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Agnieszka Brugger
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Agnieszka Brugger von Wolfgang R. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Brugger!

In der schon recht lange dauernden Phase der Niedrigzinsen gehen fast alle Banken intensiv dem Geschäft mit dem überzogenen Bereitstellungszins von 3 % (unverändert seit 30 Jahren) für Hypothekardarlehen nach, obwohl der Darlehenszins unter 2 % liegt. Ich finde es absurd, dass für Geld, was die Bank nicht auszahlt und wahrscheinlich für weitere Kredite nutzt, ein höherer Zins zu zahlen ist, als für den ausgezahlten Betrag. Wie sehen Die Grünen das?
Darlehen für Neubauten und Renovierungsarbeiten werden nur gegen entsprechende Rechnungen ausgezahlt. Das führt bei Neubauten zu mehreren Tausend Euro Kosten wie in Finanztest 12/14 S. 58 / 59 beschrieben. Es betrifft aber auch die Kreditnehmer für größere Renovierungs- und Sanierungsarbeiten, weil sie über einen längeren Zeitraum (auch um § 35a EStG zu nutzen) stattfinden. Es ist eine gute Vorgabe der Politik, die Handwerker durch dieses Steuergesetz zu fördern. Ist es aber von der Politik tatsächlich gewünscht, dass dadurch die Banken mehr Profit machen? Wenn nicht, so sollte im Rahmen der Bankenregulierung eine angemessene Vorgabe für einen Bereitstellungszinssatz eingeführt werden, welche eine Überschreitung eines bestimmten Anteils (z. B. 30 % wie Anfang der Neunzigerjahre oder 50 % zu Beginn dieses Jahrtausends) am Darlehenszins verhindert. Was halten Die Grünen von meinem Vorschlag?
Laut Finanztest nehmen fast alle Banken, Sparkasse und Versicherer den Einheitszins von 3 %. Für mich sieht das wie eine Preisabsprache aus, gegen die das Kartellamt eigentlich einschreiten müsste. Wie sieht das Ihre Partei oder läuft schon ein Verfahren?

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für 2015,
Wolfgang Richter

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 05. Januar 2015.

Sie kritisieren zu Recht die undurchsichtige Kostengestaltung bei der Vergabe von Immobiliendarlehen. Bereitstellungszinsen müssen bezahlt werden, wenn ein Kreditvertrag abgeschlossen ist, das Darlehen selbst aber noch nicht ausbezahlt ist. Diese Kosten müssen bei einem Immobilienkauf von den VerbraucherInnen in die Gesamtrechnung aufgenommen werden können, denn sie tragen das Risiko, dass sich z.B. die Verhandlungen bei einem Immobilienkauf möglicherweise verzögern oder sich die Fertigstellung eines Neubaus hinzieht. Jedoch wird der Bereitstellungszins nicht bei der Berechnung des Effektivzinses berücksichtigt, sodass sich ein Immobiliendarlehen erheblich verteuert, ohne, dass diese Verteuerung sofort ersichtlich ist.

Das ist eine äußerst intransparente Kostengestaltung, die auch schon von den Verbraucherzentralen kritisiert worden ist. Insofern kann eine gesetzliche Regelung, wonach der Bereitstellungszins den Darlehenszins nicht überschreiten darf, grundsätzlich sinnvoll sein. Am wichtigsten wäre aber zunächst die Transparenz für die VerbraucherInnen sicherzustellen. Bereitstellungszinsen dürfen nicht nur im Kleingedruckten auftauchen, denn die VerbraucherInnen müssen wissen, welche Kosten insgesamt auf sie zukommen können. Durch eine solche Klarheit bei den Kosten ließe sich auch ein marktgerechter Wettbewerb zwischen den Finanzinstituten herstellen, der ein gesetzliches Eingreifen erübrigen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Agnieszka Brugger

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