Der Entwurf sieht vor, das jährliche Gesamtvolumen der staatlichen Mittel, das allen Parteien insgesamt ausgezahlt werden darf (absolute Obergrenze), von derzeit 165 Millionen Euro auf 190 Millionen Euro anzuheben. Die Verfassung spricht den Parteien in Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 GG bei der Willensbildung des Volkes eine zentrale Rolle zu. Die bestehende absolute Obergrenze sei aber inzwischen zu gering angesetzt, um der Erfüllung der aufgetragenen Aufgaben gerecht zu werden. Insbesondere durch die Digitalisierung der Kommunikationswege und Medien habe sich eine Vielzahl neuer politischer Foren entwickelt, auf denen die Parteien entsprechend der von der Verfassung übertragenen Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes präsent sein müssten.
Der Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD angenommen. Die restlichen Fraktionen stimmten geschlossen dagegen, vier Abgeordnete der Regierungsfraktionen enthielten sich. Michael von Abercron (CDU/CSU) stimmte auch gegen den Entwurf (Begründung hier nachlesen).
Ansgar Heveling (CDU) wies auf die unentbehrliche Funktion der Parteien für die parlamentarische Demokratie hin. Sie seien das Scharnier zwischen Wähler*innen und Politik. Hinter der staatlichen Parteienfinanzierung stünde der Gedanke, dass alle Meinungen im Parteienspektrum vertreten sein sollten und dabei die gleichen Chancen hätten. Es sei ein System für die Parteienfinanzierung geschaffen worden, das eine kluge Balance zwischen eigenständiger Mitteleinwerbung und staatlicher Finanzierung schaffe. Die Höhe der staatlichen Einnahmen sei selbstverständlich abhängig von der gesellschaftlichen Verwurzelung, also vor allem vom Wahlerfolg. Dies stelle sicher, dass Parteien nicht ausschließlich auf private Mittel angewiesen und dadurch unabhängiger seien. Auf der anderen Seite seien Parteien aber auch keine Staatseinrichtungen, sondern privatrechtlich als Vereine organisiert. Damit die Staatsfreiheit der Parteien gewährleistet sei, könnten Parteien nie mehr staatliche Mittel bekommen, als sie selbst beisteuerten. Um Bürgernähe und Dialog auch im Zeitalter digitaler Kommunikation zu ermöglichen, bedürfe es einer Anhebung der absoluten Obergrenze von 165 auf 190 Millionen.
Thomas Seitz (AfD) warf der SPD vor, die wahren Gründe für die Anhebung der Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung zu verschweigen. Digitalisierung erspare mehr Kosten als sie verursache. Um nach verlorenen Wahlen ihre Finanzen aufzubessern, wolle die SPD nun mehr Geld vom Staat.
Mahmut Özdemir (SPD) warf der AfD vor, durch finanzielle Zuwendungen aus Russland beeinflusst zu sein. Sie habe keinen Bedarf für staatliche Zuwendungen, da sie über zwielichtige Finanzquellen verfüge. Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses habe sie sich nicht eingebracht, obwohl sich die vorgelegten Änderungen nur auf zwei wesentliche Punkte bezögen: erstens die Erhöhung des absoluten Höchstbetrages und zweitens die Festsetzung in Höhe von 190 Millionen Euro zum Jahre 2019. Langwierige Gesetzgebung sei nicht immer gute Gesetzgebung, und gute Gesetzgebung sei nicht immer langwierig. Die Erhöhung reagiere darauf, dass obwohl ein höherer Anspruch (durch eigene Einnahmen und Wählerstimmenkonto berechnet) bestehe, die absolute Höchstgrenze zur Kappung von tatsächlich bestehenden Ansprüchen führe. Den Regierungsparteien nun unmoralisches Verhalten vorzuwerfen, sei verlogen.
Dr. Hermann Otto Solms (FDP) kritisierte, die Regierungskoalition habe die Forderung nach Anhebung der absoluten Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung inhaltlich nicht ausreichend begründet. Die angeblich anfallenden Kosten von zusätzlich 25 Millionen Euro seien nicht plausibel vorgerechnet worden. Die Ansprüche der SPD und der CDU überschritten die absolute Obergrenze nur, weil eben diese Parteien die Ansprüche für jede Wähler*innenstimme und jeden Euro aus Spenden und Beiträgen im Jahre 2015 erhöht hätten. Was damals wegen der Deckelung durch die Obergrenze keinen Sinn gemacht habe, sei nun zum Nutzen der Parteien. Da Union und SPD bei der Bundestagswahl Millionen an Stimmen verloren hätten, müsste auch ihr Anteil an der staatlichen Finanzierung sinken. Mit einem frechen Griff in die Kasse der Steuerzahler wollten sie sich genau dieser Konsequenz entziehen.
Jan Korte (DIE LINKE) rief dazu auf, das geplante Gesetz zurück zu ziehen und einen runden Tisch unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert einzurichten, um eine Reform der Parteienfinanzierung anzugehen. In Zeiten, in denen es ein grundsätzliches Akzeptanzproblem für die parlamentarische Demokratie gäbe, bräuchte es eine Reform der Parteienfinanzierung. Es bräuchte ein Verbot von Unternehmensspenden an Parteien und ein Lobbyistenregister. Zwei Drittel der Menschen in diesem Land hätten kein Vertrauen mehr in die Parteien. Ein relevanter Teil der Menschen wende sich von der Politik ab. Politik dürfe nicht käuflich sein.
Britta Haßelmann (DIE GRÜNEN) betonte, das Gesetzgebungsverfahren verstoße gegen alle Gepflogenheiten, die in Sachen Parteienfinanzierung im Bundestag zwischen den demokratischen Fraktionen bestünden. Es sei kein Kontakt zu den anderen Fraktionen gesucht worden. Mit der Darlegungspflicht und der Begründungspflicht, die das Bundesverfassungsgericht für Anhebungen der Parteienfinanzierung fordere, werde fahrlässig umgegangen. Die Begründung für die Erhöhung der absoluten Obergrenze sei nicht ausreichend. Stichworte wie "Digitalisierung", "Mitgliederentscheide" und "soziale Medien" reichten hier nicht aus. Partei-Sponsoring, Veröffentlichungsregeln und Transparenzregeln bei Parteienfinanzierung würden von Union und SPD nicht thematisiert.
Frauke Petry (fraktionslos) begrüßte die Debatte über die aus ihrer Sicht übereilte und unnötige Erhöhung der absoluten Grenze bei der Parteienfinanzierung. Eine Reform der Parteienfinanzierung sei nicht realistisch, da die Parteien von den bestehenden Regeln und Lücken zu sehr profitierten. Es bräuchte zukünftig mehr Möglichkeiten für Bürger, außerhalb von Parteien für Parlamente zu kandidieren.
Unseren Hintergrundartikel zur Parteienfinanzierung finden Sie hier.