Wahlwiederholung Berlin
Und wieder wählt Berlin:

Wiederholung zur Bundestagswahl in Berlin 2024

Alle Jahre wieder - Berlin darf an die Urne. Bereits zum dritten Mal innerhalb von eineinhalb Jahren wird zumindest ein Teil der Hauptstädter:innen zur Wahlurne gebeten. Noch bevor am 9. Juni die Europawahl ansteht, muss die Bundestagswahl vom 26. September 2021 in einigen Berliner Bezirken wiederholt werden.

von Alexander Kukuk, 15.01.2024

Was ist passiert?

Am 26. September 2021 war Superwahltag in Berlin: Neben der Bundestagswahl wurde über die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen und das Berliner Abgeordnetenhaus abgestimmt. Aufgrund diverser Unregelmäßigkeiten im Ablauf der Wahlen, unter anderem fehlende Stimmzettel, lange Warteschlangen und Stimmabgabe nach der Hochrechnung, wurde bereits am 12. Februar 2023 die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vollständig wiederholt. Schon lange stand fest, dass auch die Bundestagswahl in einigen Berliner Wahlbezirken erneut abgehalten werden muss. Nachdem der Bundestag im November 2022 beschlossen hatte, dass in 431 von 2256 Berliner Wahlbezirken aufgrund von gravierenden Verstößen gegen den Wahlablauf die Stimmabgabe wiederholt werden muss, legte die CDU/CSU Bundestagsfraktion Wahlprüfungsbeschwerde ein. Am 19. Dezember 2023 hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe endgültig geurteilt: in 455 Wahlbezirken wird die Wahl nun vollständig wiederholt.

Wer darf wählen?

Am 11. Februar 2024 sind rund 550.000 Berliner:innen dazu aufgerufen, ihre Erst- und Zweitstimme erneut abzugeben. Da die Wahl bereits länger als sechs Monate her ist, wird ein neues Wähler:innenverzeichnis erstellt. Was bedeutet das? Menschen, die seit dem 26.09.21 aus den betroffenen Wahlbezirken weggezogen sind, dürfen nicht mehr wählen, Zugezogene hingegen schon. Auch viele junge Menschen, die zur Bundestagswahl noch minderjährig waren, dürfen sich freuen und nun zum ersten Mal für eine Bundestagswahl zur Wahlurne gehen. Am stärksten von der Wahlwiederholung betroffen ist der Bezirk Pankow, wo über 80 Prozent der Wahlberechtigten zur Wahl aufgerufen sind. Außerdem stark betroffen sind die Bezirke Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf sowie Friedrichshain-Kreuzberg.

Wer steht zur Wahl?

Im Gegensatz zum Wähler:innenverzeichnis, das aktualisiert wird, werden die Wahlvorschläge von 2021 nicht angepasst. Es stehen also exakt die Personen zur Wahl, die auch im September 2021 zur Bundestagswahl in den Bezirken angetreten sind. Das Zurückziehen einer Kandidatur ist prinzipiell nicht möglich. Dadurch kann es passieren, dass Personen noch für eine Partei auf dem Wahlzettel stehen, der sie nicht mehr angehören. Dies trifft beispielsweise auf Personen zu, die mittlerweile aus der Partei DIE LINKE zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gewechselt sind. Dies ist beispielsweise bei Alexander King der Fall, der mittlerweile fraktionslos im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, jedoch auch zur Bundestagswahl 2021 für DIE LINKE angetreten ist.

Welche Änderungen zum Wahlergebnis von 2021 sind möglich?

Klar ist, dass die Wiederholungswahl am Gesamtergebnis der Bundestagswahl nicht viel verändern wird. Relevante Änderungen kann es hauptsächlich in drei Wahlkreisen geben, in denen das Erststimmenergebnis bei der Wahl im September 2021 besonders knapp war. Konkret geht es dabei um den Wahlkreis Berlin-Pankow, wo Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) 2021 nur vier Prozent vor dem Zweitplatzierten Klaus Mindrup (SPD) landete. Noch knapper wird es im Wahlkreis Berlin-Reinickendorf, wo Monika Grütters (CDU) im Jahr 2021 lediglich rund 1800 Stimmen mehr erzielte als Torsten Einstmann (SPD). Auch Berlins ehemals Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) muss sein Direktmandat für den Deutschen Bundestag im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf verteidigen. Dort landete Müller 2021 nur 3,5 Prozent vor Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) und 5,6 Prozent vor Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Alle Direktkandidierenden, die in den drei Wahlkreisen zur Wahl stehen, sind weiter unten aufgeführt.

Um ihr Mandat im Bundestag müssen jedoch weder Stefan Gelbhaar noch Monika Grütters oder Michael Müller fürchten. Aufgrund ihrer Listenplatzierung würden sie selbst dann im Bundestag bleiben, wenn sie ihr Direktmandat im Februar verlieren würden. Schlechter gelistete Parteikolleg:innen hätten in diesem Fall das nachsehen und müssten ihren Platz im Parlament räumen. Wen das betreffen würde, entscheidet die Zweitstimme. Dabei ist insbesondere die Wahlbeteiligung dafür verantwortlich, ob es zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Bundestags kommt. Um ihr Mandat zittern müssen all jene Abgeordnete, die über den jeweils letzten Listenplatz ihrer Partei in den Bundestag eingezogen sind.

Konkret betroffen sind CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein, die Grünen-Landeschefin Nina Stahr, Ana-Maria Trăsnea (SPD), Pascal Meiser (DIE LINKE) sowie Lars Lindemann (FDP) und Götz Frömming (AfD). Der Grund dafür sind etwas kompliziertere Rechenspiele im Sitzzuteilungsverfahren. Nach einer ersten Berechnung der Landesergebnisse wird in einem zweiten Schritt der Bundesproporz der Parteien ermittelt. Anhand dieser Ergebnisse werden dann final die Sitze auf die Bundesländer verteilt. Eine geringe Wahlbeteiligung in Berlin kann also dazu führen, dass einzelne Mandate nachträglich anderen Bundesländern zugeteilt werden. Dort könnten Listenkandidierende nachrücken, die 2021 den Einzug knapp verpasst haben. Es ist auch möglich, dass einzelne Fraktionen Sitze aufgrund des Wahlergebnisses verlieren.

Aufatmen konnten nach dem Urteil die 39 Abgeordneten, die 2021 ihr Mandat über die Linkspartei erhalten haben. Nur dank drei gewonnener Direktmandate ist die Linkspartei, trotz ihres Scheiterns an der Fünf-Prozent-Hürde, in den Bundestag eingezogen. Der Verlust eines Direktmandats bei der Wiederholungswahl hätte den Verlust aller Sitze im Parlament bedeutet. Im Wahlkreis von Gesine Lötzsch wird nicht neu gewählt, sie darf ihr Direktmandat also sicher behalten. Und auch in Gregor Gysis Wahlkreis Treptow-Köpenick ist nur ein Bruchteil der Wähler:innen zur erneuten Stimmabgabe aufgerufen - zu wenige, um sein Direktmandat in Gefahr zu bringen.

12.02.2024: Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Wahl

Die Wahlbeteiligung fiel mit 51 Prozent gering aus, wodurch einige Berliner Abgeordnete ihre Mandate verlieren. Durch die großen Stimmverluste verliert die FDP-Fraktion im Bundestag sogar einen Sitz. Alle Direktmandate von 2021 konnten bei der Wiederholungswahl verteidigt werden.

 

Folgende Abgeordnete haben ihr Mandat verloren:

 

Diese Abgeordneten sind neu im Bundestag:

 

Die Direktkandidierenden in Wahlkreis 76 Pankow

Da die Bundestagswahl in Berlin nur in einzelnen Wahlbezirken wiederholt wird, werden nicht alle Profile auf abgeordnetenwatch.de zur erneuten Befragung freigeschaltet. Aus technischen Gründen wird bei einigen Profilen daher "keine Kandidatur" angezeigt, obwohl sie zur Wiederholungswahl in Berlin antreten werden.

Die Direktkandidierenden in Wahlkreis 80 Charlottenburg-Wilmersdorf

Da die Bundestagswahl in Berlin nur in einzelnen Wahlbezirken wiederholt wird, werden nicht alle Profile auf abgeordnetenwatch.de zur erneuten Befragung freigeschaltet. Aus technischen Gründen wird bei einigen Profilen daher "keine Kandidatur" angezeigt, obwohl sie zur Wiederholungswahl in Berlin antreten werden.

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