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Frage von Alfons G. •

Frage an Wolfgang Vogel von Alfons G. bezüglich Soziale Sicherung

Sind Sie füe eine Legalisierung der Sterbehilfe?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Grau,

bei dieser schwierigen Gewissensfrage muss ich Ihnen mitteilen, dass ich noch keine abschließende inhaltliche Position gefunden habe. Ich kann also (noch) nicht mit einem einfachen Ja oder Nein antworten.

Die Freigabe der aktiven Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) ist durch das Wertesystem unseres Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung bislang verboten.
Der Gesetzgeber hat Tötung auf Verlangen im §216 StGB unter Strafe gestellt. Die Norm hat einen beidseitigen Schutzzweck: Umfassender Lebensschutz und die Verhinderung von Euthanasie. Es soll einer Relativierung des Lebens als objektives Rechtsgut entgegengewirkt werden.

Beihilfe zu dem ansonsten nach dem deutschen Strafrecht straflosen Freitod halte ich wegen der Angrenzungsprobleme zu dem Tötungsdelikt der Tötung auf Verlangen für äußerst problematisch. Dominiert der Täter den Handlungsablauf, hat er also die sog. Tatherrschaft, so ist er strafbar wegen Tötung auf Verlangen. Unterstützt er die alleinigen Handlungen des Suizidenten, so ist er straflos wegen der grundsätzlichen Straflosigkeit des Freitodes. Aus Sicht der Medizin ist allerdings umstritten, wie „frei“ ein Freitod ist, wenn der Patient an psychischen Erkrankungen oder an anderen schweren Krankheiten oder Behinderungen leidet. Ob es einen vollkommen rationalen Suizid oder einen sog. Bilanzsuizid, also die Selbsttötung nach rationaler Abwägung aller Lebensumstände, gibt, ist unklar.

Nimmt im Fall der Selbsttötung der Gehilfe eine Garantenstellung (z. B. als Arzt) ein, so liegt für mich zunächst einmal ein Tötungsdelikt vor und der Arzt wäre entsprechend zu bestrafen, wenn er die Selbsttötung nicht verhindert. Allerdings kann die allgemeine Hilfeleistungspflicht in Konkurrenz zu einer bestehenden Patientenverfügung und zum Selbstbestimmungsrecht treten; letzteres wenn es sich tatsächlich um einen rationalen Suizid oder um einen Bilanzselbstmord handeln sollte. Wo ein Arzt jedoch gegen das ärztliche Standesrecht verstößt, also gegen die die grundlegenden Pflichten seiner Berufsausübung, so liegt für mich ein strafbares Tötungsdelikt vor.

Ich bin im Übrigen dafür, dass wir unsere Anstrengungen auf eine würdevolle Sterbebegleitung als auftragsgemäßes, palliatives Handeln des Arztes verwenden sollten, anstatt auf eine aktive Sterbehilfe, sei sie nun in der Form der Tötung auf Verlangen oder als aktive Beihilfe oder Beihilfe durch Unterlassen zur Selbsttötung.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Vogel
Landtagsabgeordneter