Korruptionsverdacht

Staatsanwaltschaft kann seit Monaten nicht gegen AfD-Politiker Bystron ermitteln

Der AfD-Abgeordnete Petr Bystron soll Geld aus Russland angenommen haben, die Staatsanwaltschaft wirft ihm Korruption und Geldwäsche vor. Doch seit Juli 2024 pausieren die Ermittlungen weil ein Antrag im Europaparlament feststeckt. Nun scheint Bewegung in den Fall zu kommen.

von Martin Reyher und Lisa Wölfl, 13.02.2025
Petr Bystron

Die Vorwürfe wiegen schwer. Der AfD-Politiker Petr Bystron soll über die inzwischen gesperrte pro-russische Plattform „Voice of Europe“ zehntausende Euro an Bestechungsgeld erhalten haben, um im Gegenzug im Sinne Russlands zu agieren. Die Generalstaatsanwaltschaft München wirft ihm Bestechlichkeit und Geldwäsche vor.

Um gegen den damaligen Bundestagsabgeordneten ermitteln zu können, beantragte sie im Mai und Juni 2024 insgesamt viermal die Aufhebung der Immunität beim Deutschen Bundestag. Bei Durchsuchungen von Bystrons Bundestagsbüro sowie von Immobilien im In- und Ausland stellten die Ermittler:innen kistenweise Material sicher. Viel Zeit zur Auswertung blieb nicht.

Anfang Juni wurde Bystron ins Europaparlament gewählt, was für die Staatsanwaltschaft zum Problem wurde. Denn mit Beginn der neuen Wahlperiode am 16. Juli erhielt der AfD-Politiker erneut Immunität.

Bystron und das "Voice of Europe"-Netzwerk

Die tschechische Regierung deckte kurz vor der Europawahl 2024 eine mutmaßliche russische Einflussoperation rund um die Plattform „Voice of Europe“ auf. Diese soll russlandfreundliche Kandidaten mit Hunderttausenden Euro unterstützt haben und von Putin-Vertrauten gesteuert worden sein. Tonaufnahmen des Geheimdienstes sollen belegen, dass Petr Bystron Bargeld vom Oligarchen Wiktor Medwedtschuk, dem Mann hinter “Voice of Europe”, erhalten hat. Zudem soll der AfD-Politiker im März 2023 30.000 Euro in Bar auf das Konto einer seiner Firmen eingezahlt und am selben Tag in 200-Euro-Scheinen wieder abgehoben haben, was eine Geldwäscheverdachtsmeldung auslöste. Bystron weist alle Vorwürfe zurück.

Die Ermittler:innen schickten umgehend einen Brief nach Straßburg, in dem sie die Aufhebung der Immunität beantragten. Das war am 24. Juli 2024. Seitdem liegt das Verfahren auf Eis.

Verfahrenshindernis: Immunität

„Die Ermittlungen gegen Herrn Bystron wurden im Hinblick auf das Verfahrenshindernis der Immunität vorläufig eingestellt“, erklärte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft gegenüber abgeordnetenwatch.de. Für eine Fortführung sei ein Beschluss des Europäischen Parlaments erforderlich. Doch der lässt auf sich warten.

Auf der Website des Rechtsausschusses des EU-Parlaments hat Bystrons Fall weiterhin den Status „Awaiting committee decision“ – eine Entscheidung des Ausschusses steht noch aus.

Bystron, der alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als unzutreffend zurückweist, reagierte auf Anfrage nicht. Die Verwaltung des EU-Parlaments wollte sich zu dem konkreten Fall nicht äußern. 

Dass die Immunität aufgehoben wird, ist wahrscheinlich

Dass sich Immunitätsverfahren über Monate hinziehen, sei nicht ungewöhnlich, heißt es aus dem Rechtsausschuss. Sie würden der Reihe nach abgearbeitet, und das könne dauern. Insgesamt seien derzeit neun Verfahren anhängig. 

Doch nun scheint Bewegung in den Fall Bystron zu kommen. Am heutigen Donnerstag (13. Februar 2025) fand eine außerordentliche Sitzung des Rechtsausschusses statt. Auf der Tagesordnung: “Antrag auf Aufhebung der Immunität von Petr Bystron". In der Anhörung hinter verschlossenen Türen konnte der Abgeordnete seine Sicht der Dinge darlegen.

Über die Aufhebung der Immunität muss das Plenum des Europäischen Parlaments entscheiden. In den allermeisten Fällen sei dies eine Formsache, heißt es aus dem Rechtsausschuss.

Demnächst könnten die Ermittlungen wieder aufgenommen werden

Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, kann die Generalstaatsanwaltschaft München ihre Ermittlungen gegen Bystron demnächst wieder aufnehmen – nach mehr als einem halben Jahr Zwangspause.

Auch eine andere Strafverfolgungsbehörde dürfte in diesen Tagen mit großem Interesse nach Straßburg blicken. Denn im Europäischen Parlament ist ein weiteres Immunitätsverfahren gegen Petr Bystron anhängig, ausgelöst durch einen Antrag der Staatsanwaltschaft München I.

Hintergrund ist eine von Bystron im Jahr 2022 verbreitete Fotomontage, auf der Angela Merkel, Olaf Scholz und weitere Politiker:innen den rechten Arm in die Höhe recken. Der AfD-Politiker beruft sich laut SPIEGEL auf die Kunstfreiheit.

Strafbefehl gegen Bystron wegen einer Fotomontage

Das Amtsgericht München erließ im Januar 2024 einen Strafbefehl gegen Bystron wegen des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Dagegen legte der damalige Bundestagsabgeordnete Einspruch ein.

Eine für den 17. Juli 2024 angesetzte Verhandlung vor dem Amtsgericht München musste abgesagt und das Verfahren vorläufig eingestellt werden. Denn einen Tag vor dem Gerichtstermin hatte Bystron als neu gewählter Europaabgeordneter erneut Immunität erlangt.

Vorletzte Woche war der AfD-Politiker zu einer Anhörung vor den Rechtsausschuss geladen. Nun geht alles seien parlamentarischen Gang. In Kürze dürfte das Europaparlament seine Immunität aufheben.

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