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Frage von Wilfried S. •

Frage an Wolfgang Bosbach von Wilfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ihre Ablehnung von Volksbegehren, sehr geehrter Herr Bosbach, begründen Sie der Aktion Volksabstimmung gegenüber unter anderem mit dem Hinweis auf die "Gefahr der Bevormundung des Bürgers durch demokratisch nicht legitimierte Vereinigungen," weil, so argumentieren Sie, "die Bürger angesichts der erforderlichen Quoten ihre Initiativen nicht selbst vorantreiben, sondern auf die Unterstützung von Verbänden angewiesen wären," habe ich auf der Internetseite der Aktion ( http://www.aktion-volksabstimmung.de ) gelesen.
Meine Frage hierzu an Sie:
Rührt das Begehren einer zunehmend größeren Zahl von Bürgern - von Teilsouveränen - nicht etwa gerade daher, daß sie zunehmend den Glauben daran verlieren, ihre durch sie legitimierten Vertreter würden ihre Interessen vertreten? Seien vielmehr selbst nach erfolgter Wahl in die Parlamente eher bestrebt, aus unterschiedlichen Motiven die Wünsche von Verbänden, Vereinigungen, Großunternehmen und deren Lobbyisten zu entsprechen?

Hätten die, die das glauben recht, läge Ihrer Vermutung doch ein Gutteil Projektion zugrunde, oder?

Aber - natürlich kann, wie der Dalai Lama dies anzumerken pflegt, auch alles ganz anders sein und Ihre, auf die Weisheit des Mandats, der Berater, der Reputation und des Apparats gestützte Anschauung wäre wegweisend für zunehmend irritierte Bürger wie mich.

Bitte erläutern Sie´s mir, denn schließlich wird in absehbarer Zeit auch hier im Wahlkreis wieder ein Kandidat mit dem Hinweis auf die gute Absicht um mein Vertrauen werben und ich werde mich skeptisch fragen müssen, womit er oder sie glaubt das verdient zu haben.

Mit freundlichem Gruß
Wilfried Steinicke

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Sehr geehrter Herr Steinicke,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 3. Mai 2007 zum Thema „Demokratie und Bürgerrechte“, die mir von der Internetseite www.abgeordnetenwatch.de übermittelt worden ist.

Ich möchte Sie herzlich bitten, mir Ihre Anschrift und Ihre E- Mailadresse zukommen zu lassen, da ich Ihnen gerne auf diesem Wege persönlich Ihre Frage beantworten würde.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Bosbach

Anmerkung der Redaktion
Dieser Text ist ein Standard-Textbaustein, der die Frage nicht beantwortet. Wir zählen sie daher nicht in der Statistik.
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Sehr geehrter Herr Steinicke,

zum Teil haben Sie sicherlich Recht: Die Skepsis gegenüber Verbandseinfluss und Lobbyismus ist eines der klassischen Argumente des Anti-Parlamentarismus besonders in Deutschland. Seit es demokratisch legitimierte Parlamente gibt, taucht dieser Vorwurf in der Parlamentarismus-Kritik von rechts und links immer wieder auf.

Nicht unterschreiben könnte ich Ihre Redeweise von den Bürgern als „Teilsouveräne“. Denn abgesehen davon, dass im demokratischen Verfassungsstaat niemand „souverän“, also über den Gesetzen stehend ist (ein Begriff aus dem Staatsrecht der absoluten Monarchie), sondern sich innerhalb des Rahmens und nach den Regeln der Verfassung zu verhalten und das Recht zu beachten hat, scheint mir hier ein fundamentales Missverständnis von Demokratie vorzuliegen. Demokratie ist immer die Herrschaft des „Demos“, der Gesamtheit der Staatsbürger. Auch Demokratie bedeutet also unaufhebbar Unterwerfung des Einzelnen unter Regeln, die er selbst nicht in der Hand hat, nämlich die Beschlüsse der Mehrheit, zu der man nicht immer gehört. Dies ist auch unabhängig davon der Fall, ob der Mehrheitswille in einer repräsentativen oder plebiszitären Form der Demokratie ermittelt wird. Die Rede von den „Teilsouveränen“ lenkt von diesem unüberschreitbaren Problem auch der Demokratie, das auch sie niemals ganz Selbstbestimmung des Einzelnen sein kann, sondern immer Herrschaft und damit auch Fremdbestimmung bleibt, hinweg. Darum sollte man von Wählern m.E. nicht als „Teil-Souveränen“ sprechen, denn das verstellt ein realistisches Verständnis der Demokratie als Staatsform.

Sie fragen am Ende noch nach den Gründen der Bürger für die Wiederwahl eines Abgeordneten. Dazu ist zu sagen: Die Wahrnehmung seines Mandats durch einen Abgeordneten ist für die Öffentlichkeit bestens dokumentiert. Jede unserer Reden im Plenum des Deutschen Bundestages und unser Abstimmungsverhalten zu den Entscheidungsfragen einer Wahlperiode sind protokolliert und nachvollziehbar. Das gleiche gilt für die öffentlichen Stellungnahmen in Presse, Rundfunk und Fernsehen. Der Abgeordnete übt seine Tätigkeit in der Öffentlichkeit aus und kämpft von sich aus um möglichst gute Wahrnehmbarkeit seiner Positionen in der Öffentlichkeit. Die Entscheidung der Bürger als Gesamtheit und jedes einzelnen über die Wiederwahl eines Abgeordneten kann sich darum auf dessen Verhalten in der Vergangenheit, auf seine programmatischen Grundsätze und die Handlungsabsichten für die Zukunft, die im Wahlkampf in vielen Veranstaltungen dargelegt werden, stützen.

Ich hoffe, Ihre Fragen damit beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Bosbach