Frage an Wiebke Muhsal von Wolfgang K. bezüglich Verkehr
Straßenbau und Abwasserentsorgung gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge und sind damit gesamtgesellschaftliche, aus Steuermitteln zu finanzierende Aufgaben.
Für die Umsetzung ist eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und der Thüringer Kommunalordnung erforderlich. Eine Mindestforderung wäre die Änderung des
§ 54 Abs. 2 ThürKO (Einnahmebeschaffungsgrundsatz) nach dem Beispiel des Freistaates Sachsen von einer Soll- in eine Kannbestimmung, wonach die Kommunen über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen selbst entscheiden können.
Hier meine Fragen:
1. Werden Sie sich als Partei/Wählergemeinschaft für die Abschaffung der Zwangsbeiträge für Abwasserentsorgung und Straßenausbau im Thüringer Landtag einsetzen und aussprechen und werden Sie dementsprechend im Thüringer Landtag für die Änderung der maßgeblichen Gesetze abstimmen?
Ja O Nein O
2. Werden Sie sich nach dem Beispiel des Freistaates Sachsen als Übergangslösung für eine
Änderung der entsprechenden Gesetze einsetzen und aussprechen, wonach die Kommunen über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen selbst entscheiden können, indem die Satzungen nicht erlassen werden?
Ja O Nein O
3. Werden Sie sich als Partei/Wählergemeinschaft für die Änderung der Thüringer Verfassung im Thüringer Landtag einsetzen und aussprechen, um zukünftig Volksbegehren und Volksentscheide über Abgaben und Gebühren zu ermöglichen?
Ja O Nein O
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Wolfgang Kleindienst
Pößneck
Sehr geehrter Herr Kleindienst,
vielen Dank für Ihre Frage, die grundsätzliche Probleme der Finanzierung unserer Gesellschaft berührt. Als Abgeordnete des Thüringer Landtags werde ich mich nicht dafür einsetzen, § 54 II ThürKO in eine Kannbestimmung geändert wird. Ausschlaggebend dafür ist zum einen der Gesichtspunkt der Gerechtigkeit, zum anderen das Interesse der Kommunen, öffentliche Ausgaben durch das Steueraufkommen und nicht etwa durch Verschuldung zu finanzieren.
Begründung:
Ein nicht erschlossenes Grundstück gewinnt durch die Erschließung, also den Anschluß an das Straßennetz, sowie an die Strom-, Wärme- und Wasserversorgung ein Vielfaches an Wert hinzu. Würde man diesen Gewinn dem Grundstückseigentümer uneingeschränkt belassen, müßten die Kosten dafür insgesamt vom Steuerzahler getragen werden, unabhängig davon, welchen Nutzen die Allgemeinheit vom Bau der Straße hat.
Nach der derzeitigen Regelung werden die Lasten teilweise vom Eigentümer des Grundstücks und teilweise vom Steuerzahler finanziert. Der Anteil variiert danach, wie hoch das Privatinteresse an der Straße (hohes Eigeninteresse zum Beispiel bei einer wenig befahrenen Sackgasse) und wie hoch das öffentliche Interesse (hohes Interesse zum Beispiel bei einer vielbefahrenen Durchgangsstraße) ist. Diese derzeitige Rechtslage ist für beide Seiten eine ausgewogene und gerechte Lösung.
Gleiches gilt für die Abgaben, die für den Unterhalt und die Erneuerungen an der Straße, die nötig sind, aufgewendet werden müssen.
Gegen eine Änderung spricht auch das fiskale Interesse der Kommunen, die ihnen obliegenden öffentlichen Ausgaben aus dem Steueraufkommen und nicht durch Verschuldung zu erfüllen. Die volle Abwälzung der Kosten auf die Kommunen würde ein riesiges Loch in die Kommunalfinanzen reißen. Andere von den Kommunen zu finanzierende Projekte, wie zum Beispiel der Bau von Kinderspielplätzen oder die Sanierung von Sportstätten, könnten entweder nicht mehr oder nur durch Verschuldung finanziert werden. In der derzeitigen Situation – mit 16 Milliarden Euro Landesschulden und klammen Kommunalfinanzen – ist eine Änderung aus meiner Sicht nicht möglich.
Mit freundlichem Gruß
Wiebke Muhsal