Frage an Wolfgang Bosbach von Bernd W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Bosbach,
bitte erklären Sie mir, wie Dank der von Ihrer Partei angestrebten Rahmenbedingungen Arbeitsplätze entstehen sollen.
Eine Mehrwertsteuererhöhung senkt effektiv die Realeinkommen für alle, insbesondere für Rentner und Bezieher von Sozialleistungen wird das schmerzhaft.
Wachstum bei sinkender Nachfrage?
Ein Paradoxon, leider nicht das einzige.
Mit freundlichen Grüßen
B. Woitzik
Sehr geehrter Herr Woitzik,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Mehrwertsteuererhöhung“ vom 3. September 2005, die mir von der Internetseite www.kandidatenwatch.de übermittelt worden ist.
Auf Ihre Frage möchte ich Ihnen gerne wie Folgt antworten:
Der Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung hat international Rekordniveau. Die hohen Lohnnebenkosten vertreiben Arbeitsplätze aus Deutschland. Aus Steuermitteln müssen jährlich rund 4 Mrd. € an die Bundesagentur für Arbeit transferiert werden, wobei viele Förderprogramme nur unbefriedigende Resultate liefern. Mehr und mehr reduziert die Finanzierung der Arbeitslosigkeit die Wettbewerbsfähigkeit und die Chancen für Investitionen in neue Arbeitsplätze.
Aus diesem Grund will die Union vorrangig die Lohnkosten senken, um mehr Wachstum und Arbeit möglich zu machen. Bereits zum 1. Januar 2006 sollen daher die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 % auf 4,5 % gesenkt werden. Die einprozentige Entlastung bezogen auf den Bruttolohn bedeutet, dass der durchschnittlich verdienende Arbeitnehmer ab 1. Januar 2006 etwa 1,5 % mehr netto zur Verfügung hat. Die andere Hälfte der Entlastung senkt die Lohnnebenkosten des Arbeitgebers und erleichtert es ihm, bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.
Um dies solide finanzieren zu können, muss die Union den Mehrwertsteuersatz ebenfalls zum 1. Januar 2006 um zwei Prozentpunkte anheben. Hervorheben möchte ich, dass wir die Einnahmen aus einer höheren Mehrwertsteuer für die Senkung der Abgabenlast bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern nutzen. Eine Steuererhöhung ohne ein Gesamtkonzept für Wachstum und Beschäftigung ist dagegen mit der Union nicht zu machen.
Wichtig ist: der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent bleibt unverändert! Lebensmittel, der öffentliche Personennahverkehr oder zum Beispiel Bücher und Zeitungen sind bereits heute nicht vom vollen Mehrwertsteuersatz betroffen, sondern werden lediglich mit dem reduzierten Satz von sieben Prozent besteuert. Mieten für Privatpersonen sind gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit. Das ist sozial gerecht, und das wird von CDU und CSU deshalb verteidigt.
Rentner profitieren indirekt von dieser Maßnahme. Denn nur, wenn mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen, bekommen wir wieder mehr Einzahler in die Rentenkassen. Nichts ist besser für die Rentenkassen, als mehr Wachstum und mehr Beschäftigung, die wir mit unseren Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt, im Bereich der Sozialversicherungen und im Bereich der Steuern erreichen.
Eine Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt wirkt sich positiv auf die Höhe der jährlichen Rentenanpassungen aus. Das ist ein klarer Vorteil für die Rentner. Letztlich lohnt es, geringfügige Mehrausgaben durch den höheren Mehrwertsteuersatz in Kauf zu nehmen. Ein Durchschnittsrentner (BfARente) hat nach Anhebung des oberen Mehrwertsteuersatzes eine monatliche Mehrbelastung in Höhe von rund 6 Euro bei gleichem Konsumverhalten. Dabei ist gerade für Rentner wichtig: Wir wahren die soziale Balance, weil der ermäßigte Mehrwertsteuersatz (z. B. für Lebensmittel, den öffentlichen Personennahverkehr sowie Zeitungen und Bücher) unverändert bei 7 Prozent bleibt. Eine Mehrwertsteuer für die Wohnungsmieten von Privatpersonen gab es nie und wird es mit CDU und CSU auch nicht geben
Die Mehrwertsteuererhöhung belastet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht, zumal fast alle anderen europäischen Länder höhere Mehrwertsteuersätze haben, die vielfach bei 20%- Punkten und mehr liegen. Dies bestätigen auch die Wirtschaftsexperten. Die mit der Erhöhung einhergehende Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung steigert hingegen deutlich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Arbeitsplätze, die weltweit mit unter den höchsten Abgabenlasten leiden. Der wirtschaftliche Aufschwung durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer in Deutschland wird also unter dem Strich gefördert, nicht geschwächt.
Nur noch ganz wenige Experten durchschauen das deutsche Steuerrecht. Deshalb steht an oberster Stelle für die Union die Steuervereinfachung. Nur was nachvollziehbar ist, kann auch als gerecht empfunden werden. Wir werden deshalb zahlreiche Ausnahmetatbestände und Möglichkeiten insbesondere für Reiche, die Steuerlast zu senken, abschaffen und im Gegenzug die Einkommensteuersätze senken. Bereits zum 1. Januar 2007 wird der Eingangsteuersatz 12 Prozent betragen und der Spitzensteuersatz 39 Prozent.
Für Entlastungen im großen Umfang müssen wir uns aber die notwendigen Spielräume erst erarbeiten. Durch die Vereinfachung erreichen wir aber, dass jeder Bürger wieder entsprechend seiner persönlichen Leistungsfähigkeit bezahlt. Durch den Wegfall der zahlreichen Ausnahmetatbestände werden wir insbesondere erreichen, dass die Einkommensbezieher im Spitzensteuersatzbereich auch tatsächlich diesen Steuersatz bezahlen. CDU und CSU rechnen alleine dadurch mit Mehreinnahmen von rund 3 Mrd. Euro. Zum Vergleich: der populistische Ansatz der SPD, eine Reichensteuer einzuführen, soll lediglich die Hälfte, 1,5 Mrd. Euro, in die Kasse bringen.
Das heißt im Ergebnis, dass die Spitzenverdiener durchschnittlich mehr und der Normalverdiener durchschnittlich weniger Steuern zahlen wird. Um jedoch zu einem Eingangssteuersatz von 12 % und einen Spitzensteuersatz von 39 % zu gelangen, müssen im Gegenzug in gleichem Umfang eine Vielzahl von Steuerbefreiungen, Steuervergünstigungen und Ausnahmetatbestände gestrichen oder eingeschränkt werden. Dazu gehört die Reduzierung der Pendlerpauschale auf eine angemessene Höhe von 25 Cent bis max. 50 Entfernungskilometer. Davon sind Familien-Heimfahrten, etwa am Wochenende, ausgenommen. Sie sind weiter voll absetzbar.
Bei den Zuschlägen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit will die Union die Steuervergünstigungen schrittweise innerhalb von 6 Jahren abbauen. Das heißt: Die Tarifpartner haben genügend Zeit, sich darauf einzustellen und einen entsprechenden Ausgleich für die Arbeitnehmer durch Erhöhung der Zuschläge zu vereinbaren. Dabei ist wichtig: die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge werden nicht abgeschafft. Sie werden lediglich, so wie alle anderen Lohnbestandteile auch, besteuert. Zudem sollen im unternehmerischen Bereich auch die lukrativen Verlustverrechnungsmöglichkeiten bei Fondsmodellen wie z.B. Medien, Windkraft, Schiffs- und Flugzeugbeteiligungen abgeschafft werden.
Ich weiß, dass viele von der Union geplante Maßnahmen bei großen Teilen der Bevölkerung auf keine oder nur wenig Gegenliebe stoßen werden. Es geht der Union aber bei allen diesen Maßnahmen vorrangig darum, unser Land wieder zu konsolidieren. Wir sind im öffentlichen Bereich praktisch pleite. Allein der Bund zahlt jährlich 38 Mrd. € allein für Zinsen. Das Geld fehlt für Investitionen, es fehlt für Bildung, es fehlt für Kindererziehung. Wenn wir so weitermachen wie die rot- grüne Bundesregierung in den letzten sieben Jahren, dann würden wir dieses Land vollkommen an die Wand fahren und ich glaube nicht, dass die Bürger dies tatsächlich wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Bosbach