Die deutschen Parteien bekommen im kommenden Jahr insgesamt 15% mehr staatliche Zuschüsse. Das hat die große Koalition in einem Hauruckverfahren durchgesetzt. Die Begründung für die jetzige drastische Erhöhung: Steigende Kosten durch Digitalisierung, Kommunikation und Sicherheit. Grüne, Linke und FDP kritisieren das Vorgehen der Koalition deutlich: Der Antrag sei mit ihnen nicht abgestimmt worden. Und auch der geplante Zeitpunkt der Abstimmung, ein Tag nach Beginn der Fußballweltmeisterschaft, sorgte für Empörung. Den beiden Koalitionsparteien wird vorgeworfen, die Ablenkung durch das Sportevent genutzt zu haben, um eine unpopuläre Entscheidung im Eilverfahren durchs Parlament zu bringen.
Staatliche Finanzierung sichert Unabhängigkeit
Um die unabhängige Arbeit der Parteien zu ermöglichen, sieht das deutsche Parteiengesetz eine staatliche Teilfinanzierung vor. Konkret beziehen die Parteien in Deutschland etwas mehr als ein Drittel ihrer Einnahmen aus staatlichen Zuwendungen. Insgesamt zahlt der Staat an die im Bundestag vertretenen Parteien pro Jahr circa 165 Millionen Euro.
Welche Partei wie viel von dieser Summe bekommt, wird anhand der jeweiligen Wählerstimmenkonten berechnet. Auf diesen Konten summieren sich alle Stimmen, die eine Partei bei der jeweils letzten Bundestags- und Europawahl, sowie den jeweils letzten Landtagswahlen bekommen hat. Für die ersten vier Millionen Wählerstimmen auf ihrem Konto bekommt eine Partei jährlich je einen Euro, für jede weitere Stimme erhält sie 83 Cent.
Zudem entscheiden auch die übrigen Einnahmen der Parteien darüber, wie hoch ihre staatlichen Zuschüsse ausfallen. Für jeden Euro aus Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträgen, sowie Spenden von Privatpersonen (bis 3300 Euro), bekommen sie weitere 45 Cent. Allerdings gilt neben der absoluten Obergrenze von jährlich 165 Millionen Euro eine relative Obergrenze, nach der Zuschüsse des Staates die von einer Partei selbst erwirtschafteten Mittel nicht überschreiten dürfen. Wie hoch die absolute Obergrenze ausfällt wird im Parteiengesetz festgelegt. Dass sich diese – so wie gerade beschlossen – jährlich erhöht, ist nicht ungewöhnlich: Die in §18 des Parteiengesetzes geregelte Dynamisierung soll den vom Statistischen Bundesamt berechneten Preisanstieg ausgleichen. So wurde zum Beispiel von 2016 auf 2017 eine Erhöhung um rund 2,5 Prozent beschlossen. Die nun geplante Anhebung der Obergrenze entspräche dagegen einem Zuwachs von mehr als 15 Prozent. Liegen die Parteien mit ihren Berechtigungen für staatliche Unterstützung in der Summe über der absoluten Obergrenze von rund 165 Millionen Euro, werden alle Beträge anteilig reduziert, bis diese Grenze wieder erreicht ist.
Wie hoch sind die Einnahmen der Parteien?
Neben der staatlichen Zuwendung, die den größten einzelnen Einnahmeposten darstellt, haben alle Parteien Einnahmen aus weiteren Quellen. Etwa 20 bis 30 Prozent ihrer Einnahmen beziehen die Parteien über Mitgliedsbeiträge. Die Höhe unterscheidet sich von Partei zu Partei: Während sich ein Mitglied der Linken im Jahresschnitt mit etwa 156 Euro an der Finanzierung seiner Partei beteiligt, sind es bei der CDU im Schnitt nur 85 Euro. Die Linke rechtfertigt ihre verhältnismäßig hohen Jahresbeiträge damit, dass sie als einzige im Bundestag vertretene Partei keine Unternehmensspenden annimmt und die Mitgliedsbeiträge daher die wichtigste Einnahmequelle sind. Bei der AfD spielen die Mitgliederbeiträge die kleinste Rolle (15%). Weitere 15 bis 20 Prozent nehmen die Parteien durch Mandatsträgerbeiträge ein, die deutlich über den Jahresbeiträgen der einfachen Mitglieder liegen. Hauptamtliche Politiker zahlen freiwillige Beiträge an die Partei, die sie für das jeweilige Amt nominiert hat.
Eine weitere Einnahmequelle sind Spenden. Die Parteien des Bundestages generieren dadurch ganz unterschiedliche Einnahmen. Spitzenreiter ist die AfD: Sie bekam 2016 etwa 38 Prozent ihrer Einnahmen gespendet. Darauf folgt die FDP mit etwa 27 Prozent. CDU, CSU und Grüne bezogen jeweils etwa 15 Prozent ihrer Einnahmen aus Spenden, bei SPD und Linke waren es knapp 7 Prozent. (Lesen Sie hier, von wem die Parteien 2016 Spenden erhalten haben.)
Mit Blick auf die Jahreseinnahmen konnten SPD und CDU mit 157 bzw. 145 Millionen Euro zuletzt mit Abstand am meisten Gelder generieren. Darauf folgten Grüne und CSU, die 2016 jeweils etwa 40 Millionen Euro einnehmen konnten. Linke (29,6 Millionen) und FDP (27 Millionen) lagen vor der AfD, die 15,6 Millionen erhielt. Für 2018 müssen gerade die beiden großen Parteien befürchten, dass ihre Kassen zukünftig etwas weniger gut gefüllt sein werden. Nach Stimmenverlusten bei den Bundestags- und Landtagswahlen sowie einer Serie von außergewöhnlichen Aufwendungen für Sonderparteitage und Mitgliederbefragungen, ist bei hohen Ausgaben mit geringeren Einnahmen zu rechnen.
Welche Regeln müssen die Parteien befolgen?
Unabhängig davon, ob eine Partei Anspruch auf direkte staatliche Finanzierung hat, muss sie Herkunft und Verwendung ihrer Mittel in einem Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages anzeigen. Spenden aus dem Ausland von über 1.000 Euro sind ebenso wenig erlaubt wie anonyme Spenden von über 500 Euro. Einzelspenden über 50.000 Euro müssen von der Empfängerpartei unverzüglich dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden, der sie zeitnah als Bundestagsdrucksache veröffentlichen muss. Zudem müssen Spenden, die sich innerhalb eines Jahres auf über 10.000 Euro summieren, mit Nennung des Namens und der Adresse des Spenders im Rechenschaftsbericht der empfangenden Partei aufgeführt werden. Problematisch an dieser Stelle sind die langen Verzögerungen mit der die Rechenschaftsberichte der Parteien veröffentlicht werden. Spenden unter 50.000 Euro lassen sich erst mehr als ein Jahr nach Ende des Rechnungsjahres nachvollziehen.
Empfangen einzelne Abgeordnete direkte Spenden über 5.000 Euro sind sie verpflichtet dem Bundestagspräsidenten diese unter Angabe des Spenders mit Namen und Adresse anzuzeigen. Der Bundestagspräsidenten wiederum veröffentlicht alle direkten Spenden an Bundestagsabgeordnete über 10.000 Euro.
Steuerrecht bevorzugt Parteien
Zuwendungen privater Spenderinnen und Spender an politische Parteien werden steuerlich bevorzugt: Während Spenden an gemeinnützige Organisationen und Vereine vom zu versteuernden Einkommen einer Privatperson abgezogen werden, gilt für Parteispenden ein gesondertes Verfahren: Die Hälfte des gespendeten Betrags wird dabei direkt von der Steuerlast abgezogen (maximal 825 Euro, bei Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens jeweils 1.650 Euro). Daraus resultiert, dass Parteien eine Bevorzugung gegenüber karitativen und wohltätigen Organisationen genießen. Spenderinnen und Spender bekommen bei gleicher Spendensumme mehr Geld vom Finanzamt zurückerstattet, wenn sie an eine Partei spenden statt an eine andere Organisation.
Es fehlen klare Transparenz-Regeln
Die Vorschriften zur Offenlegung von Parteispenden waren in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand der Kritik durch die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO). Deutschland setzt bis heute viele Empfehlungen von der GRECO zur Parteifinanzierung nicht ausreichend um. Kritisiert wird neben der hohen Schwelle der Offenlegungspflichten auch die verhältnismäßig späte Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte.
Die wohl stärkste Kritik in Sachen Parteienfinanzierung entfacht sich am sogenannten Parteisponsoring. Während hohe Spendenbeträge im Rechenschaftsbericht der Parteien aufgelistet werden müssen oder direkt der Offenlegungspflicht unterliegen, müssen Parteien weder die Gesamtsumme der Einnahmen aus Sponsoring, noch die Sponsoren selbst angeben. Stattdessen werden die Gelder als namenlose Summe in einem entsprechenden Sammelposten angegeben. Diese können bis zu 10 Prozent der jährlichen Parteieinnahmen betragen, so wie bei der CDU 2016. Aus welcher Quelle diese Gelder stammen, bleibt ein Geheimnis. Während Unternehmen ihre Spenden an Parteien nicht steuerlich absetzen können, werden Ausgaben für Sponsoring als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht.
Sehen Sie sich hier an, wie die Abgeordneten über die Erhöhung der staatlichen Parteifinanzierung abgestimmt haben.
Marvin Brecht und Florian Sprenger