GroKo: abgeordnetenwatch.de wirft SPD Einknicken bei Lobbyregister vor

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Hamburg/Berlin - Wie heute bekannt wurde, hat die letzte Verhandlungsrunde von Union und SPD das verbindliche Lobbyregister aus einem vorherigen Entwurf des Koalitionsvertrags gestrichen. Damit wird es beim Zustandekommen einer Großen Koalition weiterhin keine wirkungsvollen Transparenzregeln für Lobbyisten geben.

abgeordnetenwatch.de-Sprecher Roman Ebener kommentiert: "Durch das Einknicken der SPD werden Lobbyisten weiterhin unbehelligt schalten und walten können. Ein verbindliches Lobbyregister wäre möglich gewesen, doch die SPD hat dieses wichtige Thema geopfert."

Noch am Dienstag stand die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters in einem Verhandlungspapier von Union und SPD, es war eines der strittigen Punkte gewesen. Der Formulierungsvorschlag der SPD entsprach dabei fast exakt der Formulierung aus dem Jamaika-Sondierungspapier*. Dort hatte die Union dem Lobbyregister bereits zugestimmt.

Nun haben LINKE und GRÜNE einen Gesetzentwurf für ein Lobbyregister auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt. Am 22. Februar soll in erster Lesung beraten werden:

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw08-de-lobbyregistergesetz/542308

Die Notwendigkeit eines Lobbyregisters wurde erst letzte Woche durch eine Recherche von abgeordnetenwatch.de erneut deutlich. Demnach verfügen die deutschen Großkonzerne über beträchtliche Lobbybudgets. Den Recherchen zufolgen gaben die DAX-30-Unternehmen 2017 in den USA über 40 Mio Euro für Lobbyismus aus. Anders als in Deutschland müssen die Konzerne dort Angaben über ihre Lobbyaktivitäten machen.

https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2018-02-01/Deutsche-Grosskonzerne-gaben-ueber-40-Mio.-Euro-fuer-Lobbyismus-aus-allein-in-den-USA

 

Hintergrund:

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abgeordnetenwatch.de fordert die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters. 2015 erwirkte die Organisation durch eine Klage die Offenlegung von Lobbyisten-Hausausweisen für den Bundestag:

https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/lobbyliste

2016 startete abgeordnetenwatch.de eine Petition zur Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters, die bis heute von über 220.000 Menschen gezeichnet wurde:

https://www.abgeordnetenwatch.de/stoppt-geheimen-lobbyismus

2017 legte abgeordnetenwatch.de zusammen mit LobbyControl einen Gesetzentwurf für ein wirkungsvoll Lobbyregister vor:

https://www.abgeordnetenwatch.de/lobbyregister-jetzt

 

Ein Lobbyregister muss auf jeden Fall:

- Online frei zugänglich sein

- Angaben zu Budget, Anzahl der Mitarbeiter und Kontaktdaten enthalten

- Die verantwortliche Akteure benennen

- Offenlegen, auf welche Vorgänge Einfluss genommen werden soll, zum Beispiel Gesetzesvorhaben

- Dokumentieren, welche Entscheidungsträgerinnen und –träger kontaktiert worden sind und die jeweiligen Zeitpunkte veröffentlichen.

- Fehlverhalten sanktionieren.

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* Die Formulierungen aus den Papieren:

Formulierung aus dem Entwurf Stand 05.02. 11:30, S. 38

(im Original gelb markiert) "Strittig intern: Formulierungsvorschlag SPD: Wir wollen mit einem verpflichtenden Lobby-Register Transparenz schaffen ohne wirksames Regierungshandeln oder die freie Ausübung des parlamentarischen Mandats einzuschränken. [Entscheidung notwendig]"

 

Und im Papier der Jamaika-Sondierungen (Innen, Sicherheit, Rechtsstaat):

"Wir wollen ein verpflichtendes Lobbyregister betreffend die Interessenvertretung gegenüber Parlament und Regierung einführen und damit Transparenz schaffen, ohne wirksames Regierungshandeln oder die freie Ausübung des parlamentarischen Mandats einzuschränken."