Frage an Wolfgang Gunkel von Sven K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Gunkel,
als einziger Abgeordneter der SPD haben Sie gegen den Rettungsschirm gestimmt. Welche Motive waren dabei für Sie leitend?
Beste Grüße,
Sven Köster
Sehr geehrter Herr Köster,
Ich habe mit „Nein“ gestimmt, weil schon jetzt abzusehen ist, dass es auch bei diesem Rettungsschirm nicht bleiben wird. Die Regierung sagt nicht die Wahrheit über das Ausmaß der Finanzkrise. Ich kann nicht die Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen, mit der die Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen ruiniert wird. Jeder weiß, dass auch der erweiterte EFSF, der dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt wurde, unzureichend ist. Es bleibt erneut offen, ob und in welchem Umfang einzelnen Ländern tatsächlich geholfen wird, wenn sie in Refinanzierungsschwierigkeiten kommen. Außerdem ist das begrenzte Ausleihvolumen nicht ausreichend, wenn z.B. auch Länder wie Italien und Spanien in solche Schwierigkeiten geraten.
Der Anstieg der Staatsverschuldung seit 2007/2008 ist eindeutig eine Folge der Finanzkrise und damit das Resultat unregulierter Finanzmärkte. Vor der Finanzkrise hatten alle Länder nachweisbar Erfolge in der Schuldenbegrenzung erzielt. Das Hochschnellen der Staatsschulden seit Ausbruch der Krise hätte weder durch Schuldenbremsen noch durch einen verschärften Stabilitätspakt verhindert werden können.
Die Bundesregierung ist mit ihrer fatalen Anti-Krisenpolitik im Fall Griechenland gescheitert. Ihre Politik der radikalen Spardiktate und drastischer Lohn- und Ausgabenkürzungen hat Griechenland in eine schwere Rezession mit verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen getrieben. Die Bundesregierung trägt dadurch – aber auch, weil sie alle bisherigen Stabilisierungsmaßnahmen bis zum erweiterten ESFS immer erst monatelang abgelehnt hat – eine wesentliche Mitverantwortung für die Eskalation der Eurokrise und die Gefahr der Ansteckung anderer Euroländer.
Daneben gibt es noch mehrere weitere Punkte, die mich zu meiner ablehnenden Haltung bewogen haben; so das Ausbleiben der Einführung einer Finanztransaktionssteuer, einer Abgabe, die von der Bundesregierung anfangs rigoros abgelehnt und nach späterer Einsicht dann bei den Verhandlungen innerhalb der EU nur halbherzig voran gebracht wurde. Ernsthaft ins Auge fasst die Bundesregierung eine Finanztransaktionssteuer erst jetzt. Auch hätte man nach den Erfahrungen der Lehmann-Pleite die Banken per Gesetz zu einer Erhöhung ihrer Eigenkapitalquote zwingen müssen, damit beim nächsten Crash nicht wieder die Steuerzahler mit ihrem Geld für die Schulden der Banken einstehen müssen. All das ist unterblieben.
Ich hoffe, das reicht Ihnen zunächst in dieser knappen Zusammenfassung aus. Ansonsten könnte ich Ihnen auch gern in einem persönlichen Gespräch weitere Auskünfte zu meiner Position geben.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gunkel, MdB