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Frage von Sven S. •

Frage an Wolfgang Gunkel von Sven S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Gunkel,

im Jahre 1994 fand in Ruanda einer der schlimmsten Völkermorde der Weltgeschichte statt. Binnen weniger Monate wurden rund 800.000 Menschen ermordet. Auch viele Kämpfer der heutigen Rebellengruppe „Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas“ (FDLR) waren an dem Genozid beteiligt und sind danach in den Kongo geflüchtet.

In Ruanda herrscht jetzt Frieden, jedoch gehen im Osten des Kongo das Morden und die Verbrechen an der Zivilbevölkerung weiter. Die FDLR terrorisiert die Bevölkerung, mordet, vergewaltigt, enthauptet und verbrennt Menschen bei lebendigem Leib. Wie jede organisierte Gruppe hat auch die FDLR eine Führung. Diese politische Spitze saß lange Zeit unberührt in Deutschland: Ignace Murwanashyaka, lebte seit Jahren in Mannheim, obwohl er von Interpol gesucht wurde, dessen Auslieferung Ruanda seit Juli 2008 verlangt und gegen den die UN und EU 2005 Sanktionen verhängte.

Viel zu lange sind vor den Augen der deutschen Justiz Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus Deutschland heraus organisiert worden. In diesem Zusammenhang stelle ich Ihnen folgende Fragen:

1) Warum hat die deutsche Justiz trotz eindeutiger Informationen fast zwei Jahre lang die notwendigen Schritte zur Verhaftung und Anklage von Ignace Murwanashyaka unterlassen? Wer trägt hierfür die Verantwortung?
2) Wie soll mit den weiteren Unterstützern des FDLR-Netzwerk in Deutschland umgegangen werden?
3) Was muss generell getan werden, damit Kriegsverbrecher zukünftig nicht mehr ungestraft in Deutschland leben und von hier aus ihre Verbrechen organisieren können?

Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Antworten im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen,

Sven Scheid
Mitglied der deutschen Menschenrechtsorganisation Genocide Alert

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Sehr geehrter Herr Scheid,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de vom 03.02.2010, die ich Ihnen gern beantworte.

Zu 1.) Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens, demnach die Entscheidung über Asylanträge, liegt allein beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Bundesoberbehörde des Bundesministeriums des Innern (BMI).

Mit Verweis auf seine Tätigkeit in der „Forces Démocratiques pour la Libération du Rwanda“ (FDLR) wurde Ignace Murwanashyaka seine Asylberechtigung im Februar 2006 aberkannt, wogegen er allerdings Klage einreichte. Die Vorwürfe, die gegen Ignace Murwanashyaka erhoben werden, sind seit 2006 Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft.

Warum trotz der Hinweise wegen des Verdachts der Führung und Beteiligung an einer auf die Begehung von Völkermord, Mord, Vergewaltigung und die Rekrutierung von Kindersoldaten im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) gerichteten Vereinigung gegen Ignace Murwanashyaka, Präsident der FDLR, und dessen Stellvertreter Straton Musoni, sowie der Fahndung Murwanashyakas durch Interpol wegen Völkermord über einen längeren Zeitraum hinweg keine Konsequenzen gezogen wurden, kann ich nicht nachvollziehen.

Zu 2.) Ich begrüße es, dass Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni im November 2009 verhaftet worden sind. Ich erwarte, dass es jetzt so schnell wie möglich zu einem Prozess durch die deutsche Justiz kommt und Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni für die von ihnen begangenen Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden. Zum laufenden Verfahren kann ich Ihnen jedoch keine näheren Informationen mitteilen, da ich als Bundestagsabgeordneter keinen Zugriff auf diese Daten habe.

Seit den Verhaftungen scheint die FDLR im Osten der DRK geschwächt zu sein; einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge haben viele FDLR-Unterstützer ihre Waffen niedergelegt. Ich nehme an, dass die Führungskrise bei der FDLR im Osten der DRK auch die Strukturen der FDLR-Sympathisanten in Europa schwächt. Selbstverständlich muss auch in Zukunft Hinweisen über die Mitgliedschaft, Führung und Beteiligung in der FDLR nachgegangen und geprüft werden, ob konkrete Straftaten einen Anlass für die Strafverfolgung darstellen.

Zu 3.) Die Erfahrungen des Falls sensibilisieren sicher für Hinweise auf die Koordination von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen von Deutschland aus. Jedoch sollte aufgrund dieses Falles nun nicht das Asylrecht, oder die Möglichkeit, gegen die Aberkennung der Asylberechtigung Klage zu erheben, in Frage gestellt werden. Es müssen alle Fälle genau und unter Wahrung von unseren rechtsstaatlichen Prinzipien geprüft werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Wolfgang Gunkel