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Frage von Wolfgang L. •

Frage an Albrecht Glaser von Wolfgang L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Glaser,

zur Bundestagswahl 2021 führen wir (Gemeinwohlökonomie Deutschland, Monetative e.V., Samuel-Pufendorf-Gesellschaft für politische Ökonomie e.V., Entrepreneurs4Future Stuttgart und Genossenschaft für Gemeinwohl) eine mehrstufige Befragung aller Bundestagsparteien zu den Themen Geld- und Finanzpolitik durch. Nachfolgend finden Sie das zweite Fragenpaket zum Themenbereich B. Maßnahmen zur Beseitigung sozialer Ungleichheit.

B. 1) Durch die Niedrigzinspolitik fällt es privaten Versicherungsunternehmen zunehmend schwerer, das ihnen anvertraute Geld gewinnbringend anzulegen und zu mehren, um zukünftige Rentenansprüche auszahlen zu können (die ja bereits durch die wesentlich höheren Nebenkosten der privaten Versicherungsunternehmen dezimiert sind). Mit welchen Maßnahmen, Konzepten oder Gesetzesänderungen wollen Sie in Zukunft die Pensionsansprüche gewährleisten und Altersarmut verhindern?

B. 2) Durch den Ausbau des Niedriglohnsektors und steigende Lebenshaltungskosten verschulden sich immer mehr private Haushalte (ca. 7 Mio. Haushalte in D. sind überschuldet). Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die zunehmende Verschuldung privater Haushalte einzugrenzen oder zu verhindern?

B. 3) Sieht Ihr Parteiprogramm vor, bestehende Ungleichheiten in Einkommens- und Vermögensverteilung durch konkrete Maßnahmen zu reduzieren? Wenn ja, welche?

B. 4) Finden Sie die politische Einführung eines Grundrechts auf Arbeit sinnvoll?

B. 5) Welche Konzepte für die Finanzierung öffentlichen, nachhaltigen und gemeinnützigen Wohnungsbaus halten Sie für zielführend?

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B. 1) Durch die Niedrigzinspolitik fällt es privaten Versicherungsunternehmen zunehmend schwerer, das ihnen anvertraute Geld gewinnbringend anzulegen und zu mehren, um zukünftige Rentenansprüche auszahlen zu können (die ja bereits durch die wesentlich höheren Nebenkosten der privaten Versicherungsunternehmen dezimiert sind). Mit welchen Maßnahmen, Konzepten oder Gesetzesänderungen wollen Sie in Zukunft die Pensionsansprüche gewährleisten und Altersarmut verhindern?

Zunächst muss festgehalten werden, dass die sogenannte Niedrigzinspolitik das Arbeitsergebnis einer Europäischer Notenbank ist, die ihr Mandat überschreitet, damit EU-rechtswidrig handelt und politisch agiert. War es in Zeiten der Deutschen Mark die Geldwertstabilität, die die damalige Deutsche Bundesbank als Hüterin der Währung als Primärziel verfolgte, so sind jetzt vor allem politische Ziele der verbotenen Staatsfinanzierung auf der EZB-Agenda. Die Niedrigzinspolitik hatte ihren Ursprung in der Rettung der EU vor dem Zusammenbruch als politische Folge der Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise. Den politischen Auftrag, primär wegen EU-vertragswidriger Fiskalpolitik überschuldete Staaten zu retten, hat sich die EZB zu eigen gemacht: Sie sieht sich inzwischen selbst unzulässigerweise als politische Gestalterin und Protagonistin weiterer EU-Ziele, beispielsweise des Green Deals.

Das „einfache“ Sparen führt nicht mehr zum Erfolg wie in früheren Jahren und private Versicherungsunternehmen werden auf absehbare Zeit keine Rendite mehr für ihre Versicherungsnehmer bzw. Anleger erwirtschaften können. Der Zusammenhang zwischen Rentenanwärtern von privaten Versicherungsleistungen und genereller Altersarmut wird mit dieser Frage suggeriert. (Suggestivfragen sind offenbar Ihr Lieblingswerkzeug.) Diesen Zusammenhang gibt es jedoch so nicht. Der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung beweist dies. Private Versicherungsnehmer mit größeren Versicherungsleistungen sind nicht die von Altersarmut betroffenen, sondern gehören in der Regel zu den Selbständigen oder gutverdienenden Angestellten. Der Schlüssel bei der Verhinderung von Altersarmut liegt darin, möglichst viele Menschen in Arbeit zu verhelfen. Das ist bislang auch sehr gut gelungen, lediglich 3,2 % der Rentner sind auf Grundsicherung angewiesen.

Darüber hinaus ist jedoch der wirkliche Feind aller kapitalgedeckten Alterssicherungssysteme die Europäische Währungspolitik. Die EZB ist eine Karikatur der Bundesbank. Mit der Kombination von weltwirtschaftsgeschichtlich einmaliger Negativzinspolitik und dem Erwerb von mehr als 4 Billionen Staatsanleihen, insbesondere von Staaten mit miserabler Bonität, ist die EZB zu einer Bad-Bank geworden. Eine nationalstaatliche Kompensation für dieses Totalversagen von EU-Organen ist nicht möglich. Die Euro-Währung und das sie tragende System ist gescheitert und muss daher abgeschafft werden. Wenn alle normalen ehrlichen Sparer, insbesondere Kleinsparer, diesen Zusammenhang endlich erkennen würden, würden sich politische Mehrheiten für das Projekt Abschaffung des Euro finden lassen. (Über die Verfassungswidrigkeit des Handelns der EZB erscheint in diesen Tagen eine gutachterliche Darstellung des renommierten Verfassungsrechtlers Paul Kirchhoff.)

B. 2) Durch den Ausbau des Niedriglohnsektors und steigende Lebenshaltungskosten verschulden sich immer mehr private Haushalte (ca. 7 Mio. Haushalte in D. sind überschuldet). Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die zunehmende Verschuldung privater Haushalte einzugrenzen oder zu verhindern?

Hier wird suggeriert, dass die private Verschuldung zunimmt, weil die Lebenshaltungskosten steigen und weil der Niedriglohnsektor größer wird. Beide Behauptungen sind fragwürdig, erst recht die Kausalität.

Die statistischen Probleme bei Niedriglohnsektor sind bekannt. Darüber hinaus sagen Experten ganz klar: „Im Zeitverlauf hat sich die Größe des Niedriglohnsektors seit 2006 wenig verändert – entgegen der allgemeinen Wahrnehmung hat Hartz IV somit nicht für einen Anstieg des Niedriglohnbereichs gesorgt. Zuletzt ist er vor allem in Ostdeutschland etwas geschrumpft, das ergeben die Befunde einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ). „(Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft vom 30.4.2021).

Steigende Lebenshaltungskosten: Der Verbraucherpreisindex hat sich in den letzten 5 Jahren um ca. 8% insgesamt erhöht, das entspricht einer jährlichen Steigerung um rd. 1,55 %.

Zunehmende Verschuldung: die Verschuldung privater Haushalte hat sich entgegen der Fragestellung nicht erhöht, sondern ist lt. Bundesbankstatistik vom 4.6.2021 in den letzten 20 Jahren von 118% auf ca. 90 % des Verfügbaren Einkommens zurückgegangen; auch ohne Berücksichtigung von Wohnungsbaukrediten ist der Rückgang deutlich (https://www.bundesbank.de/resource/blob/601286/03f0515f6e88bf7460b731eb55f36edc/mL/2016-1-08-verschuldung-privat-data.pdf). Ebenso hat sich die Verschuldung der Privaten Haushalte im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt in den letzten 20 Jahren verringert: von rd. 70% auf rd. 55 % https://www.bundesbank.de/resource/blob/615516/ee1c6402158f0d238b19631aef6b7d53/mL/2017-01-verschuldung-nichtfinanzieller-privatsektor-data.pdf). Des Weiteren hat sich die Anzahl überschuldeter Privatpersonen i.H.v. 6,85 Mio. kaum erhöht und ist gegenüber 2005 bis 2007 von über 7 Mio. sogar gesunken (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/166338/umfrage/anzahl-der-schuldner-in-deutschland-seit-2004/#professional).

Im internationalen Vergleich ist die private Verschuldung in Deutschland sehr gering und liegt mit 57,7 % des Verfügbaren Einkommens auf Platz 21 und damit unter dem Durchschnitt und hinter allen anderen vergleichbaren Industrienationen in Europa (https://data.oecd.org/hha/household-debt.htm).

Abschließend lässt sich sagen, dass weder der Niedriglohnsektor größer wird, noch die Lebenshaltungskosten nennenswert gestiegen sind. Damit kann aus diesen beiden Falschbehauptungen auch nicht die dritte Falschbehauptung einer zunehmenden Verschuldung Privater Haushalte geschlussfolgert werden.

Die um das Jahr 2000 eingeführte Privatinsolvenz und weitere gesetzliche Änderungen in den Folgejahren haben sowohl zu einer Erleichterung und Vereinfachung für alle Beteiligten als auch zu einer deutlichen Verkürzung des Verfahrens für Schuldner geführt, so dass wir hier keinen Änderungsbedarf sehen.

B. 3) Sieht Ihr Parteiprogramm vor, bestehende Ungleichheiten in Einkommens- und Vermögensverteilung durch konkrete Maßnahmen zu reduzieren? Wenn ja, welche?

Ökonomische Ungleichheit ist, von Schicksalsschlägen und persönlichen Glücksfällen einmal abgesehen, typischerweise das Ergebnis unterschiedlicher Lebensführung. Das beginnt mit der Disziplinierungsleistung im Bildungs- und Ausbildungsgang und setzt sich in allen weiteren Lebensstationen fort. Der Versuch, die persönliche Leistungsunwilligkeit auf irgendein systemisches Unrecht, die Wirtschaftsordnung oder insgesamt die böse „Gesellschaft“ zu projizieren, ist mindestens so alt wie Marxens Kritik an der „politischen Ökonomie“. Sie ist jedoch genauso unbegründet wie diese.

Sofern Sie sich der Mühe unterziehen, die finanzwirtschaftliche Anatomie unseres Staates genau anzuschauen, um zu erleben, wie relativ wenige Leistungsträger auch die Kostenträger des Systems -auch der über 30 % Sozialkosten gemessen am jährlichen BIP- sind, dann ist die entscheidende Frage die, wie wir in diesem Land die Zahl der Leistungsbürger erhöhen und die Zahl der Kostbürger verringern können. Denn nur von den Ersteren, denen also, die mehr (in erster Linie materielle) Leistungen an den Staat erbringen als sie von ihm beziehen, kann unser Gemeinwesen leben. Dieser Zusammenhang ist eigentlich trivial. Im Gebrüll linker Utopisten ist jedoch fürs Triviale kein Platz. Wir wollen den Eigentumsbürger, den, der Freude an der eigenen Leistung hat und stolz darauf ist, sein Leben selbst in der Hand zu haben statt Tag und Nacht darüber zu grübeln, wie und wo er Transferleistungen ergattern kann, die ja stets Lasten für andere Bürger darstellen. Das ist vielleicht der Kern zwischen rechter und rechtschaffener Politik einerseits und linker mit jedweder Art von moralischen Ansprüchen auftretender Ausbeutungspolitik der Leistungsträger andererseits.

B. 4) Finden Sie die politische Einführung eines Grundrechts auf Arbeit sinnvoll?

Eine solche Forderung ist natürlich Unsinn. Zu jedem Rechtsanspruch gehört ein Anspruchsgegner. Wer soll denn der Anspruchsgegner sein, dem gegenüber jedermann dieses Recht haben und durchsetzen können soll. Sie werden antworten: Der Staat. Der kann es natürlich nicht, es sei denn er monopolisiert das gesamte Wirtschaftssystem. Das hatten wir schon. Und das Ergebnis sollte jedermann bekannt sein. Da Sie also keinen tauglichen Anspruchsgegner finden werden, sollten Sie von solchem Unsinn sofort Abstand nehmen.

B. 5) Welche Konzepte für die Finanzierung öffentlichen, nachhaltigen und gemeinnützigen Wohnungsbaus halten Sie für zielführend?

Das frühere Konzept des sozialen Wohnungsbaus war allenfalls gut gemeint. Wenn man nur das Problem der Fehlbelegung ins Auge fasst, das Ihnen möglicherweise bekannt ist, dann ist klar, dass die Förderbürokratie, wie fast immer bei Subventionen, keine nachhaltige Lösung für nichts und dafür viel Missbrauch geschaffen hatte. Nicht zuletzt wegen dieser und anderer Einsichten ist das Projekt „sozialer Wohnungsbau“ politisch ziemlich einvernehmlich vor Jahren beendet worden.

Der Schlüssel zur Versorgung möglichst viele Menschen mit möglichst guten Wohnungen ist zunächst einmal, dass man das Verhältnis von Einwohnern zu den Wohnmöglichkeiten ins Auge fasst. Bekanntlich ist unser dicht besiedeltes Land mit allen ökologischen Problemen, die sich daraus zwangsläufig ergeben, gar nicht in der Lage „nachhaltig“ jährlich hunderttausende von Wohnungen zu bauen, um etwa mehrere Millionen Migranten ordentlich unterzubringen. (Zweihunderttausend pro Jahr, die der Bundesregierung zusätzlich für alle Zukunft vorschweben, benötigen jährlich eine neue Großstadt, die neu errichtet werden muss, ob irgendwo angebaut oder auf einer bis dahin grünen Wiese, ist dabei ziemlich gleichgültig.) Wen auch diese triviale Erkenntnis nicht interessiert, der produziert Wohnungsprobleme, wie wir sie -insbesondere im großstädtischen Bereich- auch tatsächlich haben. Eine Lösung kann daher sicher nicht dadurch gefunden werden, dass neben den ca. 50 Mrd. Euro jährlichen Kosten an Transferleistungen nur an Migranten auch dauerhaft staatliche Subvention für die Schaffung von Wohnraum geleistet werden. Das kann sich kein Staat leisten, selbst wenn er Venezuela-Politik betreibt, die bekanntlich dazu führt, dass sich der Staat gar nichts mehr leisten kann.

Wir befinden uns also ökologisch und ökonomisch in einer Sackgasse. Solche einfachen und logischen Zusammenhänge interessieren jedoch die etablierte Politik und wahrscheinlich auch Sie nicht. Wenn wir also möglichst viele sich selbst versorgende Bürger haben, uns Bocksprünge bei der Zahl der mit Wohnungen zu versorgenden Menschen ersparen und einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt anstreben, dann haben wir eine Chance auf möglichst viel Zufriedenheit von möglichst vielen Bürgern.

Und in Fällen der persönlichen Not, die es natürlich immer gibt und geben wird, ist der Königsweg die Subjektförderung und sicher nicht die Staatssubvention von unrentablen Großprojekten.

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