Frage an Agnieszka Brugger von Hubert E. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag,
seit Monaten ärgere ich mich darüber, dass sich unsere gewählten Vertreter im Bundestag von Lobbyisten der Großindustrie "an der Nase herum führen lassen" oder - was noch viel schlimmer wäre - "kaufen lassen".
Wie sonst lässt es sich erklären, dass unser Bundeswirtschaftsminister und Vice-Kanzler akzeptiert und unterstützt, dass internationale Verträge wie TTIP so geheim gehalten werden, dass nicht einmal vom Volk mehrheitlich gewählte Bundestagsabgeordnete frei darin lesen dürfen?
Sollen die Bürger unseres Landes mal wieder regelrecht "verkauft" werden?
Wer bestimmt eigentlich noch über unsere Zukunft? Amerikanisch-deutsche Multis oder unsere Legislative?
Ähnlich wie beim Verkauf von öffentlichen Dienstleistungen wie z. B. Wasser- und Abwasserversorgung von Städten und Kreisen an private "Investoren" gehen wir m.M.n. offenen Auges Verträge ein, die dann nachträglich mit einem verschämten "Uups - so hatten wir uns das nicht gedacht" mit viel Geld wieder rückgängig gemacht werden - soweit noch möglich.
Bitte tun Sie alles, einer solchen Entwicklung gegenzusteuern.
Mit freundlichen Grüßen
H. Egelhofer
Sehr geehrter Herr Egelhofer,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 1. Februar 2016.
Seit Beginn der TTIP-Verhandlungen Mitte 2013 setzen wir Grüne uns mit Nachdruck und scharfer Kritik für mehr Transparenz ein. In einer Demokratie dürfen solche relevanten Verhandlungen und Entscheidungen nicht unter dem kompletten Ausschluss der Öffentlichkeit in Hinterzimmern stattfinden.
Wir haben immer wieder Einsicht in die TTIP-Texte gefordert. Nur so sind wir als Abgeordnete in der Lage, diese zu bewerten und die Regierung wirksam zu kontrollieren. Es mag ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sein, dass Bundestagsabgeordnete und VertreterInnen der Länder die konsolidierten Texte seit dem 1. Februar 2016 nun endlich einsehen können. Doch damit kommt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dem berechtigten Anliegen vieler BürgerInnen nach mehr Transparenz und einer kritischen öffentlichen Debatte bei Weitem nicht nach.
Zudem wird die Einsicht für die ParlamentarierInnen massiv reglementiert und damit erheblich erschwert: Abgeordnete stehen im Leseraum permanent unter Aufsicht und es ist ihnen rechtlich untersagt, mit ExpertInnen und BürgerInnen über die Inhalte der Dokumente zu sprechen. Zusätzlich wird die Einsicht der anspruchsvollen, Texte zeitlich auf zwei Stunden begrenzt. Eine umfassende Sichtung der Dokumente ist in dieser kurzen Zeit kaum zu bewältigen.
Wir werden als Grüne im Bundestag und dem Europäischen Parlament nicht nachlassen und sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Kommission immer wieder auffordern, möglichst zeitnah, umfassend und transparent über die Verhandlungsergebnisse zu berichten. Nur nach einer ausführlichen öffentlichen Debatte können die grundlegenden Entscheidungen der TTIP-Verhandlungen verantwortungsvoll getroffen werden.
Transparenz ist notwendig und erforderlich, damit die BürgerInnen sich ein eigenes Bild machen, Entscheidungen kritisch hinterfragen und nachvollziehen können, wie die von ihnen gewählten Bundestagsabgeordneten ihre Entscheidungen treffen und welche Argumente, Überzeugungen und Werte sie dabei leiten.
Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger