Novelle des Gentechnik-Gesetzes als auch bei einer Verordnung zur guten fachlichen Praxis berücksichtigt werden. Die Lasten der Koexistenzsicherung dürfen nicht den ImkerInnen und Imkern aufgebürdet werden, auch müssen ImkerInnen bei einer Verunreinigung ihres Honigs Schadensansprüche stellen können vor Gericht.

Weiterhin klagen auf Bundesebene (Eilantrag wurde am 26.6.07 beim Verwaltungsgericht Braunschweig eingereicht) Greenpeace und das Bündnis "Aktion Gen-Klage" gegen den Anbau des Gen-Mais MON810. Hier begründen die Verbände die Klage u.a. mit der BVL Anweisung an Monsanto zum Ruhen der Inverkehrbringensgenehmigung von MON810.

Ich werde aus diesen Gründen natürlich gegen beide Regelungen stimmen und hoffe, dass die Bevölkerung und die Bauern sich genauso erfolgreich wie in Bayern gegen eine Markteinführung wehren.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Bonde MdB