Frage an Albrecht Glaser von Josef M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Glaser,
zur Bundestagswahl 2021 führen wir (Gemeinwohlökonomie Deutschland, Monetative e.V., Samuel-Pufendorf-Gesellschaft für politische Ökonomie e.V., Entrepreneurs4Future Stuttgart und Genossenschaft für Gemeinwohl) eine mehrstufige Befragung aller Bundestagsparteien zu den Themen Geld- und Finanzpolitik durch. Nachfolgend finden Sie das dritte Fragenpaket zum Themenbereich C "Maßnahmen zu umweltschonendem Wirtschaften":
C.1) Mit welchen Empfehlungen zu steuerlichen Anreizen und Konjunkturprogrammen kann der Finanzausschuss Investitionen in umweltschonende Technologien und nachhaltige Konsummuster beschleunigen?
C.2) Mit welchen handelspolitischen Maßnahmen kann ein fairer Wettbewerb ermöglicht und das Unterlaufen ökologischer und sozialer Standards verhindert werden?
C.3) Soll der Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl beschleunigt werden? Und wenn ja, wie?
C. 4) Welche Konzepte gibt es für die Finanzierung öffentlichen, nachhaltigen und gemeinnützigen Wohnungsbaus?
mit vielem Dank im vorhinein für Ihre Antwort
mit freundlichen Grüßen
Josef Mikus
C.1) Mit welchen Empfehlungen zu steuerlichen Anreizen und Konjunkturprogrammen kann der Finanzausschuss Investitionen in umweltschonende Technologien und nachhaltige Konsummuster beschleunigen?
Wir fordern freie Märkte, Chancengleichheit und individuelle Freiheit. Insofern stehen wir steuerlichen Anreizen und Konjunkturprogrammen kritisch gegenüber. Dabei ist insbesondere Konjunkturprogrammen eigen, dass sie stets über Staatschulden finanziert werden mit der vagen Erwartung oder der kühnen Behauptung, dass solche konjunkturellen Impulse zu anschließend erhöhten Staatseinnahmen führen würden, welche die Schulden refinanzierbar machen würden. Dies ist jedoch typischerweise nicht der Fall. Erstens, weil ökonomische Effekte berechenbar so nicht funktionieren. Zweitens, weil etwaige erhöhte Staatseinnahmen nicht zur Schuldentilgung verwendet werden, sondern geradezu reflexhaft zur Erzeugung einer regierungsfreundlichen Stimmung vollends ausgegeben werden. Jüngstes Beispiel für das Letztere ist der Staatsschulden-Tsunami anlässlich der Finanzkrise. Die dort bis über eine Billion erhöhten Staatsschulden (nur des Bundes) sind bis vor der Corona-Krise nahezu konstant geblieben, obwohl durch die seit 2014 betriebene Zinspolitik der EZB allein durch die Verminderung der Zinslasten für Staatsschulden zwischen 200 und 300 Mrd. Euro - im Übrigen ohne veränderte Ausgabenpolitik - diese Mittel zur Tilgung zur Verfügung standen.
Die Grundlage für diese konjunkturelle Anreize ist eine vermeintliche Erkenntnis der politischen Klasse, angereichert durch eine willfährige und staatssubventionierte Wissenschafts-Klasse.
Das Versagen staatlicher Anreizpolitik ist legendär. Beispiele sind die Förderung Ost, die Abwrackprämie oder auch die EEG-Förderung.
C.2) Mit welchen handelspolitischen Maßnahmen kann ein fairer Wettbewerb ermöglicht und das Unterlaufen ökologischer und sozialer Standards verhindert werden?
Die Handelspolitik ist ungeeignet für die Durchsetzung von ökologischen und sozialen Standards. Die Staaten handeln eigenverantwortlich, sie setzen die ökologischen und sozialen Standards. Deutsche oder europäische Standards mittels Handelspolitik durchsetzen zu wollen, greift in die Souveränität anderer Staaten ein. Es handelt sich hierbei um angemaßten moralischen Imperialismus, der niemals erfolgreich sein kann im Sinne der Menschen, denen man zu helfen behauptet.
Solche Standards lassen sich allein durch internationale Verträge, etwa im Rahmen der WTO, einführen und könnten dort u. U. sogar mit Sanktionen bewehrt werden, die international gerichtlich durchgesetzt werden könnten. Hinter einem solchen Vorgehen steht dann die Willensbildung eines Staates, dem man in Augenhöhe begegnet.
C.3) Soll der Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl beschleunigt werden? Und wenn ja, wie?
Deutschland ist für ca. 2 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, die EU für ca. 10 Prozent und China für ca. 30 Prozent. Schon allein diese Fakten machen deutlich, wo eine Reduktion ansetzen muss. Das Pariser Klimaabkommen verpflichtet China bis zum Jahr 2030 zu keinen Einsparungen. China kann also weiter seine CO2-Emissionen erhöhen und baut demgemäß weitere Kohlekraftwerke – allem im asiatischen Raum sind bislang 600 weitere Kohlekraftwerke geplant, davon allein 368 in China.
Solange dieser eklatante Fehler der EU-Kommission und der Bundesregierung bei der Verhandlung des Pariser-Klimaabkommens nicht korrigiert ist, erübrigt sich eine weitere Diskussion über einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Sie begünstigt vielmehr deren erhöhten Verbrauch wegen des günstigeren Preises, der durch die ausfallende deutsche Nachfrage entsteht (So eindrucksvoll dargestellt bei H. W. Sinn, „Das grüne Paradoxon“.)
In Hamburg ermöglicht der rot-grüne Senat die Abschaltung des hocheffizienten Kraftwerks Moorburg, während das veraltete Kraftwerk Wedel in Betrieb bleibt. Wedel muss wegen der Fernwärmeversorgung weiter betrieben werden, da Moorburgs Anschluss an das Fernwärmenetz hintertrieben wurde. So wird rot-grüne Ideologie umgesetzt, wahre Umweltpolitik mit einem Nutzen für die Umwelt geht anders.
C. 4) Welche Konzepte gibt es für die Finanzierung öffentlichen, nachhaltigen und gemeinnützigen Wohnungsbaus?
Der soziale Wohnungsbau ist seit dem Jahr 2006 Ländersache. Der Bund darf Finanzhilfen leisten (Art. 104d GG). Der soziale Wohnungsbau (sog. Objektförderung) weist erhebliche Streuverluste auf, Wohngeld sog. Subjektförderung) ist die weitaus effizientere Lösung.
Es gibt weitere Wege, günstigen Wohnungsbau und günstige Mieten zu ermöglichen. Ein solcher Weg sind die Bauvorschriften, die insbesondere im energetischen Bereich nur noch theoretische und keine realen Fortschritte mehr bringen.
Die Immobilienverbände fordern seit Jahren, die Bauvorschriften zu lockern, um mit kostengünstigeren Bauten günstigere Mieten anbieten zu können und insbesondere mehr und schneller bauen zu können. In Hamburg etwa lehnt der rot-grüne Senat derartigen Vorstöße regelmäßig ab.