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Achim Großmann
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Frage von Jens W. •

Frage an Achim Großmann von Jens W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Großmann,

Ich beziehe mich mit meinem Anliegen auf ihre Antwort zur Frage von Herrn Dreßen bzgl. Kinderpornographie und Internetsperren.

- Es gibt einen Verein von Mißbrauchsopfer gegen Internetsperren namens MOGIS (erreichbar unter http://mogis.wordpress.com/ ).
- Außerdem ist das Umgehen einer DNS Sperre mit dem Eintrag von 4 Zahlensätzen (max drei Ziffern pro Satz) in den TCP/IP Eigenschaften einer Internetverbindung eine Sache von Sekunden und selbst für Laien problemlos durchführbar.
- Desweiteren werden laut Gesetzentwurf diejenigen Internetnutzer, die auf einer "Stopp-seite" landen, gespeichert und an das BKA weitergegeben, was den Passus auf der "Stopp-Seite", dass dies nicht direkt vom BKA durchgeführt wird ad absurdum führt.

Weder ist eine richterliche Prüfung der eingetragenen Seiten vorgesehen, noch kann eine Berichterstattung darüber erfolgen, da die Sperrliste der Geheimhaltung unterliegt.

Um von der MOGIS website zu zitieren:
"Handeln statt Wegschauen: Löschen statt Sperren!"

Um es bildlich darzustellen, bedeutet eine Internetsperre einfach nur einen Mantel über das Problem zu legen, statt dieses anzugehen. Es gibt KiPo-Server IN Deutschland, die sogar auf Sperrlisten anderer Länder auftauchen und es passiert rein garnichts. Der NDR hat dazu in seiner Sendung ZAPP einen passenden Beitrag:
http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/media/zappinteraktivinternetsperren100.html

Entschuldigen sie bitte diese ausführliche Einführung. Nun zu meiner Frage, unabhänig ob es sich um Kinderpornographie, Glücksspiel, Jugendschutz, Urheberrecht, oder sonst etwas geht. Befürworten sie Internetsperren, also eine Zensur des Netzes, oder lehnen sie diese konsequent ab?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weser,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu Internetsperren und den Umgang mit Kinderpornographie im Internet. Grundsätzlich bin ich weder für noch gegen Internetsperren. Solche Maßnahmen müssen im Einzelfall und im Hinblick auf ihre Rechtsstaatlichkeit und Wirkung sehr genau geprüft werden.
Zu dem geplanten Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie, auf das Sie sich in Ihrer Frage beziehen:
Die SPD-Bundestagsfraktion ist sich darüber im Klaren, dass der wirksame Kampf gegen die Kinderpornographie eine Vielzahl von Maßnahmen erfordert. Die so genannte „Sperrung“ von Internetseiten kann unter bestimmten Voraussetzungen eine sinnvolle Maßnahme sein. Es ist uns auch klar, dass die Sperre umgangen werden kann, weshalb im Gesetzentwurf lediglich von einer Erschwerung gesprochen werden sollte.
Der zuständige Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat am 27. Mai 2009 Vertreter der Internet-Community in einer öffentlichen Anhörung um ihre Einschätzung gebeten. Die SPD stimmt den Experten in vielen Kritikpunkten zu und ist der Meinung, dass der Gesetzentwurf nachgebessert werden muss.

Neben weiteren Punkten haben wir innerhalb der SPD Bundestagsfraktion über wichtige Änderungsforderungen bereits Einigkeit erzielt:
1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips:
Das BKA soll bei Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten verpflichtet werden, zunächst die Host-Provider zu kontaktieren, damit die Seiten gelöscht werden. Erst wenn das erfolglos bleibt, soll die Seite auf die Sperrliste gesetzt werden dürfen.
2. Richterliche Überprüfung:
Betroffene Seiten-Anbieter und Host-Provider sollen eine Benachrichtigung und eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Aufnahme auf die Sperrliste erhalten. Im Fall des Widerspruchs soll eine richterliche Kontrolle stattfinden, sofern das BKA die Sperrung fortführen will.
3. Datenschutz: Da das Gesetz der Prävention dient, sollen Daten, die bei der Sperrung und der einzurichtenden Stoppseite anfallen, nicht zum Zwecke der Strafverfolgung genutzt werden dürfen. Seitens des BKA wurde in der Anhörung bestätigt, dass die anfallenden Daten nicht benötigt werden.
4. Spezialgesetzliche Regelung:
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie beabsichtigt ist, nicht jedoch von anderen Inhalten, fordern wir ein Spezialgesetz statt der bislang vorgesehenen Regelung im Telemediengesetz. Dies würde auch der systematischen Klarheit dienen. Wir haben unsere Forderungen inzwischen an die Unionsfraktion herangetragen und werden in den weiteren Verhandlungen auf deren Umsetzung drängen.

Mit unseren Kernforderungen greifen wir die wesentlichen Kritikpunkte der Experten auf, die sich aus der gestrigen Anhörung ergeben haben. Zudem tragen wir Bedenken Rechnung, die in den vergangenen Wochen intensiv innerhalb der Internet-Community diskutiert wurden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat von Beginn an deutlich gemacht, dass wir nur eine gesetzliche Regelung auf klarer rechtsstaatlicher Grundlage mittragen werden.
Bei unserem entschiedenen Einsatz gegen Kinderpornografie ist uns zudem wichtig, die Internet-Community aktiv mit einzubinden. Deshalb haben wir in den vergangenen Tagen mit einigen Vertreterinnen und Vertretern aus diesem Bereich Gespräche geführt. So haben sich Vertreter der SPD-Fraktion und des SPD-Parteivorstandes mit dem Chaos Computer Club (CCC) sowie Frau Franziska Heine getroffen, die eine kritische Petition eingebracht hat, der sich inzwischen mehr als 100.000 Internetnutzer angeschlossen haben. Die SPD nimmt deren Bedenken und Anregungen sehr ernst. Der wichtige Kampf gegen kinderpornografische Inhalte im Internet wird umso erfolgreicher sein, wenn es gelingt, Unterstützung aus der Community zu gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen

Achim Großmann