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Wolfgang Strengmann-Kuhn
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Frage von Oliver S. •

Frage an Wolfgang Strengmann-Kuhn von Oliver S. bezüglich Senioren

Sehr geehrte Herr Strengmann-Kuhn,

ich wende mich an sie, da sie rentenpolitischer Fachmann sind und mir mit der Frage vllt am besten helfen können:

Ich interessiere mich dafür, was sie von Riester-Verträgen halten (ich zahle 90 Euro monatlich seit ca 3 Jahren):
Ich werde langsam skeptisch, ob ich mir mit so einem Vertrag nicht meine Zukunft (Kinder, Eigenheim) unnötig finanziell erschwere, da das Geld dann woanders fehlt und der Staat doch eigentlich dafür verantwortlich wäre.

Wie stehen sie zu den Forderungen der Politik an die Bürger, selbst privat vorzusorgen?
Wie stehen sie zum Generationenvertrag in Bezug auf: sinken die Löhne, müssen die Renten sinken; steigen die Löhne/Einkommen, müssen die Renten steigen. Ist diese gesetzlich festgelegte Kopplung nicht aufgehoben worden? Wenn das so ist, muss diese Kopplung nicht wieder eingeführt werden?

Herzliche Grüße
Oliver Sinhart

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Sinhart,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.

Die gesetzliche Rente in Deutschland ist im Umlageverfahren organisiert, d.h. die aktuellen Renten werden durch die aktuell eingezahlten Beiträge finanziert. Das bedeutet, die Rentenhöhe ist davon abhängig, wie viel eingezahlt wird und auf wie viele Rentnerinnen und Rentner die Einnahmen verteilt werden. Das spiegelt sich in der Rentenformel wider, bei der die Steigerung der Renten erstens von der Lohnentwicklung und zweitens von dem Verhältnis der EinzahlerInnen zu den RentnerInnen abhängt. Insofern ist die Rentensteigerung nach wie vor an die Löhne gekoppelt, allerdings mit der genannten Einschränkung. Wenn sich dieses Verhältnis ändert, steigen die Renten nicht so stark wie Löhne und/oder die Beiträge müssen steigen. Letzteres fänden wir problematisch, weil das insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit geringen Einkommen besonders belasten würde. Wir finden es aber auch wichtig, dass das Rentenniveau - also das Verhältnis zwischen Renten und Löhnen - nicht zu stark sinkt und wollen das dadurch erreichen, dass mehr Menschen in die gesetzliche Rente einzahlen, durch eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und von Älteren, aber vor allem durch eine Weiterentwicklung der Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung, in die letztlich alle einzahlen sollen.

Eine umlagefinanzierte Rentenversicherung ist die stabilste Form der Alterssicherung und wird auch trotz des demographischen Wandels eine positive Rendite erbringen, was daran liegt, dass auch in Zukunft die Löhne steigen werden und auch bei der Erwerbsbeteiligung ist noch Luft nach oben. Darüber hinaus würde die von uns geforderte Weiterentwicklung zu einer Bürgerversicherung dazu beitragen, dass die Rendite der Rentenversicherung steigt. Aus diesen Gründen soll aus unserer Sicht die gesetzliche Rente die Hauptsäule bleiben und durch unsere Vorschläge (Garantierente, Bürgerversicherung) noch gestärkt werden. Nichtsdestotrotz ermöglicht eine Kapitaldeckung vom Grundsatz her die Chance (!) auf eine höhere Rendite, allerdings mit deutlich höherer Unsicherheit - wie nicht zuletzt die Finanzkrise vor Augen geführt hat. Unsere Schlussfolgerung ist deswegen die, dass die umlagefinanzierte Rente die Basis der Alterssicherung darstellen muss, insbesondere muss durch sie ein Mindestniveau gewährt werden, dass über der Grundsicherung liegt, sowie auch ein gewisses Maß an Lebensstandardsicherung. Darüber hinaus und darauf aufbauend halten wir wegen der Chance auf eine höhere Rendite eine ergänzende kapitalgedeckte Säule für sinnvoll. Die Riesterrenten in der gegenwärtigen Form müssen dazu allerdings grundlegend reformiert werden. Es hat sich gezeigt, dass zu viel Geld durch Provisionen, Verwaltungskosten etc. versickert und nicht bei den Versicherten ankommt. Dadurch sind die Renditen der Riesterrenten zur Zeit häufig unter der der gesetzlichen Rentenversicherung oder nur deswegen besser, weil sie staatlich subventioniert sind. Es macht aber aus unsere Sicht keinen Sinn, Produkte zu fördern, die ohne die Förderung schlechter sind als die gesetzliche Rentenversicherung. Wir wollen deswegen ein öffentlich organisiertes Produkt für die zusätzliche Vorsorge, ähnlich wie das z.B. in Schweden der Fall ist. Wir nennen das Basisprodukt. Bei diesem Basisprodukt fallen keine Provisionen an und die Verwaltungskosten - das zeigen die Erfahrungen aus Schweden - sind gering. Außerdem werden mit diesem Basisprodukt auch diejenigen erreicht, die keine Finanzmarktexperten sind und denen der gesamte Riestermarkt zu kompliziert oder zu unsicher ist. Wir erhoffen uns, dass mehr Menschen, insbesondere mit geringen Einkommen, die heute relativ selten "riestern", mit diesem Basisprodukt zusätzlich für ihr Alter vorsorgen. Es soll aber niemand dazu gezwungen werden, das Basisprodukt soll ein Angebot sein.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Strengmann-Kuhn

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