Die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz hat im Zusammenhang mit ihrer Nebentätigkeit für eine aus Aserbaidschan finanzierte Lobby-Firma die Unwahrheit gesagt. Das berichtet die unabhängige Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de.
Vier Tage vor der Bundestagswahl hatte Strenz in einem öffentlichen Statement angegeben, im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die Firma Line M-Trade des Aserbaidschan-Lobbyisten und früheren CSU-Staatssekretärs Eduard Lintner "allen rechtlichen Transparenzanforderungen" nachgekommen zu sein. „Die Einkünfte hieraus habe ich entsprechend der Geschäftsordnung beim Bundestagspräsidenten ordnungsgemäß angezeigt sowie ordentlich versteuert," schrieb Strenz am 20. September 2017. "Allen rechtlichen Transparenzanforderungen wurde damit Genüge getan."
Nun räumte sie gegenüber abgeordnetenwatch.de ein, Angaben zu ihrem Aserbaidschan-Job, den sie zwischen November 2014 und Januar 2015 ausgeübt hatte, „verspätet“ gemacht zu haben. Dass sie somit gegen die Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages verstoßen hatte, war Strenz demnach schon Anfang 2016 bekannt.
Roman Ebener, Sprecher der Transparenzinitiative abgeordnetenwatch.de: “Frau Strenz hat die Öffentlichkeit zu ihrem dubiosen Aserbaidschan-Job belogen. Sie sollte ihr Mandat zurückgeben und Platz machen für einen ehrlichen Abgeordneten.“
Die CDU-Abgeordnete will am 22. Februar 2016 Angaben zu ihrer Aserbaidschan-Tätigkeit bei der Bundestagsverwaltung gemacht haben. Auf die verspätete Anzeige sei sie damals sogar „von dem zuständigen Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung … hingewiesen“ worden, räumte Strenz am Mittwochnachmittag gegenüber abgeordnetenwatch.de ein. Dies, so Strenz, sei “ein handwerkliches aber kein beabsichtigtes Versäumnis” gewesen.
Strenz begründet die verspätete Meldung im Februar 2016 damit, dass ihr „zu diesem Zeitpunkt erstmals die Steuererklärung meines Steuerberaters“ vorlag. Die Steuererklärung ist jedoch vollkommen unerheblich für die korrekte Meldung von Nebeneinkünften. Denn entscheidend sind laut Verhaltensregeln allein die Bruttozuflüsse, relevant ist deswegen der Tag des Zahlungseingangs. In dem Regelwerk heißt es: "Anzeigen nach den Verhaltensregeln sind innerhalb einer Frist von drei Monaten [...] nach Eintritt von Änderungen oder Ergänzungen während der Wahlperiode dem Präsidenten einzureichen." Strenz hätte ihre im November 2014 aufgenommene Tätigkeit somit spätestens im Februar 2015 beim Bundestag gemeldet haben müssen. Die Einkünfte daraus - insgesamt zwischen 14.000 und 30.000 Euro - hätten jeweils drei Monate nach Zahlungseingang angezeigt werden müssen.
„Dass Frau Strenz als langjährige Bundestagsabgeordnete die Transparenzpflichten angeblich nicht gekannt hat, ist vollkommen unglaubwürdig“, sagte Roman Ebener am Donnerstag. So erhielten Abgeordnete beispielsweise zu Beginn einer Wahlperiode einen umfangreichen, sog. „Wegweiser“, in dem auch auf die Meldepflichten bei Nebentätigkeiten und -einkünften hingewiesen wird. Darin heißt es, Abgeordnete hätten sich „in Zweifelsfällen durch Rückfragen beim Präsidenten über den Inhalt ihrer Pflichten zu informieren.“
Trotz ihres Verstoßes gegen die Verhaltensregeln dürfte die CDU-Abgeordnete Karin Strenz ohne Sanktionen davon kommen. Die Bundestagsverwaltung stufte ähnliche Fälle in der Vergangenheit stets als minder schwer bzw. als leichte Fahrlässigkeit ein, dies wurde nicht sanktioniert. Bei schweren Pflichtverletzungen kann vom Bundestagspräsidenten eine Strafzahlung „bis zur Höhe der Hälfte der jährlichen Abgeordnetenentschädigung“ verhängt werden, wie es in den Verhaltensregeln heißt.
Weitere Informationen:
Strenz sagte zu Aserbaidschan-Job die Unwahrheit
Hintergrund:
abgeordnetenwatch.de, SZ und WDR hatten am 25. Oktober 2017 erstmals auf Ungereimtheiten bei der Angabe der Nebentätigkeiten für Line M-Trade durch Karin Strenz hingewiesen. Den Recherchen zufolge war die brisante Tätigkeit frühestens Anfang Oktober 2016 auf der Bundestagshomepage erschienen. Dies lässt sich durch Abbilder der Seite belegen. Auf eine Anfrage vom 23. Oktober 2017 zu der verspäteten Veröffentlichung reagierte Strenz zunächst nicht. Am gestrigen Mittwochnachmittag nahm sie nun erstmals Stellung zu dem Sachverhalt.
Auf die Frage, ob sie ihre Aussage vom 20.9.2017, “allen Transparenzanforderungen” seien im Zusammenhang mit der Line M-Trade Genüge getan worden, aufrecht erhalte, ging Strenz in ihrer Stellungnahme von Mittwochnachmittag nicht ein.