Frage an Wiard Siebels von Markus G. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Siebels,
laut den Aussagen auf Ihrer Homepage sind Sie ein Gegner von Studiengebühren. Warum? Es ist doch unbestritten, dass ein Studium nicht kostenlos sein darf, da alles was umsonst ist, auch keinen Wert hat. Zudem können Universitäten die zusätzlichen Mitteln doch genau in die Bereiche einsetzen, in denen wir in Deutschland Fachkräfte benötigen. Den sozialen Aspekt kann ich nicht nachvollziehen. Studenten stehen neben dem BAFÖG und den Freibeträgen für ihre Eltern diverse Sondervergünstigungen vom ÖPNV, dem Zoo in Hannover bis zur Eintrittskarte bei Kickers Emden zu. Warum also diese Ablehnung einer sinnvollen Zukunftsmaßnahme?
Mit freundlichem Gruß
Markus Graf
Sehr geehrter Herr Graf,
interessant, Ihre Frage.
Wenn es doch nur so wäre, wie im Idealbild der Verfechter von Studiengebühren. Fakt ist, das direkt oder indirekt ein Teil der Studiengebühren im Landeshaushalt Niedersachsen "verschwindet". Das bedeutet, diese angeblich zweckgebundenen Gebühren werden dazu verwendet, gegen den Willen der EU, den Deich an der Elbe zu begradigen. Aber auch die Gebühren, die den Universitäten zur Verfügung gestellt werden: Es ist eine Erfahrung, das diese ebenfalls wenig in die Lehre oder in die Forschung fließen. Wenn eine Universität sich entscheidet, die Summen aus dem Landeshaushalt nicht in zusätzliche Stellen oder die Verbesserung der Lehre zu investieren, sondern lieber die Dachbegrünung ausbaut und ein neues Bistro für die Professoren schafft, so kann ihr das keiner verwehren. Finden Sie das sozial?
Die Erfahrungen aus den Studiengebühren sind jedenfalls so, das die Studenten keinerlei positiven Effekt sehen.
Und Sie vergessen, wie auch ein Großteil der Medien, einen Effekt von Studiengebühren: Durch diese werden junge Menschen aus weniger gut gestellten Familien vom Studium abgeschreckt. Dies bedeutet zum einen die Vernachlässigung von Potenzialen, die in dieser Gesellschaft vorhanden sind. Es bedeutet aber auch, das diese jungen Frauen und Männer auf den Arbeitsplatzmarkt drängen. Da sie in der Regel Gymnasiasten sind, sind ihre Chancen dort wesentlich höher als die von Absolventen der Hauptschulen. Damit bedeuten Studiengebühren nur eines: Die Verdrängung weniger gut ausgebildeter Schulabgänger vom Arbeitsmarkt und ein sofortiges Eintreten dieser jungen Leute nach der Schule in Maßnahmen zur Ausbildungsförderung oder anderer staatlicher Hilfen - bis hin zu Hartz IV.
Meine Gegenfrage erneut: Finden Sie dies sozial?
Mit freundlichen Grüßen
Wiard Siebels