7.642 Euro kassiert der CSU-Politiker Michael Brückner jeden Monat für seine Haupttätigkeit als Abgeordneter des bayerischen Landtags. Sehr viel höher allerdings sind die Beträge, die er im Nebenjob erhält: Zwischen 1.994.000 Euro und 3.040.500 Euro, so ist auf der Landtagshomepage nachzulesen, hat Brückner seit Beginn der Legislaturperiode im Oktober 2013 als Teilinhaber sowie als Geschäftsinhaber von zwei Firmen für Gemüsebau eingestrichen.
Hohe Nebeneinkünfte wie die von Michael Brückner sind im bayerischen Landtag kein Einzelfall. Vier weitere Parlamentarier haben seit Beginn der Legislaturperiode Bruttozuflüsse von mindestens einer halben Million Euro gemeldet:
- Ludwig von Lerchenfeld (CSU): Als Geschäftsführer eines familieneigenen Mobilsägewerks und Holzhandels im oberfränkischen Presseck sowie als Leiter einer Forstverwaltung meldete Lerchenfeld insgesamt 35 namentlich nicht bekannte Vertragspartner. Allein der “Vertragspartner 14” bescherte ihm vergangenes Jahr Bruttozuflüsse von mindestens 250.000 Euro (Stufe 10). Gesamteinkünfte in dieser Legislaturperiode: 1.415.500 bis 2.148.000 Euro.
- Anton Kreitmair (CSU): Für seine Tätigkeit als Landwirt gibt der Abgeordnete aus dem oberbayerischen Kleinberghofen seit Oktober 2013 eine Summe zwischen 660.000 und 850.000 Euro an. Hinzu kommen regelmäßige Monatseinkünfte als Funktionär des Bauernverbandes so wie als Photovoltaikbetreiber. Gesamteinkünfte in dieser Legislaturperiode: 852.000 bis 1.294.000 Euro.
- Alfred Sauter (CSU): Allein als Geschäftsführer einer Anwaltskanzlei gibt Sauter für 2013 und 2014 jeweils Nebeneinkünfte von mindestens 250.000 Euro (Stufe 10) an. Alles was Sauter oberhalb dieses Betrages erhält, bleibt der Öffentlichkeit verborgen - selbst wenn es mehrere Millionen Euro wären. Weitere Einkünfte in Höhe von mindestens 75.000 Euro pro Jahr bezieht der CSU-Politiker als Vorsitzender des Gesellschafterausschußes TÜV Süd. Gesamteinkünfte in dieser Legislaturperiode: 725.000 bis 800.000 Euro.
- Harald Schwartz (CSU): Für seine Tätigkeit als Jurist und Insolvenzverwalter meldete der Abgeordnete für 2013 und 2014 zwischen 650.000 und mindestens 750.000 Euro. Hinzu kommen seit September 2014 monatliche Einkünfte als Verwaltungsratsmitglied einer Sparkasse in Höhe von mindestens 1.000 Euro. Gesamteinkünfte in dieser Legislaturperiode: 662.000 bis 792.000 Euro.
Von den zehn Landtagsabgeordneten mit den höchsten Angaben zu Nebeneinkünften gehören allein neun der CSU-Fraktion an. Einzige Ausnahme ist Jutta Widmann, die für die Freien Wähler im Maximilianeum sitzt. Nach eigenen Angaben kommt sie seit Beginn der Legislaturperiode auf Einkünfte zwischen 228.000 und 436.000 Euro (als Geschäftsführerin eines Festzeltbetriebs in Landshut, als Photovoltaikbetreiberin sowie als Hotelbetreiberin).
Die höchsten Einkünfte unter den SPD-Abgeordneten haben die Rechtsanwältin Alexandra Hiersemann und der Gewerkschaftssekretär Bernhard Roos gemeldet. Beide geben auf der Landtagshomepage ein monatliches Einkommen der Stufe 2 - also zwischen 3.500 und 7.000 Euro - an. Bezogen auf die bisherige Legislaturperiode belaufen sich die Einkünfte auf jeweils 84.000 bis 168.000 Euro.
Aus den Reihen der Grünen liegt seit der letzten Wahl kein Abgeordneter über der Gesamtsumme von 10.000 Euro.
Insgesamt haben 48 der 180 Abgeordneten im Bayerischen Landtag seit Oktober 2013 eine zusätzliche entgeltliche Nebentätigkeit gemeldet. Die Einkünfte belaufen sich zusammen auf mindestens 8,4 Millionen Euro. (Zum Vergleich: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages kamen in den vergangenen zwei Jahren auf Nebeneinkünfte von mindestens 11,6 Millionen Euro. Dort haben 151 der 631 Parlamentarier einen Nebenverdienst.)
Graubereich liegt bei über 5 Mio. Euro
m Fall der bayerischen Landtagsabgeordneten könnte die Summe der Nebeneinkünfte allerdings noch deutlich über den 8,4 Millionen Euro liegen, und zwar bei bis zu 13,7 Mio. Euro. Die riesige Grauzone von mehr als fünf Millionen Euro ist zurückzuführen auf das Zehn-Stufensystem, mit dem Landtagsabgeordnete ihre Einkünfte melden müssen. Hierbei erfährt die Öffentlichkeit nämlich nicht die genaue Höhe der Nebenverdienste, sondern lediglich die ungefähren Einkünfte, die einer bestimmten Stufe zugeordnet werden. “Stufe 1” entspricht zum Beispiel Einkünften zwischen 1.000 bis 3.500 Euro, bei der Höchststufe 10 belaufen sich die Einkünfte auf 250.000 Euro - mindestens. Da diese Stufe nach oben hin unbegrenzt ist, könntest es auch mehrere Millionen Euro sein.
Die jetzigen Veröffentlichungsregeln für die bayerischen Landtagsabgeordneten haben derart große Schlupflöcher, dass der Graubereich an unbekannten Nebeneinkünften in Wahrheit noch sehr viel größer ist als die von abgeordnetenwatch.de errechneten 5,3 Millionen Euro. Denn bestimmte Einkünfte müssen die Parlamentarier überhaupt nicht melden. Vollkommen im Dunkeln bleiben zum Beispiel Einkünfte unter 1.000 Euro monatlich bzw. unter 10.000 Euro jährlich. Gewinne aus Unternehmensbeteiligungen müssen ebenfalls nicht angegeben werden.
Aber nicht nur für Bürgerinnen und Bürger ist das bestehende Veröffentlichungssystem intransparent - auch manche Abgeordnete dürften sich über die derzeitigen Offenlegungspflichten ärgern. Weil sie auf der Landtagshomepage nicht ihre tatsächlichen Gewinne angeben müssen, sondern ihre Bruttozuflüsse, stehen sie mitunter zu Unrecht als Spitzenverdiener da.
Der bayerische Landtag war im Oktober 2013 das erste Landesparlament, dass die Veröffentlichung von Nebeneinkünften beschloss. Derzeit müssen Abgeordnete in insgesamt neun Landesparlamenten sowie im Deutschen Bundestag ihre Einkünfte zumindest teilweise offenlegen. Mit Ausnahme des nordrhein-westfälischen Landtages, wo es ein Mischsystem aus Stufenangaben und einer Komplettoffenlegung auf Euro und Cent für bestimmte Nebentätigkeiten gibt, existieren überall Stufenmodelle.
abgeordnetenwatch.de hat im Rahmen der Einführung des Zehn-Stufen-Systems im Deutschen Bundestag im Sommer 2014 die Petition “Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!” gestartet. Bislang haben sich über 11.000 Menschen der Forderung nach einer Komplettveröffentlichung von Nebeneinkünftensowie die Nennung aller Geldgeber angeschlossen.
Nur mit strikten Offenlegungspflichten können Nebentätigkeiten wirksam auf finanzielle Abhängigkeiten und mögliche Interessenkonflikte geprüft werden.
Excelliste: Die Nebeneinkünfte der bayerischen Landtagsabgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode
abgeordnetenwatch.de hat für alle 180 Abgeordneten des bayerischen Landtags ermittelt, ob und wenn ja: wie hohe Einkünfte sie seit Beginn der Legislaturperiode im Oktober 2013 auf der Parlamentshomepage angegeben haben. Da sie keine konkreten Beträge mitteilen müssen, sondern ihre jeweiligen Einkünfte lediglich einer von zehn Verdienststufen zuordnen, lassen sich keine exakten Summen errechnen. Deswegen veröffentlichen wir die Mindest- sowie die Höchsteinkünfte eines jeden Politikers. Bei den rot markierten Beträgen können die Höchsteinkünfte auch höher sein, da diese Abgeordneten Einkünfte der nach oben offenen Stufe 10 erhalten haben. In allen Fällen handelt es sich um Bruttozuflüsse. Freiberufler haben davon unter Umständen Mitarbeiter, Mieten oder Gerätschaften zu bezahlen.
Da wegen des 10-Stufensystems keine Angaben über die tatsächliche Höhe der Nebeneinkünfte möglich sind, haben wir jeweils die unterste sowie die oberste Euro-Grenze der zehn Verdienststufen herangezogen. Beispiel: Bei einem Abgeordneten, der auf der Landtagshomepage einen Verdienst der Stufe 6 (zwischen 50.000 und 75.000 Euro) aufführt, flossen 50.000 Euro in die Berechnung seiner Mindesteinkünfte bzw. 75.000 Euro in die Berechnung seiner maximalen Einkünfte ein. Einige Landtagsabgeordnete geben auf der Parlamentshomepage Einkünfte der Höchststufe 10 ("über 250.000 Euro") an. Da diese Stufe nach oben hin offen ist, haben wir zur Berechnung der maximalen Einkünfte nur einen Betrag von 250.000 Euro herangezogen, obwohl diese sehr viel höher liegen.
Monatliche Einkünfte wurden mit 24 multipliziert (1. Oktober 2013 bis einschließlich Oktober 2015), sofern ein Abgeordneter nicht explizit ein anderes Start- oder Enddatum angegeben hat. Nebeneinkünfte mit der Angabe "jährlich" wurden mit 2 multipliziert. Eingeflossen in die Berechnung sind sämtliche Einkünfte, die von den Abgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode am 7. Oktober 2013 auf der Landtagshomepage veröffentlicht wurden. Landtagsabgeordnete müssen ihre Einkünfte innerhalb von drei Monaten nach Erhalt beim Landtagspräsidenten melden. Sie werden anschließend auf der Landtagshomepage veröffentlicht.
Ursula Trützschler, Jan Wunder, Simon Hoyme
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