Frage an Wolfgang Stefinger von Thomas P. bezüglich Wirtschaft
Eine der lebhaftesten politischen Diskussionen der letzten 4 Jahre haben die Freihandelsabkommen ausgelöst. Im folgenden werde ich mich auf CETA konzentrieren.
Meiner Ansicht nach gab es einen eklatanten Unwillen der Verhandlungsträger, die Öffentlichkeit über den Stand der Verhandlungen zu informieren oder an der Willensbildung mitwirken zu lassen. So wurde z.B. der Versuch von über 300 NGOs (die 3,28 Mio. Unterschriften gesammelt hatten), eine Europ. Bürgerinitiative gegen CETA zu gründen, von der Europ. Kommission sabotiert. Der EuGH hat dieses Vorgehen im Nachhinein (und viel zu spät) als nicht rechtens verworfen.
Auch die Darstellung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erschien mir nicht adäquat. So wurde suggeriert, dass es bei CETA hauptsächlich um die Senkung von Zöllen und die Vereinheitlichung von Normen gänge. Die Kritik der meisten NGOs richtete sich jedoch im wesentlichen auf ganz andere Punkte des Abkommens. Auch die Berichterstattung über eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre (17.09.2016) war der Wichtigkeit des Themas nicht angemessen. (Nebenbei: Die Berichterstattung im (ebenfalls öffentlich-rechtlichen) DLF fand ich dagegen in Ordnung.)
Hier meine Fragen:
* Haben Sie sich als MdB ausreichend über den Fortgang der Verhandlungen informiert gefühlt? Fanden Sie Ihren Einfluß angemessen?
* Wie soll die Öffentlichkeit in Zukunft an der politischen Willensbildung bei Freihandelsabkommen beteiligt werden?
* Wäre es nicht besser, bei solch weitreichenden Fragen die Wähler per Volksentscheid am Ende des Verhandlungsprozesses entscheiden zu lassen?
* Wie beurteilen Sie den derzeitigen Zuschnitt von Freihandelsabkommen? Warum wird nicht nur über Zölle und Normen verhandelt? Warum muss der Investorenschutz Teil eines solchen Abkommens sein? Warum gehören (einklagbare) Arbeitnehmen- und Umweltschutzrechte nicht in solches Abkommen?
Sehr geehrter Herr Pasch,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Freihandelsabkommen CETA. Sie finden umfangreiche Informationen über CETA auf der Internetseite der Europäischen Kommission, darunter den komplett ausgehandelten Vertragstext in deutscher Übersetzung unter folgendem Link:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52016PC0444&from=EN
Das CETA-Abkommen hat die Europäische Kommission auf Grundlage eines Mandats der Mitgliedsstaaten mit der kanadischen Regierung verhandelt. Über den Verhandlungsstand wurde die Bundesregierung regelmäßig unterrichtet. Der Deutsche Bundestag hat intensiv über verschiedenste Aspekte des CETA-Abkommens und über CETA als Ganzes beraten und jeder einzelne Abgeordnete wurde unter anderem in Form zahlreicher Antworten der Bundesregierung über CETA informiert. Diese Antworten der Bundesregierung und viele weitere Informationen aus Parlamentsdebatten, Anhörungen und Ausschüssen sind öffentlich auf der Internetseite des Deutschen Bundestages abrufbar. Es gibt kaum ein Handelsabkommen, das derart umfassend in der Öffentlichkeit diskutiert wurde wie CETA.
Die CSU setzt sich dafür ein, in wichtigen politischen Fragen bundesweite Volksentscheide einzuführen. Der bayerische Finanzminister Markus Söder hat vor diesem Hintergrund sogar die Forderung erhoben, per Volksentscheid über Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA abzustimmen. Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat jedoch entschieden, dass keine gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, um eine Bürgerbefragung über CETA in Bayern zuzulassen, da durch CETA keine Gesetzgebungsrechte der Bundesländer auf die Ebene der EU übertragen werden.
Das CETA-Abkommen bringt wichtige Vorteile für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft und ist ein Garant für die Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Der Investitionsschutz ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil von Abkommen. Deutschland gilt als Pionier auf diesem Gebiet und hat erstmals 1959 ein Investitionsabkommen abgeschlossen. Im CETA-Abkommen ist ein völlig neuer Ansatz zur Lösung von Investitionsstreitigkeiten verankert. Auf Vorschlag der EU-Kommission soll ein internationaler Handelsgerichtshof entstehen mit Berufungsmöglichkeit und klaren Regelungen, die mehr Transparenz schaffen. So sieht CETA vor, dass die Richter des Handelsgerichtshofs nicht kommerziell tätig sein dürfen und von den Prozessparteien nicht ausgesucht werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Stefinger
Mitglied des Deutschen Bundestages