Frage an Wolfgang Gunkel von Brigitte K. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Gunkel,
demnächst stimmt der Bundestag über das Gesetz zur Sperrung von Kinderpornoseiten im Internet ab. Für einige ist es ein wirksames Gesetz zum Kinderschutz, für andere der Einstieg in eine Zensur-Infrastruktur. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Koppe
Sehr geehrte Frau Koppe,
Vielen Dank für Ihre Anfrage!
Die entschiedene Bekämpfung der Kinderpornografie ist ohne Zweifel dringend notwendig! Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. Das Herstellen, die Verbreitung und der Besitz von Kinderpornographie steht deshalb schon heute lückenlos unter Strafe.
Dennoch hat die Verbreitung von Kinderpornographie insbesondere im Internet in den letzten Jahren zugenommen. Dieser kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internetprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Bei diesen Seiten besteht aber die technische Möglichkeit, den Zugang von Deutschland aus zu sperren.
Allerdings stellt sich die Frage, ob die Sperrung des Zugangs zu spezifischen Internetseiten ein angemessenes und wirkungsvolles Mittel zur Bekämpfung der Kinderpornografie darstellt. Bei der Sperrung von Internetseiten handelt es sich in meinen Augen um ein schwieriges Spannungsfeld zwischen dem unbedingt notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie einerseits und einer potentiellen Einschränkung der Informationsfreiheit andererseits. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, Menschen den Zugang zu kinderpornografischen Seiten zu verwehren. Es handelt sich dabei um ein strafrechtlich aber vor allem auch moralisch nicht zu tolerierendes Verhalten, dass keinerlei Verständnis erwarten kann.
Wie zahlreiche andere Datenschutzengagierte, sehe aber auch ich die Gefahr, dass die Regelung ein Einfallstor dafür sein kann, auch andere, z.B. politisch unliebsame Internetseiten, zu sperren. Das Internet bietet eine großartige Chance demokratischer Information und Kommunikation. Falls sich die Praxis bestimmte Internetseiten zu blockieren auch in anderen Bereichen durchsetzten würde, wäre dies ein folgenschwerer Eingriff in unsere Informationsfreiheit.
Angesichts so verabscheuungswürdiger Verbrechen wie der Kinderpornografie scheint die Abwägung zwischen Verbrechensbekämpfung und der Verteidigung von Freiheitsrechten mitunter zynisch: Es fällt schwer, angesichts eines so schrecklichen Vergehens mit Augenmaß zu handeln.
Gerade deshalb ist es aber die Aufgabe verantwortungsvoller Politiker abzuwägen, ob nicht Möglichkeiten einer effektiven Bekämpfung der Kinderpornografie bestehen, ohne so grundlegend in Freiheitsrechte einzugreifen. Dies gilt um so mehr, als die Wirksamkeit der Internetsperren umstritten ist.
Die SPD-Fraktion wirbt dafür, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden wir insbesondere prüfen, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Gunkel