Frage an Waltraud Wolff von Ingolf Z.
Zitat aus Ihrer Antwort vom 5.11.2015 an Herrn Löhr: "...auch ich sehe das Handelsabkommen TTIP kritisch. Ich halte insbesondere die Investitionsschutzvorschriften für bedenklich. Investor-Staat-Schiedsverfahren, so wie sie der Entwurf der Verhandlungsdokumente vorsah, sind aus meiner Sicht definitiv abzulehnen.
Sie haben recht, wir haben Anträge der Grünen und der Linken abgelehnt, in denen ein Verzicht auf die Investitionsschutzvorschriften enthalten war. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass wir mit der Union im Koalitionsvertrag ein einheitliches Abstimmen im Bundestag vereinbart haben. Dies ist in Koalitionsverträgen üblich und notwendig...."
Jetzt stellen Sie mal bitte den Art 38 Absatz 1 Satz des Grundgesetzes dagegen: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen."
Um es mal so auszudrücken, wie es die Mitte (die gerade - wie die jüngsten Wahlergebnisse belegen - den Glauben an eine sozialdemokratische Bewegung verliert!) ausdrücken würde: "Ist es nicht genau das, was alles Vertrauen in die Politik kaputt macht?" Ist es nicht genau das Problem der etablierten Politik, Ihre Werte und das Wichtigste "das Vertrauen in die Politik" zu verkaufen. Was der SPD fehlt ist Herzblut und eine Abgrenzung zur CDU!
Eigentlich wollte ich Sie fragen, ob Sie sich an unserer Seite an der Demo gegen TTIP am 23.April in Hannover beteiligen würden, um ein Zeichen zu setzen! Aber als ich Ihr Abstimmungsverhalten und die hier zitierte Begründung gelesen habe, bin ich nur noch sauer auf Sie! TTIP ist einfach zu gefährlich für die Ökologie, Ökonomie und die betroffene Bevölkerung, als dass ein simpler Koalitionsvertrag dagegengestellt werden dürfte! (Die Bilanz der drei Themenbereiche aus dem NAFTA-Abkommen ist viel zu erschreckend, als dass man auf solche Erfahrungen verzichten kann!)
Ingolf Zander
Sehr geehrter Herr Zander,
bitte verwechseln Sie die Ablehnung von Anträgen der Grünen und der Linken nicht mit der Zustimmung zu TTIP. Weder ich noch die SPD haben TTIP zugestimmt.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich entschieden, gemeinsam mit der Union eine Koalitionsregierung zu unterstützen. Wir haben bei der letzten Bundestagswahl keine Mehrheit für unsere Positionen bekommen. Diese Koalitionsregierung ist für uns eine Möglichkeit, zumindest Teile unseres Programms umzusetzen. Damit dies gelingt, ist es notwendig, dass wir gemeinsam abstimmen. Aus meiner Sicht hat dies nichts mit dem Art. 38 des Grundgesetzes zu tun: Wir als Abgeordnete von Union und SPD haben uns selbst in unserem Koalitionsvertrag auf eine gemeinsame Politik für diese Legislaturperiode verpflichtet. Wenn Sie sich mein Abstimmungsverhalten ansehen, dann werden Sie feststellen, dass ich durchaus mein Recht auf abweichendes Stimmverhalten aus Gewissensgründen wahrnehme.
Ich habe in meiner Antwort an Herrn L. auch darauf hingewiesen, dass wir auch beim Mindestlohn immer wieder kritisiert wurden, wir hätten Linken-Anträgen dazu nicht zugestimmt. Letztendlich haben wir ihn in der großen Koalition durchgesetzt. Das ist es, was zählt.
Wir haben ja bereits an anderer Stelle über TTIP diskutiert. Sie wissen, dass in der SPD um eine abschließende Position dazu gerungen wird. Die SPD hat in einem Parteikonvent klare Anforderungen an ein Abkommen mit den USA festgeschrieben. In den anstehenden Verhandlungen wird sich die SPD für die Durchsetzung der von uns definierten Ziele einsetzen, das kann ich sowohl für die SPD-MdBs als auch für die Kolleg*innen im Europäischen Parlament sagen. Und am Ende - auch das hat der Parteikonvent der SPD beschlossen - wird ein SPD-Parteitag beziehungsweise ein Parteikonvent über die Haltung der SPD zum Verhandlungsergebnis abstimmen. Das ist der Fahrplan, den die SPD beschlossen hat. Und das ist der Fahrplan, der immer noch gilt.
Mit freundlichen Grüße
Waltraud Wolff