Frage an Walter Kolbow von Wolf Michael K. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Kolbow,
schade, dass Sie für die Verschiebung des Stichtages gestimmt haben. Ich hätte mir gewünscht, dass sich mehr Politiker für das ungeborene Leben eingesetzt hätten, statt über diese Schwächsten der Gesellschaft im Namen des technischen Fortschrittes zu verfügen.
In zwei Tagen soll über die Gesetzesnovellierung des §1666 BGB abgestimmt werden, um Kinder vor Misshandlungen durch die Eltern zu schützen. Auf dem ersten Blick sieht das in Ordnung aus, auf dem zweiten Blick stellt sich heraus, dass die bisherige Gesetzeslage voll ausreicht und bisher nur nicht ausgeschöpft wurde. Durch die Novellierung wird die Position der Eltern empfindlich geschwächt, die durch GG Artikel 6 definiert wird. In der Praxis bedeutet dies, dass Jugendämter ohne Beweise Kinder ihren Eltern wegnehmen können. Der Staat definiert also, was gut für das Kind ist, und gewinnt somit die schon vor neun Jahren von einem SPD-Politiker eingeforderte "Lufthoheit über deutsche Kinderzimmer".
Wie stehen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen,
Wolf Michael Kröger
Sehr geehrter Herr Kröger,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Beweggründe, die mich veranlasst haben, für eine Verschiebung des Stichtages im Stammzellgesetz zu stimmen, habe ich hier bereits dargestellt. Es galt abzuwägen zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens (der im Embryonenschutzgesetz geregelt ist) und der Hoffnung schwer kranker Menschen auf Linderung oder sogar Heilung.
Nun zur Neuregelung des §1666 BGB, die der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung am 24. April 2008 einstimmig beschlossen hat. Ziel der Novellierung ist es, bessere Möglichkeiten für ein rechtzeitiges Handeln bei einer Kindeswohlgefährdung zu schaffen: Gerichte, Jugendämter, Schulen und Polizei müssen besser zusammenarbeiten, um präventiv auf Kindeswohlgefährdungen reagieren können, bevor es zu einer Katastrophe für das Kind kommt – das haben uns die schrecklichen Ereignisse in jüngster Zeit verdeutlicht.
Wir wissen, dass die meisten Eltern sich hervorragend um das Wohlergehen der Kinder kümmern. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das eine schöne und schwierige Aufgabe ist. Aber in den wenigen Ausnahmen, in denen sich die Lage für die Kinder immer mehr zuspitzt, darf der Staat diese nicht im Stich lassen und muss rechtzeitig eingreifen, um das Wohl des Kindes zu schützen.
Nach der jetzigen Rechtslage sind den Gerichten häufig die Hände gebunden, es bleibt ihnen zumeist nur übrig, den Eltern gleich mit dem Entzug der elterlichen Sorge zu drohen, wenn bereits eine schwerere Kindeswohlgefährdung vorliegt. So geht es bei der vorliegenden Neuregelung nicht darum, in die Rechte der Eltern unzulässig einzugreifen, sondern differenzierte Reaktionsmöglichkeiten zu schaffen, die präventiv wirken und die Eltern bei der Erziehung unterstützen sollen. Die Familiengerichte erhalten deshalb eine Bandbreite von Möglichkeiten, um einer Kindeswohlgefährdung frühzeitig entgegenzuwirken. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen wie Erziehungsberatung, Gesundheitsfürsorge oder soziale Trainingskurse bzw. Anti-Gewalttraining. Eine Maßnahme kann auch darin bestehen, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, denn jedes Kind hat ein Recht auf Bildung. Das bedeutet, dass im Endeffekt wahrscheinlich mehr Kinder bei den Eltern bleiben können als vorher, da die präventiven Maßnahmen eine Zuspitzung der Situation der betroffenen Eltern und Kinder rechtzeitig verhindern.
Mit freundlichen Grüßen
Walter Kolbow