Hallo, Wie wird beim neuen Stiftungsgesetz Missbrauch durch die Regierung verhindert?
Eine neue Stiftung muss ja jetzt im Einklang mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sein um Geld zu bekommen. Aber wer soll das entscheiden? Wenn das der Verfassungsschutz oder der Bundestagspäsident entscheidet, dann ist ein Missbrauch über die Regierung ja Tür und Tor geöffnet, da so quasi die Regierung der Opposition Geld verwehren kann. Die Regierungsparteien besetzen ja den Bundertagspräsidenten und das Innenministerium. Man muss ja bedenken, dass sich einige größten Schurken der Geschichte selber als Demokraten bezeichneten und die demokratische Opposition als Antidemokraten. Die DDR hatte sogar im Namen "Demokratisch". Antidemokratische Parteien können ja bisher schon über das Verfassungsgericht verboten werden. Über diesen Weg wäre die Gewaltenteilung gegeben. Warum wird in dem Fall nicht dieser Weg beschritten?
Sehr geehrter Fragesteller,
besten Dank für Ihre Frage und die damit verbundene Sorge um eine wettbewerbsneutral ausgerichtete Gestaltung und Finanzierung sogenannter parteinaher Stiftungen. Das Recht politischer Stiftungen und ihrer Finanzierung ist jüngst erstmals und aufgrund einer erfolgreichen Klage der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht gesetzlich geregelt worden. Aus meiner Sicht bleiben die Kernelemente des Gesetzes jedoch hinter den Erwartungen einer offenen und diskussionsfreudigen Demokratie des 21. Jahrhunderts und unter Umständen auch hinter den Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts zurück: In § 7 Abs. 2 des geltenden Stiftungsfinanzierungsgesetzes ist nämlich festgelegt, dass das Bundesinnenministerium und damit eine politischen Weisungen unterliegende und folglich auch dafür anfälligen Behörde feststellt, ob die vom Gesetzgeber geforderten grundsätzlichen Förderkriterien durch die antragstellende Stiftung erfüllt sind und damit Bundesmittel (Globalmittel und Projektmittel) fließen können oder nicht. Betragsmäßig überdies weiterhin ungedeckelt über den Haushaltsgesetzgeber hin zu den Stiftungen. Nach § 8 des neuen Gesetzes und seiner Begründung müssen sich allerdings die bereits geförderten parteinahen Stiftungen von CDU, CSU, FDP, B 90/DIE GRÜNEN und Die Linke dem neu eingeführten und umfänglichen "Demokratie- und Weltanschauungs-TÜV" des § 2 nicht unterziehen. In dieser bewussten und willentlichen Wahl der Gesetzeskonstruktion darf ohne Zweifel eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der der AfD nahestehenden Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) gesehen werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei genereller Feststellung der Förderwürdigkeit durch das Bundesinnenministerium im Fall von Projektmittelbeantragungen die dafür dann jeweils inhaltlich zuständige Behörde (im Regelfall das zuständige Ressortbundesministerium) die "TÜV-Maßstäbe" des § 2 ebenfalls zu beachten hat. Schließlich ist abzusehen, dass die Landesgesetzgeber die Bundesregelung als Vorbild sehen und für etwaige Landesgesetze über politische Stiftungen weitgehend deckungsgleich übernehmen.
Folglich, sehr geehrter Fragesteller, geht das neu geschaffene Gesetz noch über die von Ihnen geäußerten Bedenken hinaus. Meines Erachtens hätten sich unter Geltung des Gesetzes wenigstens alle parteinahen Stiftungen im Lichte des § 2 neu akkreditieren lassen müssen. Fraglich auch, ob diese Vorschrift im Detail nicht zu eng und einschränkend bzw. teils auch zu abstrakt gefasst ist, z.B. § 2 Abs. 4 Nr. 1 oder das Erfordernis der dreimaligen Vertretung im Bundestag, welches eine Abkehr von der bisherigen zweimaligen Vertretungspraxis ist.
Verglichen mit unserem und parallel zur Abstimmung vorgelegten Gesetzentwurf aus Herbst 2023, den wir ähnlich schon in der 19. Legislatur vorlegten, bleibt das verabschiedete Gesetz aus meiner Sicht in entscheidenden Punkten mangelhaft. Unser Entwurf reduzierte z.B. die derzeitigen Gesamtfördermittel auf etwa 1/3 der derzeit vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten und betonte damit zugleich das vom Grundgesetz vorgesehene Primat der Parteien bei der Mitwirkung politischer Willensbestimmung. Zudem stärkte unser Entwurf den demokratischen Diskurs, indem er die Förderwürdigkeit an die bisher geltende zweimalige Präsenz im Bundestag knüpfte und die Entscheidung der Versagung von Fördermitteln zuvörderst einem Verbot der der Stiftung nahestehenden politischen Partei durch das Bundesverfassungsgericht überließ.
Das nunmehr geltende Recht ist aus meiner Sicht nicht nur rechtsstaatlich und wettbewerblich zu hinterfragen, sondern auch auf mehreren Ebenen streitanfällig. Es wird folglich auch zu mehr Bürokratie und damit weiteren Kosten führen, die die Allgemeinheit zu tragen hat. Unserer Demokratie ist dadurch ein Schaden entstanden - das Parlament hat seinen Auftrag nicht erfüllt.