Frage an Wolfgang Jüttner von Olaf S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Stratmann,
ich habe einige Fragen zur Zukunft der nied. Hochschulen. Ich habe 2005 mein tech. Studium in Nds. abgeschlossen und bereits während des Studiums einen stetigen "Niedergang" der Hochschulen zu beklagen. Dies betrifft insbesondere folgende Punkte:
1.) Seit Jahren werden die Gelder für Instandhaltungsmassnahmen stetig zurückgefahren. Technische Versuchsanlagen die ein hohes Interesse in der Industrie erzeugen, entsprechen teilweise dem Stand der 60-70er Jahr; moderne Forschung ist so nicht durchzuführen.
2.) Für eine gute und hinsichtlich der Zahlung von Studiengebühren durch die Studenten angemessen Betreuung ist deutlich zu wenig Lehrpersonal vorhanden. Anspruch und Wirklichkeit gehen weit auseinander.
3.) Die Vorlesungsräume sind teilweise in einem solch miserablem Zustand, dass nicht unter vernünftigen Bedingungen gelehrt werden kann. In einem Raum mit 150 Plätzen müssen bis zu 200 Studierende Platz finden. Es herrscht eine deutliche Platznot.
Allgemein betrachtet, macht mir die Bezahlung des technischen sowie des Lehrpersonals die größte Sorge. Mit dem neuen Tarifvertrag und den damit verbundenen Massnahmen ist es speziell im technischen Bereich sehr schwer geworden hochqualifiziertes Personal zu finden. Zukunftsperspektiven sind nicht vorhanden. Im Lehrbereich ist es äußert unattraktiv geworden, als hochqualifizierter Mitarbeiter z.B. aus der Industrie kommend, an einer nds. Hochschule zu beginnen. Dies wird in einigen Jahren ebenfalls die Professuren betreffen, bei denen bereits heute unnötig viel wertvolle Zeit damit aufgebracht werden muss, "irgendwie" Gelder einzuwerben, anstatt sich um Lehre und Forschung zu kümmern. Anstatt Unsummen an Geldern in "öffentlichkeitswirksame?" Eliteuniversitäten und Exzellenzinitiativen zu stecken, ist eine Stärkung der Basisausbildung dringend notwendig. Diese Basis bildet das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Was würden Sie gegenüber der derzeitigen Landesregierung besser machen?
Guten Tag Herr Sieker,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ihre Anfrage ist sehr umfassend. Bevor ich mit eigenen Worten das wiederhole, was wir im Wahlprogramm niedergelegt haben, sende ich Ihnen einfach den entsprechenden Auszug aus dem Programm.
I. Hochschulen: Kraftwerke für Ideen und Innovation
Hochschulen sind nicht nur Orte der Orientierung mit Bildungsauftrag. An den Hochschulen werden die dringend benötigten hoch qualifizierten Arbeitskräfte von morgen ausgebildet. Hochschulen legen die Grundlagen für neue Verfahren und Produkte und sorgen für einen schnellen Transfer neuen Wissens in die Wirtschaft und sie vermitteln uns neue Erkenntnisse. Sie tragen so entscheidend dazu bei, den gesellschaftlichen Fortschritt zu ermöglichen. Hochschulen sind wichtige Einrichtungen für die Bedeutung einer Stadt, einer Region und des gesamten Landes.
Wir wollen in Niedersachsen die Potenziale unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen für Innovation nutzen, die Qualifikation der Beschäftigten verbessern und mehr junge Menschen als bisher motivieren, ein Studium zu beginnen.
Die Hochschulpolitik der CDU/FDP-Landesregierung wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Unser Land liegt bereits heute im internationalen und nationalen Vergleich bei der Zahl der Hochschulabsolventen auf den hinteren Plätzen und droht angesichts der demografischen Entwicklung weiter zurückzufallen. Trotzdem wurden von der jetzigen Landesregierung Tausende von Studienplätzen an Niedersachsens Hochschulen vernichtet und die Forschungs- und Innovationskraft durch massive Kürzungen gefährdet. Seit ihrem Regierungsantritt hat sie 210 Millionen Euro bei den Hochschulen gekürzt und das Land stellt aktuell 15.000 Studienplätze weniger zur Verfügung, als junge Niedersachsen studieren.
Mit der Einführung von allgemeinen Studiengebühren für das Erststudium wurden neue soziale Hürden errichtet.
Wir werden diese perspektivlose und zukunftgefährdende Hochschulpolitik beenden und die Stärkung der Hochschulen wieder zu einer zentralen Aufgabe der Landespolitik machen.
Niedersachsen hat an seinen Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen Herausragendes zu bieten. Auf Fachgebieten wie der Bio- und Umwelttechnologie, der Hirnforschung, den Ingenieurwissenschaften, der Medizintechnik, aber auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften belegen Niedersachsens Hochschulen und Forschungseinrichtungen Spitzenplätze. Wir müssen die vorhandenen Stärken ausbauen und Rahmenbedingungen in Forschung und Lehre schaffen, die uns im Wettbewerb um die klügsten Köpfe konkurrenzfähig machen.
Eine SPD-Landesregierung wird deshalb:
* den Hochschulpakt umsetzen und bis 2010 zusätzlich 11.200 Studienplätze an den Hochschulen schaffen. Die größte Herausforderung für die Hochschulen kommt nach 2010 auf sie zu, wenn die geburtenstarken Jahrgänge und die doppelten Abiturjahrgänge gleichzeitig die Schulen verlassen. Die erhöhte Studiennachfrage ist zugleich eine Herausforderung und eine große Chance für unser Land. Wir sollten sie nutzen. Wir werden uns für eine Fortschreibung des Hochschulpaktes ab 2011 einsetzen und die Studienplatzkapazitäten bis 2020 weiter ausbauen. Dabei werden wir darauf achten, dass dies nicht zulasten der Qualität der Lehre und der Ausbildung geht.
* den Ausbau der Hochschulen nutzen, um den Anteil der Frauen in Lehre und Forschung zu erhöhen.
* die Studiengebühren für das Erststudium abschaffen, damit auch Kinder aus einkommensschwächeren Familien die Chance zum Studium haben, ohne mit hohen Schulden in den Beruf zu starten.
* für eine Erhöhung des BAFÖG eintreten, damit es ein echtes Instrument für mehr Chancengleichheit bleibt.
* die Hochschulen für Teilnehmer und Absolventen der Berufsausbildung weiter öffnen. Heute schon kann eine Berufsausbildung den Zugang zu Hochschulen öffnen. Trotzdem ist der Anteil derjenigen, die den Übergang schaffen, gering. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Ausbildungsleistungen in der beruflichen Bildung auf das Hochschulstudium angerechnet werden. Schon jetzt bietet eine Reihe von Fachhochschulen dafür duale Studiengänge an. Diesen Weg wollen wir ausbauen und die Chancen einer dualen Bachelor-Ausbildung nutzen.
* die Fachhochschulen als Motoren regionaler Entwicklung fördern. Ihre regionale Verankerung, ihre anwendungsorientierte Forschung und die praxisbezogene Lehre machen sie zu wichtigen und anerkannten Partnern für die Wirtschaft, vor allem der kleinen und mittleren Unternehmen. Die SPD wird daher zusätzliche Bachelor- und Masterstudiengänge vor allem an Fachhochschulen einrichten. So sichern wir den Absolventen gute Berufschancen und stärken die Wirtschaftskraft in den Regionen.
* die Autonomie der Hochschulen stärken, damit sie eigene Profile in Lehre und Forschung herausbilden und sich besser im nationalen und internationalen Wettbewerb behaupten können. Dabei werden wir an das Reformgesetz der letzten SPD-Landesregierung anknüpfen und diesen Weg konsequent weitergehen. Dazu gehört auch die Modernisierung des Dienst- und Besoldungsrechts. Die Juniorprofessur als erfolgreichen Weg der Nachwuchsförderung wollen wir wieder stärken.
* für den Bestand der niedersächsischen Studentenwerke eintreten, eine Übertragung ihrer Aufgaben an die Hochschulen ablehnen und für die notwendige Finanzausstattung sorgen. Studentenwerke sind gefordert, rechtzeitig die sozialen Voraussetzungen für eine deutlich höhere Zahl von Studienanfängern, zum Beispiel im Bereich der Wohnraumversorgung, zu schaffen. Dabei werden wir sie unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Jüttner