Frage an Wolfgang Gunkel von Clemens K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Gunkel,
wie Sie sicher wissen, sind in Darfur / Sudan viele Menschen direkt durch oder an den Folgen von Gewalt gestorben oder mussten fliehen. Dem UNO-Flüchtlingswerk beispielsweise fehlen 5 Mio. Euro bis Ende des Jahres 2007. Welchen zusätzlichen humanitären Beitrag könnte ihrer Meinung nach die Bundesregierung leisten? Was halten Sie von einer stärkeren Beteiligung Deutschlands an der geplanten UN / AU-Friedenstruppe? Sind Einfrierungen der Visa-Erteilung ein geeignetes Mittel, um Sudan unter Druck zu setzen? Und was unternimmt die Bundesregierung, um den Friedensprozess zu fördern?
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Knuth
Sehr geehrter Herr Knuth,
auf Ihre Fragen zum Thema Darfur-Krise möchte ich wie folgt antworten:
*Welchen zusätzlichen humanitären Beitrag könnte ihrer Meinung nach die Bundesregierung leisten?*
Zunächst ist der große humanitäre Beitrag der deutschen Hilfsorganisationen in Darfur bzw. dem Ostschad hervorzuheben. Unter anderem sind Ärzte ohne Grenzen, CARE, Technisches Hilfswerk und World Vision vertreten. Die Beiträge der Bundesregierung zielen auf die Unterstützung und Absicherung der humanitären Projekte vor Ort ab.
Es muss im Rahmen der EU und der UN auch weiterhin politischer Druck auf die sudanesische Regierung ausgeübt werden, um die Sicherheit des Personals der humanitären Organisationen zu gewährleisten und deren Arbeit zu erleichtern.
Den aus dem Ausland in den Sudan zurückkehrenden Flüchtlingen hilft der UNHCR, Binnenvertriebenen die Internationale Organisation für Migration (IOM) und die Mission der Vereinten Nationen in Sudan (UNMIS). Diese Projekte werden von der Bundesregierung auch in Zukunft finanziell unterstützt.
Bezüglich des deutschen Engagements im humanitären Bereich vertraue ich auf die zuständige Ministerin, die in solchen Belangen stets den richtigen Umfang deutscher Hilfe geleistet und unterstützt hat.
*Was halten Sie von einer stärkeren Beteiligung Deutschlands an der geplanten UN / AU-Friedenstruppe?*
Entsprechend dem Pflichtanteil am VN-Haushalt von 8,6% wird Deutschland auch für die Finanzierung der Friedensmission von VN und AU in Darfur (UNAMID) einen substantiellen Beitrag leisten. Eine Beteiligung Deutschlands mit Bodentruppen an der von Ihnen angesprochenen „Hybridmission“ UNAMID ist jedoch nicht geplant und steht in der Regierungskoalition auch nicht zur Debatte.
Allerdings beteiligt sich Deutschland mit bis zu 75 Soldaten an der Friedensmission der Vereinten Nationen im Südsudan (United Nations Mission in Sudan/UNMIS), die die Umsetzung des am 9. Januar 2005 zwischen der sudanesischen Regierung und der südsudanesischen Volksbefreiungsbewegung abgeschlossenen Nord-Süd-Friedensabkommens überwacht. Der Deutsche Bundestag hat am 14.06.2007 der von der Bundesregierung am 23. Mai 2007 beschlossenen Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Überwachungsmission AMIS der Afrikanischen Union (AU) in Darfur/Sudan bis zum 15. Dezember 2007 zugestimmt.
Die logistische Unterstützung der AU-Mission wird durch die Bundeswehr unverändert gewährleistet. Zudem engagiert sich die Bundesregierung personell beim Aufbau einer Polizei im Krisengebiet, um die Sicherheit auch nach Abzug des internationalen Militärs zu gewährleisten.
*Sind Einfrierungen der Visa-Erteilung ein geeignetes Mittel, um Sudan unter Druck zu setzen?*
Solch eine Maßnahme entfaltet meines Erachtens immer erst dann ihre volle Wirkung, wenn sie von allen Beteiligten der internationalen Gemeinschaft angewendet wird. Wenn dies allerdings gegeben wäre und die entscheidenden Akteure wirklich alle namentlich bekannt und damit international nicht mehr akkreditiert werden könnten, dann gilt für mich diese Form internationalen Boykotts als sehr fruchtbar.
*Was unternimmt die Bundesregierung, um den Friedensprozess zu fördern?*
Die Bundesregierung setzt sich seit Beginn der Darfur-Krise kontinuierlich für eine politische und friedliche Lösung des Konfliktes ein. Sie steht hierzu auch in engem Kontakt mit dem Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Darfur, Jan Eliasson, sowie dem EU-Sonderbeauftragten für den Sudan, Pekka Haavisto.
Während ihrer EU-Ratspräsidentschaft konnte die Bundesregierung wichtige Erfolge auf dem Weg zu einer Befriedung der Region erzielen:
Aufgrund der deutschen Initiative hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bei seiner 4. regulären Sitzung eine Resolution zu Darfur verabschiedet, in der die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen verurteilt und ein Gremium zur Umsetzung einschlägiger Empfehlungen und zur Überwachung der Situation in Darfur eingerichtet werden.
Zudem hat sich die Bundesregierung erfolgreich für eine großzügige Förderung der AU-Mission im europäischen Rahmen eingesetzt. Im Rahmen der finanziellen Unterstützung von AMIS (African Union Mission in Sudan) durch die EU sind bislang insgesamt 230 Mio. Euro aus Mitteln der Afrikanischen Friedensfazilität bereitgestellt worden (deutscher Anteil etwa 23 Prozent). Weitere Zusagen sind laut Bundesregierung in Vorbereitung.
Die Bundesregierung hat sich erfolgreich für die Verabschiedung von Ratsschlussfolgerungen eingesetzt, in denen die sudanesische Regierung aufgefordert wird, mit den Vereinten Nationen (VN) und der Afrikanischen Union (AU) bei der Einrichtung einer gemeinsamen Friedensmission der AU und VN („Hybridmission“) in Darfur zusammenzuarbeiten, Hilfsorganisationen den Zugang zu ermöglichen und ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zum Schutz der eigenen Bevölkerung nachzukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gunkel