Frage an Wolfgang Strengmann-Kuhn von Thomas S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Strengemann-Kuhn,
die Deutsche Bahn AG hat im Jahr 2014 Teile der Nachtzugverbindungen sowie
des Angebotes "Auto-im Reisezug" eingestellt. So fuhren zum Fahrplanwechsel am 11.12.2014 (zumindest vorläufig) letztmalig die Nachtzugverbindungen von München/Berlin/Hamburg nach Paris. Zitat Stuttgarter Zeitung:
""Richtig ist, dass Nachtzüge bei vielen Kunden beliebt sind, deshalb wollen wir das Angebot soweit möglich erhalten", heißt es. Die Angebote seien aber teils "große Verlustbringer". Wie berichtet, will die Bahn deshalb alle Autozüge, zu denen auch Schlafwagen gehören, komplett einstellen und das Nachtzugnetz der 17 "City-Night-Line"-Verbindungen radikal ausdünnen. Die Züge sind teils veraltet; deren Austausch wurde immer wieder verschoben."
Neben von der DB hausgemachten Problemen (z.B. mangelnde Investitionen in die Fahrzeugflotte) könnte eine Wettbewerbsungerechtigkeit eine Mitursache sein:
"Bahn-Branchenverband Allianz pro Schiene sieht derweil den schärfsten Konkurrenten des Nachtzugs im Flugzeug - und beklagt Nachteile der Bahn. Airlines und Flugpassagiere zahlten keine Kerosin- und Ökosteuer. "Bahnen und Zugpassagiere werden dagegen mit der Stromsteuer sowie der EEG-Umlage belastet und zahlen Ökosteuer. Insofern ist es die Politik, die den Nachtzügen das Leben schwer macht", (...)"
Frage 1: Wie werten Sie die Reduzierung der benannten Zugverbindungen?
Frage 2: Wie stehen Sie zu dem Vorwurf der benannten Wettbewerbsverzerrung?
Frage 3: Werden Sie sich für den Erhalt und eine Belebung der Nacht-und Autozüge einsetzten?
Frage 4: Wenn ja, welche politischen Vorgehensweisen erscheinen Ihnen dafür geeignet?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für ihre Fragen und entschuldigen Sie die verspätete Antwort. Das liegt daran, dass ich kein Bahnexperte bin und mich erst einmal kundig machen muss. Die Streichungen habe ich aber als Kunde auch schon wahrgenommen und bedaure das sehr, weil ich Nachtzüge selbst genutzt habe. Insbesondere für (Urlaubs-)reisen innerhalb Europas finde ich Nachtzüge sehr angenehm. Abends losfahren und morgens am Urlaubsort ankommen finde ich persönlich sehr viel entspannender als zu fliegen, vom ökologischen Aspekt ganz zu schweigen.
Nun zu ihren Fragen:
Frage 1:
Meine persönliche Betroffenheit habe ich schon beschrieben. Ansonsten ist es vor allem einen aus ökologischen Gründen problematisch, weil es eine hervorragende Alternative zum Fliegen wäre. Offenbar bin ich da mit meiner Einschätzung nicht alleine, sondern das wird von vielen Kundinnen und Kunden geteilt. Dass der Wunsch dieser Menschen von der Bahn nicht erfüllt wird, finde ich sehr problematisch.
Frage 2:
Ja, absolut. Es gibt vor allem eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Fliegens: der grenzüberschreitende Flugverkehr ist von der Mehrwertsteuer befreit, der Zugverkehr nicht und das Flugbenzin ist steuerbefreit. Außerdem haben Fernbusse einen Wettbewerbsvorteil, weil diese die Infrastruktur kostenlos nutzen, während auf der Schiene Trassengebühren anfallen. Diese Wettbewerbsverzerrungen müssen abgebaut werden.
Frage 3 und 4:
Ja! Wie bereits beschrieben, handelt es sich nicht um ein Nachfrage-, sondern ein Angebotsproblem. Die Bundesregierung muss deshalb auf die Bahn, die ja zu 100 Prozent dem Bund gehört, einwirken, wieder Nachtzüge anzubieten. Vor allem müssen die Wettbewerbsverzerrungen beseitigt werden: die Bundesregierung sollte auf die DB Netz einwirken, dass die Trassengebühren gesenkt werden, außerdem sollte Flugbenzin endlich besteuert werden. Wenn überhaupt sollten Nachtzüge subventioniert und nicht das Fliegen.
Die Bundestagsfraktion hat zu dem ganzen Themenkomplex eine ausführliche Studie in Auftrag gegeben. Hier der Link zu der Studie:
http://media.gruene-bundestag.de/repository/podcast/downloads/Studie-Nachtreisezugverkehr.pdf
Und außerdem ein Fachgespräch dazu durchgeführt. Hier gibt es eine Zusammenfassung dazu:
http://www.gruene-bundestag.de/themen/verkehr/es-geht-kein-zug_ID_4394062.html
Bei Detailfragen können Sie sich auch an unseren bahnpolitischen Sprecher Matthias Gastel wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Strengmann-Kuhn