Frage an Wilhelm Halder von Birk W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Halder,
in den letzten Jahren plagen mich immer wieder Fragen und Probleme unserer Gesellschaft.
Aber zum Glück haben wir für mein Problem die Demokratie eingeführt und ich kann Regenten wählen, die für mich eben diese Probleme lösen.
Nun aber zu meinen Wünschen, Problemen und Ideen:
1. Ich würde gern die Armut arbeitender Menschen verringern! - Stichwort Mindestlohn!
2. Jeder Leiharbeiter muss höheren Lohn erhalten, als ein Festangestellter, um seinen Mehraufwand an Flexibilität auszugleichen.
3. Die hohe Arbeitslosigkeit auf der einen und den Fachkräftemangel auf der anderen Seite, würde ich gern durch gezielte Ausbildung und Förderung für diese Bedarffälle verschmelzen. Auch die hohe Altersarbeitslosigkeit stimmt für mich nicht mit einer längere Arbeitszeit überein.
4. Die verloren gegangene Balance zwischen Arm und Reich würde ich gern durch ein passendes System mit maximalen und minimalen Verdiensten in erträgliche Grenzen bringen.
5. Der Verlust an demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten in Abhängigkeit schaffenden Bereichen des Lebens sollte aufgehalten werden.
6. Ein erhöhter Anreiz der Unternehmen zur Einstellung von mehr Personal, wäre durch eine pauschale Subvention (Kombilohn) pro Arbeitsplatz, möglich finanziert über Umsatz und Gewinn.
7. Die Einforderung von Studiengebühren sollte pauschal erst nach einem Studium und dem erreichen eines gut bezahlten Berufs geschehen.
8. In Japan werden Kindergärten mit Altersheimen zusammengelegt wurden, was fruchtbaren Austausch ermöglicht. Dies sollten wir übernehmen.
9. Es hieß einmal: "von Deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen".
Was werden Sie in diesen Punkten versuchen zu erreichen?
Warum sollte ich gerade wegen oder trotz dieser Wünsche ihnen meine Stimme geben?
Falls Sie oder Ihre Partei nicht daran interessiert sind, sich dieser Probleme anzunehmen, wem sollte ich dann meine Stimme geben?
Mit freundlichen Grüßen
Birk Wollenhaupt
(gekürzt auf 2000 Zeichen)
Sehr geehrter Herr Wollenhaupt,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Frage 1:
Um Lohndumping entgegenzuwirken, brauchen wir Mindestlöhne - auch in Baden-Württemberg. Wir fordern einen gesetzlichen Mindestlohn, der von einer Mindestlohn-Kommission nach britischem Vorbild festgelegt wird. Vor allem Frauen werden davon profitieren. Neben dieser Lohnuntergrenze sind branchenspezifische Mindestlöhne notwendig, insbesondere mit Blick auf die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-BürgerInnen ab Mai 2011. Es geht um die Existenzgrundlage und Würde der Beschäftigten und letztlich auch um höhere Sozialversicherungseinnahmen und um geringere Sozialausgaben für sogenannte AufstockerInnen, deren geringer Lohn aus Steuermitteln auf das Niveau des Existenzminimums angehoben werden muss. Mindestlöhne sind auch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Altersarmut - denn gerade BezieherInnen niedriger Einkommen haben kaum eine Chance, ein Rentenniveau über der Grundsicherung zu erreichen. Letztendlich beenden Mindestlöhne auch Wettbewerbsverzerrungen insbesondere zugunsten mittelständischer Betriebe, die faire Löhne zahlen wollen und heute unter der Billigkonkurrenz leiden.
Frage 2:
Die Leiharbeit in Baden-Württemberg hat zugenommen. 2007 erreichte sie mit 90.000 von insgesamt 3,9 Mio. sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ihren vorläufigen Höhepunkt. Wir wollen die Leiharbeit wieder zu dem machen, was sie ursprünglich sein sollte: ein zeitlich begrenztes Mittel zur Überbrückung großer Auftragsschwankungen in Unternehmen. Leiharbeit darf nicht zu Lohndumping führen. Gemeinsam mit den Gewerkschaften setzen wir uns für gleiche, tarifliche Löhne für gleiche Arbeit ein. Es muss verhindert werden, dass Stammarbeitskräfte durch ZeitarbeitnehmerInnen ersetzt werden. Wir wollen durchsetzen, dass die konzerninterne gewerbsmäßige ArbeitnehmerInnenüberlassung gesetzlich untersagt wird. Die Tarifpartner in der Zeitarbeitsbranche sollen einen Branchenfonds einrichten, aus dem Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Zeitarbeitskräfte finanziert werden.
Frage 3:
Anders als CDU und FDP sind wir der Ansicht, dass strukturelle und nicht nur konjunkturelle Ursachen für die steigenden Arbeitslosenzahlen verantwortlich sind: Baden-Württemberg ist der Industriestandort Deutschlands und von daher auch das Bundesland mit den meisten un- und angelernten Beschäftigten. Doch aufgrund des technologischen Wandels entfallen auch hierzulande immer mehr Arbeitsplätze auf Geringqualifizierte. Betrug der Anteil der sogenannten Einfacharbeitsplätze im Jahr 1978 noch knapp 30 Prozent, lag er 2001 nur noch bei 14,8 Prozent. Bis 2015 wird er vermutlich auf 12,5 Prozent sinken. Je geringer die formelle Bildung, desto größer ist die Gefahr, arbeitslos zu werden. Ein solides Bildungsfundament ist daher die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Andererseits herrscht in Baden-Württemberg quer durch alle Berufsgruppen ein Fachkräftemangel. Es ist unsere zentrale soziale und wirtschaftspolitische Aufgabe, einerseits die Arbeitsmarktchancen der Geringqualifizierten zu verbessern und andererseits Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel zu ergreifen. Unsere Ziele sind gute Arbeitsplätze, eine gerechtere Chancenverteilung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und eine bessere Qualifizierung
- Baden-Württemberg braucht eine starke Qualifizierungsoffensive. Dazu hat der Landtag auf Initiative der Grünen die Enquetekommission zur Aus- und Weiterbildung eingerichtet. Berufliche Weiterbildung muss zu einem festen Bestandteil des Erwerbslebens werden. Weiterbildungsangebote müssen für alle zugänglich und finanzierbar sein. Weiterbildungsbausteine müssen je nach Bedarf in Anspruch genommen werden können und zertifiziert sein.
- Der demografische Wandel ist auch in Baden-Württemberg in vollem Gang: Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter sinkt. Das Land muss die ArbeitgeberInnen bei einer altersgerechten Personalentwicklungspolitik unterstützen.
- Die bisherige Landesregierung vergeudet die Potenziale vieler MigrantInnen Im Ausland erworbene Abschlüsse und Qualifikationen werden zu selten anerkannt. Bereits erworbene Abschlüsse müssen verstärkt anerkannt und bei Bedarf durch Weiterbildungen an den deutschen Arbeitsmarkt angepasst werden. Wir wollen die bestehenden Strukturen der Arbeitsgemeinschaften für berufliche Fortbildung (ARGEN) für die Kompetenzfeststellung nutzen und passgenaue Qualifizierungsmaßnahmen im Bausteinsystem anbieten. Auch berufsbezogene Sprachkurse wollen wir fördern. Die Anerkennungsverfahren sind bislang undurchschaubar. Wir brauchen mehr Transparenz, sprich: einen mehrsprachigen Wegweiser, der auf den Internetseiten der zuständigen Landesministerien eingestellt wird. Überdies ist nicht zu akzeptieren, dass die Anerkennungsstandards der EU für Angehörige von Drittstaaten nicht gelten.
Frage 4:
Wir achten die Tarifautonomie und vertrauen darauf, dass die Verhandlungspartner Lösungen finden, die im beiderseitigen Sinne sind.
Frage 5:
Die Stärkung der direkten Demokratie und der bürgerlichen Mitwirkungsrechte auf allen staatlichen Ebenen ist ein wesentlicher Bestandteil einer attraktiven und lebendigen Demokratie und ein Mittel gegen Staats-, Politik- und Parteienverdrossenheit. Auf allen Ebenen wird zurzeit deutlich, dass die Menschen mehr Mitwirkungsmöglichkeiten fordern. Schon die geringfügige Erleichterung kommunaler Bürgerbegehren, die 2005 beschlossen wurde, hat in Baden-Württemberg zu einem deutlichen Anstieg entsprechender Initiativen geführt. Nach wie vor scheitern jedoch viele Bürgerbegehren an bürokratischen Hürden. Auf Kreisebene sind Bürgerbegehren immer noch nicht möglich. Volksbegehren auf Landesebene sind zwar seit 1974 verfassungsrechtlich möglich, wurden jedoch mit so hohen Hürden versehen, dass es bisher keine einzige Initiative gab.
Wir wollen die Möglichkeiten direkter Demokratie in den Kommunen stärken, indem wir den bislang geltenden Ausschlusskatalog abschaffen, insbesondere Bürgerbegehren zu Fragen der kommunalen Bauleitplanung ermöglichen sowie Fristen und Quoren an das bayerische Vorbild anpassen. Wir wollen Bürgerbegehren und -entscheide auf Landkreisebene. Volksbegehren und Volksentscheide auf Landesebene wollen wir erleichtern. Dabei geht es uns insbesondere um eine Verlängerung der Fristen, die Möglichkeit, Unterschriften auch außerhalb von Rathäusern sammeln zu können, das Quorum beim Volksbegehren abzusenken und nach bayerischem Vorbild bei der Abstimmung ganz abzuschaffen. Zusätzlich soll die Möglichkeit der Volksinitiative geschaffen werden, um den Landtag zur Beschäftigung mit politischen Anliegen aus der Bürgerschaft zu verpflichten.
Frage 6:
Wir lehnen den Kombilohn ab, denn wir wollen Arbeitgeber, die Dumpinglöhne zahlen, nicht auch noch staatlich subventionieren. Und zwar mit dem Geld, das diejenigen als Steuern zahlen, die für ihre Beschäftigten akzeptable Löhne zahlen, sodass sie von denen wegkonkurriert werden, die staatlich subventionierte Dumpinglöhne zahlen. Das ist volkswirtschaftlich gesehen nicht zielführend. Stattdessen brauchen wir eine verbindliche Lohnuntergrenze und einen gesetzlichen Mindestlohn.
Frage 7:
Wir lehnen Studiengebühren ab und fordern ein gebührenfreies Erststudium für alle.
Frage 8:
Wir plädieren im gesellschaftlichen Umgang miteinander für neue und alternative Formen und wollen solche Projekte fördern - sofern sie von den betroffenen Menschen gewünscht sind.
Frage 9:
Mit der Aussetzung der Wehrpflicht sind wir unserem Ziel ein Stück näher gekommen. Wir unterstützen das Prinzip des Grundgesetzes in vollem Umfang und plädieren dafür, mit präventiven Maßnahmen und Mitteln der Konfliktvermeidung zu arbeiten. Wir halten es aber auch für notwendig, militärische Einheiten dann zu entsenden, wenn die vorherigen Maßnahmen nicht mehr ausreichen und die Zivilbevölkerung vor Mord und Unterdrückung geschützt werden muss.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Halder