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Agnes Thanbichler
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Frage von Stefan H. •

Frage an Agnes Thanbichler von Stefan H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Thanbichler,

besonders Ihre Partei will sich für mehr direkte Demokratie, auch auf Bundesebene einsetzen. Hierzu hätte ich einige Fragen:

Denken Sie dass der Souverän wirklich souverän ist? Oder ist es nicht vielmehr eine Entscheidung, welche dann durch die Medien getroffen wird? Denn woher bekommt der Souverän seine Informationen um ein Urteil bilden zu können? Wie sehen Sie hier die Rolle und die Macht der Medien?

Sehen sie den Wähler immer in der Lage einen komplexen Sachverhalt, wie z.B. eine Änderung im Gesetzestext, in letzter Konsequenz zu verstehen? Persönlich fand ich das beispielsweise bei der letzten Landtagswahl schwierig, ebenso denke ich dass es doch für genau solche Fragen gewählte Repräsentanten gibt, die Expertenwissen besitzen und auch hierfür bezahlt werden. Als Bürger will ich mich nicht damit auseinandersetzen.

Sehen sie auch die Gefahr, dass nicht über den Inhalt sondern über etwas ganz anderes abgestimmt wird? Bestes Beispiel BREXIT. Dort wurde offensichtlich über die Einwanderungspolitik abgestimmt, welche nur einen kleinen Teil der Europäischen Union ausmacht. Dies ist m.E. auch wieder ein Problem der Medien, denn mit Panikmache und markigen Sprüchen lässt sich die Auflage steigern und die Einwanderungspolitik bietet sich hier an.

Und zuletzt betreibt die CSU Direkte Demokratie auf Landesebene ja so, dass sie nur einen Teil der Bevölkerung befragt und damit auch das Ergebnis beeinflussen kann (Flughafen / Olympia). Wie kann man sich vor solchen Methoden schützen?

Also allgemein: Sehen Sie auch diese Probleme und haben Sie Vorschläge, wie man diese in einer "direkteren Demokratie" in den Griff bekommen kann?

Vielen Dank im voraus für Ihre Zeit,
Beste Grüße S. H.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr H.,

ich will mich bemühen,Ihre Fragen ausreichend zu beantworten.

Unsere Partei hat mit dem Instrument der direkten Demokratie in Bayern sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir haben viele VBs eingeleitet, erfolgreich waren die Abschaffung des Senats und der konsequente Nichtraucherschutz. Dabei war es durchweg nicht so, dass die Medien das entschieden haben, da sie unparteiisch, bis der Gegenseite geneigt agiert haben. Die von Horst Seehofer gewünschten Volksbefragungen sind eine Augenwischerei, lediglich Stimmungsbilder, aber keine Volksbegehren. Diese sind das zweite, mögliche Organ zur Gesetzgebung neben dem Parlament. Die Vorlagen müssen auf die Verfassungstreue rechtlich geprüft sein, die Argumentation sachlich korrekt erfolgen.

Der Bürger ist laut Verfassung der Souverän in einer Demokratie. Das bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen und ich traue das den Menschen zu, wenn sie ehrlich und transparent informiert werden.

Warum soll das nur in großen Zeitabständen bei Wahlen möglich sein und nicht bei vielen Themen auch mittels direkter Beteiligung. Unserer Ansicht nach ist die Demokratie durch den ausufernden Einfluß von Lobbyisten aus der Finanzindustrie und den Konzernen unmittelbar bedroht. Dem müssen wir Bürger/innen etwas entgegen setzen können. Vielleicht sind dann auch Gesetzestexte auch wieder von den Menschen, die sie betreffen, zu verstehen!

Sind Parteien, die großzügig mit Finanzmitteln aus der Wirtschaft bedient werden wie jetzt wieder im Wahlkampf, wirklich mit unabhängigen Expertisen unterwegs? Da müsste man schon sehr naiv sein, um das zu glauben.

Aus gutem Grund haben wir uns als Partei verpflichtet, keine Firmenspenden anzunehmen. Wir wollen unabhängig arbeiten können.

Der "Brexit" hat wohl nicht nur eine Ursache, sondern war meiner Ansicht nach auch das Ventil einer langen, gesellschaftlichen Entwicklung in Grossbritannien und auch der EU. Dass Missbrauch dort nicht nur von den Medien, sondern massiv von der Politik erfolgt ist, lässt sich wohl auch nicht bestreiten. Er sollte vor allem eine Mahnung sein, die Euopäische Union hin zu mehr Transparenz und Demokratie zu entwickeln.

Mit freundlichem Gruß

Agnes Thanbichler