Frage an Wolfgang Seidel von Karl Dr. H. bezüglich Umwelt
1) Welchen Stellenwert geben Sie Natur- und Umweltschutz im Verhältnis zu Verkehrsaspekten oder wirtschaftlichen Belangen oder Zwängen? Sehen Sie Grenzen von Straßenbauprojekten in besonders hervorragenden Natur- und Erholungsräumen?
2) Der erste Zwischenbericht der Machbarkeitsstudie ermittelte für diesen Planungsraum durchwegs sehr hohe und äußerst hohe Planungshindernisse und Raumwiderstände. Was halten Sie davon, dass die Studie ohne Rücksicht auf die festgelegten Planungshindernisse fortgesetzt wird?
3) Halten Sie die Regelungen für den Lärm- und Immissionsschutz an Straßen in der Bundesrepublik für ausreichend?
4) Was halten Sie davon, dass zahlreiche Verwaltungsbehörden und sogar viele
Gerichte sich über die für Strassenneubauten zwingend vorgeschriebenen Immissionsgrenzwerte nach der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) hinwegsetzen?
Nach der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (E. vom 20.05.1998-11 C 3/97 = NVwZ 1999.67) ist bei Strassenneubauten oder wesentlichen Änderungen, die zu gesundheitsschädlichen Lärmwerten führen, eine Umplanung vorzunehmen.
Sind Sie dazu bereit, diese Forderung, gegen die ebenfalls häufig verstoßen wird,
zum Gegenstand einer zwingenden rechtlichen Regelung zu machen?
Über eine baldige Antwort würden wir uns freuen
(Vereinigte Bürgerinitiativen Südlicher Erholungsraum München)
Sehr geehrter Herr Dr. Hofmann!
Zu 1)
Ohne Wirtschaft können wir nicht leben und ohne intakte Umwelt und Erholungsräume auch nicht.
Es gilt, beides mit intelligenten Lösungen in Einklang zu bringen und in vielen Bereichen ist Umweltschutz eine interessante Wirtschaftspolitik.
Energieeffizienz und erneuerbare Energien zum Beispiel liefern uns Möglichkeiten für ein nachhaltiges, gesundes und interessantes Wachstum. Da seit den 70er Jahren der Wachstumstrend beim Wirtschaftswachstum rückläufig ist, ist dies eine interessante Perspektive. Wir sollten uns aber bewusst sein, dass ein Wirtschaftssystem auch bei geringerem Wachstum nicht zu einer immer breiter werdenden Armut führen darf, und es ist ungewiss ob wir stets Wachstum haben werden und ob stets Wachstum möglich ist.
Was den Verkehr angeht, so setze ich auch die Schiene und den öffentlichen Nahverkehr. Dieser darf nicht entdemokratisiert, privatisiert und rein an Interessen der Profitmaximierung ausgerichtet werden. Er hat andere Aufgaben zu erfüllen, die einer Profitmaximierung widersprechen. Das Beispiel der Bahn in Neuseeland sollte uns eine Warnung sein.
Zu 2)
Ich gehe davon aus, Sie sprechen vom Süd-Ring.
Es mag eine fixe Idee sein, dass ein Ring geschlossen werden muss. Beim Südring handelt es aus meiner Sicht heraus um ein Prestigeobjekt und um eine fixe Idee.
Die Verkehrsströme fließen anders, so dass hier mit einem enormen Aufwand etwas befürwortet wird, für das aus meiner Sicht kein wirklicher Bedarf besteht. Der Ausbau des Tunnels am Luise-Kieselbach-Platz wird hier eh eine Beschleunigung darstellen und auch dem Verkehr im Sinne eines Südrings ausreichend dienlich sein. Dieser Tunnel wird den Verkehr auf der Autobahn München-Salzburg, die offiziell ja eine Bundesstraße ist, noch weiter verstärken. Bereits jetzt sind die Anliegergemeinden mit völlig unzureichenden Lärmschutz ausgestattet. Ich bin für Lärmschutz statt Südring. Der Südring sollte endlich aufgegeben werden, es gibt dafür keine bezahlbare vernünftige Lösung, die den Anwohnern und der Umwelt gerecht wird.
Zu 3)
Nein
4) Lärmschutz bedeutet Kosten. Die Angst vor besserem Lärmschutz bedeutet Angst vor Kosten. Ich sehe nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz in der Verfassung keinen Grund, warum Anwohner einer bestehenden Straße mehr Lärm durch wachsenden Verkehr zumutbar sein soll als Anwohnern bei einem Straßenneubau.
Ergänzung:
Deutschland ist aufgrund seiner Lager das Transit-Land schlechthin. Es ist mir völlig unverständlich, dass fast überall für alle KFZ Autobahn-Maut verlangt wird. Nur in Deutschland wird so etwas nicht umgesetzt. Wenn man von Kosten spricht, benötigt man eine Gegenfinanzierung. Für Bewohner dieses Landes ließe sich die Maut über eine Kfz-Steuerreduzierung aufkommensneutral gestalten. Die Mehreinnahmen könnten zweckgebunden für den Lärmschutz eingesetzt werden. Dieses würde sogar Arbeitsplätze schaffen.
Mit freundlichen Grüssen,
Ihr
Wolfgang Seidel