Frage an Wolfgang Thierse von Katharina M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Thierse,
ich würde gerne Ihren persönlichen Standpunkt erfahren zur geplanten Rede des Joseph Ratzinger vor dem Plenum.
Meine Frage zielt darauf hin - wie Sie sich denken können - , dass ich selbst dieser geplanten Rede überaus kritisch gegenüberstehe. Es ist Ihnen sicherlich bewusst, dass Sie als Katholik einer Minderheit angehören. Insofern verwundert es mich sehr, dass ein Vertreter dieser gerade in letzter Zeit stark in die Kritik geratenen Organisation im Plenum nicht nur geduldet, sondern offensichtlich sogar willkommen geheißen wird. Auf der missionarischen Reise in die Bundesrepublik, die Herr Ratzinger im September antritt, hat er - wie es sich gehört in einem Land, dass selbstverständlich die Religionsausübung jedem freistellt,- Gelegenheit genug, die Öffentlichkeit zu suchen. Als Vertreter der Kirche hat er im Bundestag nichts zu suchen, So weit ich weiß, gibt es keinerlei Gedenktag oder sonst ein Interesse, dass seine Rede in unserem demokratisch, frei gewählten Parlament rechtfertigt oder gar begründet. Es besteht ebenfalls kein Grund, gerade der katholischen Kirche im politischen Raum Gelegenheit zur Missionierung zu bieten.
Als Vertreter des Vatikanstaates, dem Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie fern liegen, möchte ich ebenfalls Joseph Ratzinger in diesem Parlament nicht erleben.
Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Deutschlands stehen dem Papst der katholischen Kirche bestenfalls gleichgültig gegenüber - in Berlin sind nicht einmal 10% der Bevölkerung katholisch.
Weder verstehe ich das ständige Werben um einen Besuch von Herrn Ratzinger in Deutschland durch hochrangige Politiker, noch verstehe ich die Einordnung als Staatsbesuch.
Ich vermute, Sie freuen sich darauf, dass Joseph Ratzinger nach Berlin kommt. Von daher wären mir Erläuterungen von Ihrer Seite besonders willkommen.
Herzlichen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Meyer