Frage an Wolfgang Gunkel von Benjamin G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Hallo Herr Gunkel.
ich freue mich, dass du es auch dieses Jahr schaffen wirst ins KidsCamp, dem Ferienlager der Falken Sachsen vorbei zu schauen und dich damit symbolisch auch für Kinderrechte einzusetzen.
Ich kann mich noch erinnern, dass du beim letzten Mal den Kindern versprochen hattest gegen kommende Bundeswehreinsätze zu stimmen. Allerdings hast du für die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes (ISAF, Tornado), für die Verlängerung des Kosovo-Einsatzes gestimmt. Wie kannst du das erklären?
Meine zweite Frage ist: Weißt du wie das momentane Verfahren aussieht, um Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben?
Mit freundlichen Grüßen!
Benjamin Göhler
Lieber Benjamin,
danke für Deine Frage auf Abgeordnetenwatch.de.
Deine erste Frage bezieht sich auf mein Abstimmungsverhalten bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan wird von mir aufmerksam und kritisch begleitet. Das drückt sich auch in meinem Abstimmungsverhalten aus. Mehrmals habe ich gegen Einsätze oder ihre Verlängerung gestimmt, so am 01.06.2006 bei der Entscheidung über einen Kongo-Einsatz oder am 09.03.2007 bei der Abstimmung über die Entsendung von Tornados nach Afghanistan. Bei aller Kritik an Art und Weise der Intervention nach dem 11. September ist Afghanistan von einer Instabilität geprägt, die einen sofortigen Abzug der Bundeswehr nicht zulässt. Das habe ich bei meinen Reisen nach Afghanistan eindrucksvoll vor Augen geführt bekommen. Auch ein überzeugter Antimilitarist wie ich muss verantwortungsvoll schauen, was eine Nichtverängerung des Mandates zur Folge hätte: Afghanistan würde in einem Bürgerkrieg untergehen, der die zarten Wiederaufbau- und Demokratisierungsschritte zunichte machen würde.
Dabei ist klar: So wie bisher darf es nicht weitergehen. Deshalb setze ich mich in diversen Gremien wie dem Innenausschuss oder der Task Force Afghanistan (SPD) für einen Paradigmenwechsel ein. Die eingesetzten Mittel müssen transparent und sichtbar vom militärischen Sektor auf den zivilen Wiederaufbau umgeschichtet werden. Die Trennung zwischen OEF und ISAF muss aufgehoben werden und ISAF als Schutz des zivilen Wiederaufbaus neu definiert werden. Aktuelle Umfragen unter der afghanischen Bevölkerung belegen, dass gerade das deutsche Engagement begrüßt und geschätzt wird. Diese Reputation brauchen wir auch, um Afghanistan beim Aufbau staatlicher Infrastruktur und der Etablierung demokratischer Strukturen zu unterstützen.
Anders aber ähnlich verhält es sich im Kosovo. Auch wenn ich den Krieg gegen Jugoslawien 1999 sehr kritisch gesehen habe, ergeben sich Folgeverpflichtungen, deren Nichterfüllung niemandem nützen. Auch wenn das sehr nach Sachzwanglogik klingt, ist es meiner Meinung nach alternativlos.
Deine Frage zu den Kinderrechten berührt ein weites Feld. Wie viele meiner Kollegen halte ich die Festschreibung von Kinderrechten im Grundgesetz für einen rein symbolischen Akt. Das Grundgesetz ist immer wieder von verschieden Seiten Ziel von Änderungswünschen gewesen, die unabhängig von Wert und Wichtigkeit des Anliegens den Charakter der "Verfassung" untergraben.
Viel wichtiger ist meines Erachtens die bedingungslose Ratifizierung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen von 1989, die Deutschland 1992 nur unter Vorbehalt unterzeichnet hat. Durch das "Übereinkommen über die Rechte des Kindes" werden Kinder erstmalig als Inhaber von Rechten und Freiheiten und damit als eigenständige Rechtssubjekte angesehen.
Von den fünf Vorbehalten der damaligen CDU/FDP-Regierung konnten wir in den letzten Jahren vier streichen. Geblieben ist eine asyl- bzw. zuwanderungsrechtliche Erklärung, die die Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren betrifft. Diese haben bisher nicht die gleichen Rechte wie deutsche Kinder ohne Migrationshintergrund. Dabei geht es um höchstens 1000 Kinder in Deutschland. Hier müssen wir uns für eine bedingungslose Ratifizierung einsetzen, bevor wir symbolische Politik mittels Grundgesetz betreiben.
Ich hoffe die Antworten waren ausreichend und wünsche Dir alles Gute. Wir sehen uns auf dem KidsCamp!
Dein Wolfgang