Frage an Walter Zägelein von Hans-Jürgen D. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Prof.Dr. Zägelein,
der Energie- und Rohstoffhunger der Weltbevölkerung ist unglaublich groß und wächst stetig an (z.B. durch Schwellenländer). Sowohl die Gesamtkapazität, als auch die Förderungsmöglichkeiten von fossilen Brennstoffen und Rohstoffen im allgemeinen ist begrenzt. Dies schafft nicht nur bei uns enorme Preissteigerungen, sondern setzt auch den sozialen Frieden weltweit (insbesondere in Entwicklungsländern) aufs Spiel. Was wollen Sie konkret tun ?
Sehr geehrter Herr Dietsch,
Sie haben vollkommen Recht mit Ihrer Ansicht. Verstärkt wird das ganze Problem durch das internationale Spekulationsgebaren, welches die Preise für Rohstoffe in astronomische und betriebswirtschaftlich nicht mehr erklärbare Höhen treibt. Fakt ist jedenfalls, dass wir machtlos diesen Dingen gegenüberstehen und auch eine Bundesregierung keine Einflussnahme darauf nehmen kann. Hinzu kommt, dass der "Peak-Oil", der Höhepunkt der Ölproduktion spätestens bis 2015 erwartet wird. Manche behaupten, dass dieser Punkt bereits heute erreicht ist. Danach geht es prinzipbedingt stetig bergab mit der Ölförderung.
Der immer wieder in machen Politikerkreisen geäußerten Ansicht, dass die Atomenergie eine preiswerte, saubere, zumindest CO2-freie Energievariante sei, muss ich energisch widersprechen. Erstens ist Uran genauso begrenzt im Vorkommen wie Öl. Zweitens ist der Uranabbau für die daran beteiligten Bergleute lebensgefährlich und für die dortige Umwelt höchst bedenklich. Drittens sind Atomkraftwerke hochkomplexe technische Einheiten, deren Entwicklung, Bau und Betrieb sehr teuer sind und zusätzlich die Endlagerung der verbrannten Stäbe noch völlig ungeklärt ist. Macht man im Zeitalter des Facility-Managements eine umfassende Rechnung auf, die alle Kosten (einschließlich der hohen staatlichen Subventionen) beinhaltet, müsste eine Kilowattstunde Atomstrom deutlich über 2 Euro liegen. Das ist somit auch nicht der Ausweg und wird von mir kategorisch abgelehnt.
Sehe ich dann noch nach Abu Dhabi, dem ölreichen Emirat am persischen Golf, schwankt mein Gemütszustand zwischen großer Angst und Bewunderung. Die dortigen offenbar sehr weitsichtigen Herrscher des Emirats wollen eine CO2- und abfallfreie Stadt aufbauen, die nur von regenerativen Energien betrieben wird. Diese Stadt mit dem Namen Masdar, was soviel wie "Quelle" bedeutet, soll weiterhin eine hohe Dichte an Forschungs- und Lehrstätten im Bereich alternativer Energien beinhalten. Die renommiertesten Universitäten auf der ganzen Welt werden hierbei zur Mitarbeit eingeladen. Man bereitet sich offenbar auch schon dort auf die globale Ressourcenverknappung vor und will anschließend die Forschungsergebnisse weltweit vermarkten.
Soviel zu den unumstößlichen Randbedingungen. Lieber Herr Dietsch, uns bleibt daher nur ein einziger Weg. Wir müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen, um nicht ständig Spielball der anderen zu sein. Dies bedeutet, wir müssen uns voll auf die erneuerbaren Energien konzentrieren, wie Sonnenenergie, Windenergie, Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft. Wir brauchen unser Masdar. Die Anfänge sind gemacht. Deutschland ist führend auf dem Gebiet der Windenergie und liegt auch bei der Photovoltaik gut im Rennen. Wir müssen hart und konsequent weiterarbeiten und auch die volle Akzeptanz der Öffentlichkeit gewinnen. Unser Rohstoff ist das Gehirnschmalz unserer Ingenieure. Wir müssen unsere Betroffenheit auf dem Gebiet der Energie zu unserer Stärke ausbauen und zum Exportweltmeister und Know-how-Träger bei den regenerativen Energien werden. Weiterhin müssen wir auch an dem Knopf des Energiesparens drehen. Dazu gehören die Entwicklung von Isolations- und Dämmstoffen und intelligenter Energieausnutzung. All diese Dinge liegen in unserer Macht. Darauf haben wir Einfluss. Weiterhin bringt dies auch ungeahnte wirtschaftliche Vorteile für unser Land.
Wir leben in einem Zeitalter bei dem die Dinge zwar dezentral angeordnet, aber vernetzt sind. Das gilt auch für die gesamte zukünftige Energiegewinnung. Die verschiedenen kleinen Energieerzeugungseinheiten, die weitgehend von regenerativen Energien betrieben werden, müssen regelungstechnisch miteinander zu einem Ganzen verknüpft werden. Man spricht dann insgesamt gesehen von einem so genannten "virtuellen Kraftwerk".
Die Energieerzeugung wird zukünftig kein Staatsakt mehr sein, sondern vielmehr eine kommunale Angelegenheit, vergleichbar mit der Wasserversorgung. Viele mutige Gemeinden sind den ersten Schritt schon gegangen und haben sich energetisch unabhängig gemacht.
Deshalb möchte ich im Bayerischen Landtag meine Kraft dafür einsetzen, dass das, was verantwortungsvolle Gemeinden ansatzweise schon angegangen sind, auch landesweit systematisch durchgeführt wird. Es muss jede Region und jede Gemeinde für sich und ihre Umgebung ein Energie- und Klimakonzept unter Beachtung des CO2-Ausstoßes erarbeiten. Das Ziel dieser Arbeit sind regional passende regenerative Energieerzeugungseinheiten, die regelungstechnisch miteinander vernetzt sind.
Seriöse Studien belegen, dass eine 100%ige Energieversorgung auf regenerativer Basis möglich ist. Die entsprechenden Ressourcen hierfür sind zumindest verfügbar. Gehen wir es an. In diesem Zusammenhang fällt mir noch das berühmte Zitat von John F. Kennedy ein, welches ich gerne auf unser Problem beziehen möchte:
Wann, wenn nicht jetzt?
Wo, wenn nicht hier?
Wer, wenn nicht wir?
Viele Grüße aus Roßtal
Ihr Dr. Walter Zägelein