Frage an Waltraud Wolff von Marie L. bezüglich Bildung und Erziehung
Derzeitig stehen viele kleine Grundschulen aufgrund mangelnder Schülerzahlen vor einer Schließung. Für viele Grundschüler, gerade in dünnbesiedelteren Gegenden unseres Bundeslandes, müssen dann längere und zeitintensvere Schulwege in Kauf nehmen.
Viele junge Paare und Eltern werden dann nicht mehr auf Dörfer ziehen, dort bauen. Damit vergreisen kleinere Ortschaften. Sie werden einfach uninteressant.
Kleinere Klassen haben ein besseres Lernklima, die Kinder können individueller betreut werden.
Wie ist Ihre Stellung als Lehrerin zu dieser Thematik?
Sehr geehrte Frau Lehmann,
ich sehe es ebenso kritisch, dass Schulen auf dem Land schließen. Ländliche Regionen bleiben nur dann attraktiv, wenn es weiterhin Schulen, Ärzte und Geschäfte vor Ort gibt. Auch ein schneller Internetanschluß gehört für mich zum attraktiven ländlichen Raum.
Ich möchte, dass alle jungen Menschen die Chance haben, die sie verdienen - unabhängig davon, wo sie leben oder wie viel Geld ihre Eltern haben. Gute Bildung ist für mich der Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben und für sozialen Aufstieg. Dafür brauchen wir bessere Schulen und mehr Lehrer. Auch ich würde mir eine individuellere Betreuung wünschen, auch ein längeres gemeinsamens Lernen gehört für mich dazu.
Vor zwei Wochen diskutierten wir im Kreistag "Börde" über die Bildung der 1. Gemeinschaftsschule in Sachsen-Anhalt. Alle Bildungsabschlüsse sollen hier möglich sein. Gemeinsames Lernen wird auf lange Zeit angelegt. Das wäre ein guter erster Schritt: Zum einen, weil ich dieses gemeinsame Lernen positiv bewerte. Zum anderen, weil mit einem solchen Modell manche Schulstandorte erhalten bleiben und alle Schulabschlüsse flächendeckend angeboten werden könnten.
Klar: Eine solche Schulform ist kostenintensiv, weil Pädagogen unterschiedlichster Form für die passgenaue Bildung sorgen. Wir müssen daher mehr in Bildung investieren. Für mich heißt das: Bekämpfung des Steuerbetrugs und höhere Steuern für Reiche, damit wir bessere Bildung finanzieren können. Für mich heißt das auch: Bund und Länder müssen dafür enger zusammenarbeiten. Zur Zeit verhindert dies das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern. Dieses Kooperationsverbot ist aus meiner Sicht überholt und gehört einfach abgeschafft.
Freundliche Grüße
Waltraud Wolff