Die Transparenzorganisationen abgeordnetenwatch.de und LobbyControl haben an diesem Montag einen Gesetzentwurf für ein Lobbyregister veröffentlicht. Damit wollen sie Interessenvertreter verpflichten, ihre Aktivitäten erstmals zu einem großen Teil öffentlich zu machen.
Politische Interessenvertretung ist in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern kaum reguliert und erfolgt weitgehend intransparent. Doch während laut Umfragen rund drei Viertel aller Bundesbürgerinnen und -bürger mehr Transparenz und die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters befürworten, blockiert bisher die Große Koalition. LobbyControl und abgeordnetenwatch.de haben deswegen unter Beteiligung der Öffentlichkeit einen modellhaften Gesetzesentwurf erarbeitet, mit dem sie die Parteien zum Handeln bewegen wollen.
„Lobbyismus muss endlich raus aus den Hinterzimmern!“, sagt abgeordnetenwatch.de-Sprecher Roman Ebener. “Viele Menschen sind besorgt, dass finanzstarke Interessen in der Politik stärker vertreten sind als 'normale' Bürgerinteressen.” Timo Lange von LobbyControl erklärt: „Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, welche Lobbyisten bei politischen Entscheidungen und Gesetzen mitreden. Mit unserem Entwurf zeigen wir, wie sich das einfach und unbürokratisch umsetzen ließe. Der Ball liegt nun bei den Parteien.“
Durch das Gesetz würden erstmals klare Regeln für Lobbyistinnen und Lobbyisten aufgestellt, darunter Verbände, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen, Agenturen und Kanzleien. abgeordnetenwatch.de und LobbyControl wollen so sichtbar machen, wer in wessen Auftrag und mit welchem Ziel Lobbyarbeit betreibt. Mit dem Lobby-Transparenzgesetz würde eine große Lücke geschlossen, denn:
- Professionelle Lobbyistinnen und Lobbyisten sollen sich erstmals verpflichtend registrieren.
- Lobbyistinnen und Lobbyisten sollen Angaben zu Budget, beteiligten Personen und Politikfeld machen.
- Alle Angaben sollen öffentlich im Internet abrufbar sein.
- Eine unabhängige Bundesbehörde würde die Einhaltung des Gesetzes kontrollieren. Fehlende oder falsche Angaben führen zu Sanktionen.
Hinweis an die Redaktion:
- Der Gesetzentwurf findet sich online hier: https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/2017-02-06-lobbytransparenz-gesetz.pdf
- Kurz erklärt: Lobby-Transparenzgesetz: https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/2017-02-06-lobbytransparenz-gesetz-kurz-erklaert.pdf
- Fragen und Antworten zum Entwurf finden Sie hier: https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/2017-02-06-lobbytransparenz-gesetz-faq.pdf
- Ausführliche Erläuterungen zum Entwurf finden Sie hier: https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/2017-02-06-lobbytransparenz-gesetz-erlaeuterungen.pdf
Hintergrund:
- Ein Lobbyregister steht seit vielen Jahren auf der politischen Agenda. SPD, GRÜNE und LINKE haben in der Vergangenheit ein entsprechendes Instrument gefordert. CDU und CSU lehnen die Transparenzregeln jedoch kategorisch ab.
- International gibt es bereits ähnliche Regelungen. In Kanada, den USA, aber auch auf EU-Ebene müssen Lobbyaktivitäten veröffentlicht werden.
- 78 Prozent der Bundesbürgerinnen sprechen sich für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters aus. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag von Campact und LobbyControl im November 2015. Mehr dazu hier: https://www.lobbycontrol.de/2015/11/umfrage-rund-dreiviertel-fuer-mehr-transparenz-bei-lobbyismus/
- abgeordnetenwatch.de und LobbyControl haben mit den Online-Petitionsplattformen Campact und Change.org 400.000 Unterschriften für die Einführung des Lobbyregisters gesammelt.
- Der Gesetzentwurf wurde unter wesentlicher Mitwirkung der Rechtsanwältin Katja Pink ( http://www.rechtsanwaeltin-pink.de/ ) erarbeitet. Die Staatsrechtler Prof. Dr. Ulrich Battis ( http://battis.rewi.hu-berlin.de/ ) und Prof. Dr. Hans Meyer ( https://www.rewi.hu-berlin.de/lf/em/myr/ ) gaben wichtige Hinweise und kommentierten den Entwurf im Vorfeld. Teile des Entwurfes orientieren sich zudem an einem Entwurf des SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Friedrich und seinem damaligen Mitarbeiter Hans-Jörg Schmedes aus dem Jahr 2010.