Werner Henn
SPD
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Frage von Bruno K. •

Frage an Werner Henn von Bruno K. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter herr Henn,

Ich bin seit 10 Jahren im Bereich Jungenförderung ehrenamtlich tätig. Die PISA-Studie hat schon im Jahr 2000 Jungenleseförderung als „wichtigste bildungspolitische Herausforderung“ dargestellt, ohne, dass bis heute etwas Nennenswertes geschehen wäre. Der nationale Bildungsbericht 2008 resümiert: „Die Wahrscheinlichkeit für Jungen und junge Männer im Bildungssystem zu scheitern, nimmt zu.“ Und die Bundespolitik kann sich nicht damit herausreden, dass sie dies nichts anginge, da der Bericht „Bildungsmisserfolge von Jungen“ der Bundesbildungsministerium ganz klar auch Versäumnisse auf bundespolitischer Ebene aufzeigt, z.B. in der Erfassung der Daten zur Situation von Jungen und männlichen Jugendlichen.

Die Bildungsmisserfolge von Jungen werden bislang von der Politik nicht als Problem, sondern als positive Rückmeldung eine Geschlechterpolitik, die sich auch heute noch ausschließlich auf die „Frauenfrage“ beschränkt.

Was beabsichtigen Sie konkret zur Förderung von Jungen zu tun?

Für Ihre Antwort danke ich Ihnen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bruno Köhler

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Köhler,

ich kenne ihre Argumente aus Diskussionsrunden, ihrem Buch oder der Homepage des Vereins. Was Sie zum Thema Bildung behaupten, ist zum Teil richtig. Das Problem ist nur, dass man "den Jungen" nicht mit dem Bade ausschütten darf.

Warum sind kaum männliche Erzieher in Kindergarten tätig? Weil der Verdienst nicht stimmt, die gesellschaftliche Akzeptanz des Berufes nicht sonderlich hoch eingestuft wird, die Ausbildung- und Studiengänge nicht besonders attraktiv gemacht werden und vieles mehr. Dort im Kindergarten bräuchten die Jungs schon eine männliche Bezugsperson, die sich auch mit deren Bedürfnissen auskennt und sie ernst nimmt. Dann kommt das dreigliedrige Schulsystem, an dem die CDU wie eine Klette hängt, das gerade für etwas später startende Jungs zur Katastrophe wird, wenn Eltern sich zu früh entscheiden müssen wohin mit dem "unruhigen Geist", der selber noch keine Ahnung hat, was er will und noch weniger, was auf ihn zukommt. Acht Jahre gemeinsames Lernen in einer Ganztagsschule mit Mittagsbetreuung, Sportangebote, Zeit zum Spielen und Toben, das ist nötig. Auch darf der Geldbeutel der Eltern nicht die Chancen der Kinder bestimmen, was heute leider zum Teil so ist. Jungs aus ärmeren, schwächeren Familien oder aus alleinerziehenden Beziehungen haben es extrem schwer sich gegenüber anderen durchzusetzen und akzeptiert zu werden. Schulsozialarbeiter müssen verstärkt in sogenannten Brennpunktschulen eingesetzt werden. Deshalb fordern wir seit längerer Zeit schon eine Chancengleichheit und Gerechtigkeit im Bildungswesen. Kostenlose Kindergärten, Beihilfen für Jugendliche, die sich sportlich oder in sonstigen Vereinen engagieren, verstärkte Förderung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch Freizeitangebote, Musikschulen, Vereinen etc. Dann sind die Kultusminister eine der größten Hemmschwellen unserer fortschrittlichen Entwicklung im Bildungs- und Erziehungswesen. Bildung und Erziehung ist eine nationale Aufgabe, die im kleinkarierten Kompetenzgerangel der KMK untergeht. Ich fordere seit Jahren die Abschaffung der KMK und Übertragung der Bildungshoheit auf den Bund. Wo bleiben die Väter in der heutigen Kindeserziehung? Wie reagiert unsere Gesellschaft auf veränderte soziale Lebensbedingungen? Das sind weitere gesellschaftliche Probleme, die die Politik alleine nicht lösen kann.

Sie haben ein wichtiges Thema angestoßen. Jetzt müssen die Wähler dafür sorgen, dass auch diejenigen, die was verändern wollen, die Chance bekommen, dieses zu tun.

Mit freundlichen Grüßen,

Werner Henn