Frage an Wolfgang Thierse von Joachim P. bezüglich Recht
Das MdB Werner Schulz bestand am 01.07.05 im Bundestag lt. Presseberichten darauf, für seine persönliche Erklärung eine Redezeit von 5 Minuten zu beanspruchen, wie es die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vorsieht.
FRAGE: Was hat Sie als Bundestagspräsident zu dem Versuch bewogen, Werner Schulz sein Rederecht vorenthalten zu wollen und ihm zu bedeuten, er solle doch wie andere auch seine persönliche Erklärung zu Protokoll geben und im Bundestag schweigen?
Schließlich haben Sie Werner Schulz dann doch eine Redezeit eingeräumt, aber wiederum per Salamitaktik versucht, ihm sein Recht auf eine Redezeit von 5 Minuten auf 3 Minuten zu mindern!? Wie ist Ihr Verhalten mit der Fürsorgepflicht eines Bundestagspräsidenten gegenüber den Abgeordneten und dem Bundestag zu verstehen, der auf den Geist der Förderung und Achtung der Rechte unserer Parlamentarier angewiesen ist?
Sehr geehrter Herr Petrick,
nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) kann nach dem Abschluss der Aussprache „jedes Mitglied des Bundestages zur abschließenden Abstimmung eine mündliche Erklärung, die nicht länger als fünf Minuten dauern darf, oder eine kurze schriftliche Erklärung abgeben, die in das Plenarprotokoll aufzunehmen ist. Der Präsident erteilt das Wort zu einer Erklärung in der Regel vor der Abstimmung.“
Entgegen irgendwelcher Verlautbarungen in der von Ihnen bemühten Presse habe ich weder versucht dem Herrn Abgeordneten Werner Schulz sein Recht auf Abgabe einer Erklärung nach § 31 GOBT vorzuenthalten, noch habe ich darauf hingewirkt, die ihm nach dieser Vorschrift für die Erklärung zustehende Redezeit zu begrenzen. Vielmehr hat der Abgeordnete Schulz seine Redzeit um mehrere Minuten überzogen (nachzulesen im Plenarprotokoll vom 01.07.2005 unter www.bundestag.de).
Das Amt des Präsidenten des Deutschen Bundestages beinhaltet die Aufgabe, sowohl die Rechte der einzelnen Abgeordneten als auch die Rechte des Plenums zu wahren. Auch hat der Präsident für die Einhaltung der GOBT Sorge zu tragen. Folglich ist es die Pflicht des Präsidenten, den Redner, der seine Redezeit überschreitet, darauf hinzuweisen, dass er in seinen Ausführungen zum Ende kommen möge, um die Interessen des Plenums (also der Gesamtheit der Abgeordneten) zu schützen und Verstöße gegen die GOBT zu verhindern. Nicht mehr und nicht weniger habe ich auch im vorliegenden Fall getan.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Thierse